Leitsatz

1. Die in einer Abtretungsanzeige notwendigen Angaben zum Abtretungsgrund erfordern auch dann eine kurze stichwortartige Kennzeichnung des zugrunde liegenden schuldrechtlichen Lebenssachverhalts, wenn das auf dem amtlichen Vordruck vorgesehene Feld "Sicherungsabtretung" angekreuzt worden ist.

2. Fehlen solche Angaben, leidet die Abtretungsanzeige an einem Formmangel, der zur Unwirksamkeit der Abtretung führt.

3. Dass der Vordruck die gesetzlich geforderten formalen Anforderungen nur unzureichend wiedergibt und zu dem Irrtum verleitet, im Fall einer Sicherungsabtretung seien weitere Angaben zum Abtretungsgrund entbehrlich, ändert daran nichts.

 

Normenkette

§ 46 Abs. 2, § 46 Abs. 3, § 46 Abs. 4 AO

 

Sachverhalt

Das FA hatte auf amtlichem Vordruck eine Abtretungsanzeige über USt-Erstattungsansprüche erhalten. Unter "Grund der Abtretung" war dort "Sicherungsabtretung" angekreuzt. Weitere Angaben zum Grund der Abtretung sind dort – anders als bei sonstigen Abtretungen – nicht vorgesehen (kein freies Eintragungsfeld) und wurden auch nicht gemacht. Unternehmensgegenstand der Zessionarin ist nach dem Gesellschaftsvertrag der Erwerb und die Verwaltung von Anteilen und Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie die Übernahme von Forderungen, Rechten und Sicherungsgütern zum Zweck der Verwertung. Das FA ist der Auffassung, die Zessionarin habe keinen Anspruch auf Auszahlung der USt-Erstattungen. Denn die Abtretung sei unwirksam, weil zum geschäftsmäßigen Erwerb und zur geschäftsmäßigen Einziehung zur Sicherheit abgetretener Ansprüche nach § 46 Abs. 4 AO nur Unternehmen befugt seien, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist. Das FA hat hierüber den angefochtenen Abrechnungsbescheid erlassen.

 

Entscheidung

Der BFH (Vorinstanz: FG Münster, Urteil vom 7.7.2010, 11 K 2975/08 AO, Haufe-Index 2388834, EFG 2011, 5) hält die Zessionarin nicht für erstattungsberechtigt, weil die Abtretungsanzeige formunwirksam sei. Der Abtretungsgrund sei unzureichend bezeichnet. Es helfe der Zessionarin nicht, dass der amtliche Vordruck weitere Angaben zum Abtretungsgrund im Fall der Sicherungsabtretung auch gar nicht verlangt! Formenstrenge sieht der BFH offenbar als einen Rechtsgrundsatz an, der sogar den Grundsatz von Treu und Glauben beiseitezuschieben vermag.

 

Hinweis

1. Ansprüche auf Erstattung von Steuern können zwar abgetreten und verpfändet werden. Die Abtretung der Ansprüche wird jedoch erst wirksam, wenn sie der Gläubiger (ggf. aber auch der Zessionar mit dessen stillschweigender Ermächtigung!) in der nach § 46 Abs. 3 AO vorgeschriebenen Form, nämlich auf amtlichem Vordruck, der zuständigen Finanzbehörde nach Entstehung des Anspruchs anzeigt (§ 46 AO). Die Abtretungsanzeige soll zum einen den Abtretenden davor schützen, Erstattungsansprüche unüberlegt, zu unangemessenen Bedingungen oder an unseriöse Empfänger abzutreten. Zum anderen soll sie dem FA, wenn es an den Abtretungsempfänger zahlt, Sicherheit geben, dass es von seiner Leistungspflicht befreit wird. Darüber hinaus geben die Angaben zum Abtretungsgrund dem FA Hinweise darauf, ob es sich bei der Abtretung um einen geschäftsmäßigen Erwerb von Erstattungs- oder Vergütungsansprüchen handeln könnte, der gem. § 46 Abs. 4 Satz 1 AO grundsätzlich unzulässig ist. Ferner eröffnet die Abtretungsanzeige dem FA die Möglichkeit zu einer schnellen und einfachen Prüfung, ob eine Sicherungsabtretung von Ansprüchen vorliegt, zu deren geschäftsmäßigem Erwerb oder Einziehung nach § 46 Abs. 4 Satz 3 AO nur Unternehmen befugt sind, denen das Betreiben von Bankgeschäften erlaubt ist (vgl. BFH, Urteile vom 23.10.1985, VII R 196/82, Haufe-Index 61080, BStBl II 1986, 124 und vom 13.10.1994, ­VII R 3/94, BFH/NV 1995, 473). Zur Bezeichnung des Abtretungsgrundes soll deshalb (auch bei einer Sicherungsabtretung) eine "kurze stichwortartige Kennzeichnung des der Abtretung zugrunde liegenden schuldrechtlichen Lebenssachverhalts" erforderlich sein.

Die Finanzverwaltung, die den Vordruck für die Abtretungsanzeige gestaltet hat, ist ersichtlich jedenfalls bei der Sicherungsabtretung von einer anderen, weniger strengen Rechtslage ausgegangen: eine auch nur kurze Schilderung des der Sicherungsabtretung zugrunde liegenden Lebenssachverhalts wird in dem Formular nicht nur nicht verlangt, sondern es ist dafür auch gar kein Platz vorgesehen! Die vorgenannte strenge – und vielleicht etwas weltfremde – Rechtsprechung des BFH zu dieser Frage dürfte allerdings jüngeren Datums sein als das Formular und sich nach dem Gesetzestext auch nicht von selbst verstehen. Sieht man von den vorgenannten, vom BFH aufgestellten Anforderungen an die Angabe des Abtretungsgrunds ab, wird man jedenfalls auch in der puren Angabe "Sicherungsabtretung" eine Angabe zum Abtretungsgrund sehen können, nämlich dahingehend, dass der Abtretung eine Sicherungsabrede zugrunde liege.

All das ändert an der Formunwirksamkeit der im Streitfall abgegebenen Abtretungsanzeige freilich nichts (sofern man der BFH-Rechtsprechung folgt, es sei der "Lebens...

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