a) Geltendmachung des Widerspruchs von AOA und einschlägigem DBA

 

Rz. 2895

[Autor/Stand] Form der Geltendmachung durch den Steuerpflichtigen. Zur Anwendung des § 1 Abs. 5 Satz 8 muss der Stpfl. geltend machen, dass die Regelungen der betriebsstättenbezogenen Gewinnermittlung/-abgrenzung nach dem jeweils einschlägigen DBA § 1 Abs. 5 Sätze 1–7 widersprechen. Hinsichtlich der konkreten Formulierung fällt auf, dass lediglich auf die Geltendmachung des Widerspruchs zwischen § 1 Abs. 5 Sätze 1–7 zum DBA Bezug genommen wird, nicht aber darauf, ob ein solcher Widerspruch tatsächlich besteht. Aufgrund der weiteren Voraussetzungen, die eine Ausübung des durch das DBA vorgegebenen Besteuerungsrechts durch den anderen Staat (Rz. 2897) und eine dadurch drohende Doppelbesteuerung (Rz. 2901) erfordern, ist die tatsächliche Existenz eines Widerspruchs zwischen § 1 Abs. 5 Sätze 1–7 und den Regelungen des DBA zur betriebsstättenbezogenen Gewinnermittlung/-abgrenzung allerdings zwingend für die Anwendung des § 1 Abs. 5 Satz 8 (Rz. 2893, 2896).

In welcher Form der Widerspruch geltend zu machen ist, regelt § 1 Abs. 5 Satz 8 nicht. Auch enthalten weder die Gesetzesbegründung, noch die BsGaV diesbezüglich weitere Konkretisierungen. Vor dem Hintergrund, dass die Finanzbehörde grundsätzlich nach § 88 AO zur Sachverhaltsermittlung verpflichtet ist und einen möglichen Widerspruch zwischen den abkommensrechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften zur betriebsstättenbezogenen Gewinnermittlung/-abgrenzung grundsätzlich selbst feststellen kann (Rz. 2891), sollten lediglich geringe Anforderungen an die Geltendmachung des Widerspruchs zu stellen sein. Daher sollte ein formloses Schreiben an die Finanzverwaltung ausreichend sein. Auch die Abgabe einer Steuererklärung, die eine Gewinnermittlung/-abgrenzung nach dem DBA vornimmt, oder ein entsprechender Änderungsantrag ist u.E. ausreichend, um den Widerspruch der diesbezüglichen abkommensrechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften geltend zu machen.[2] Für die Geltendmachung des Widerspruchs ist die bloße Behauptung ausreichend; es bedarf weder einer Begründung, noch muss die konkrete Form der Geltendmachung die tatsächliche Existenz eines Widerspruchs möglich oder wahrscheinlich erscheinen lassen.[3] Die Finanzverwaltung scheint den ausdrücklichen Hinweis auf die Abweichung vom AOA im Rahmen der Steuererklärung für ausreichend zu halten.[4]

 

Rz. 2896

[Autor/Stand] Widerspruch zwischen der Gewinnabgrenzung nach AOA und nach DBA. Ein Widerspruch zwischen der Gewinnabgrenzung/-ermittlung nach § 1 Abs. 5 Sätze 1–7 und nach dem jeweiligen DBA liegt insbesondere dann vor, wenn die abkommensrechtliche Gewinnabgrenzung keine fiktiven Rechtsbeziehungen (Dealings) zwischen Betriebsstätten desselben Unternehmens kennt.[6] Daneben sind aber auch andere abkommensrechtliche Regelungen denkbar, die mit der Selbständigkeits- und Unabhängigkeitsfiktion des AOA nicht vereinbar sind. Unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang, ob das jeweilige DBA die Freistellung der auf die Betriebsstätte entfallenden Einkünfte oder die Vermeidung der Doppelbesteuerung durch die Anrechnungsmethode vorsieht.[7] Im Einzelnen wird auf die Ausführungen unter Rz. 2893 verwiesen.

b) Nachweis der Besteuerung im anderen Staat

 

Rz. 2897

[Autor/Stand] Verhältnis zwischen ausländischer Besteuerung und Abkommensrecht. Zur Anwendung der Escape-Klausel des § 1 Abs. 5 Satz 8 ist durch den Stpfl. nachzuweisen, dass der andere Staat sein Besteuerungsrecht dem DBA entsprechend ausübt. Die Escape-Klausel beschränkt den deutschen Besteuerungsanspruch dabei grundsätzlich nur, "soweit" die Ausübung der Besteuerungsrechte nachgewiesen wird. Füllt die tatsächliche Besteuerung durch den anderen Staat das durch das DBA zugewiesene Besteuerungsrecht nur teilweise aus, bestimmt sich die Frage, ob der deutsche Besteuerungsanspruch nach Maßgabe des vom DBA vorgegebenen Rahmens oder anhand der durch den anderen Staat tatsächlichen vorgenommenen Besteuerung zu vermindern ist, danach, auf welche konkreten Gründe die Abweichung zurückgeht (Rz. 2899).

Fraglich ist, wie der Fall einzuordnen ist, in dem der andere Staat sein vom DBA vorgegebenes Besteuerungsrecht überschreitet. Nach dem innerstaatlichen Recht des anderen Staats kann der Stpfl. hier lediglich eine Begrenzung auf den durch das DBA vorgegebenen Besteuerungsrahmen erreichen. Ob hier im Hinblick auf § 1 Abs. 5 Satz 8 der Nachweis der dem DBA entsprechenden Ausübung der Besteuerungsrechte durch den anderen Staats geführt werden kann, ist unklar. Nach der hier vertretenen Auffassung ist dies jedoch nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 5 Satz 8 aufgrund der einschränkenden Konjunktion "soweit" grundsätzlich möglich. Die im Rahmen der Escape-Klausel des § 1 Abs. 5 Satz 8 heranzuziehende abkommensgemäße Besteuerung entspricht dann dem durch das DBA vorgegebenen Besteuerungsanspruch des anderen Staats. Dieses Ergebnis ist auch im Hinblick auf den Sinn und Zweck der Escape-Klausel geboten.[9]

 

Rz. 2898

[Autor/Stand] Konkret...

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