Rz. 1

Die Zweckzuwendung ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG neben dem Erwerb von Todes wegen[1] und den Schenkungen unter Lebenden[2] ein eigenständiger steuerpflichtiger Vorgang (§ 1 ErbStG Rz. 23 ff.). § 8 ErbStG definiert zum einen den Begriff der Zweckzuwendung als Zuwendung von Todes wegen oder freigebige Zuwendung unter Lebenden, die mit der Auflage verbunden ist, zugunsten eines bestimmten Zwecks verwendet zu werden, oder die von der Verwendung zugunsten eines bestimmten Zwecks abhängig ist, soweit hierdurch die Bereicherung des Erwerbers gemindert wird (Rz. 3 ff.). Zum anderen regelt § 8 ErbStG auch die mit der Zweckauflage bzw. der Bedingung verbundenen Besteuerungsfolgen (Rz. 11 ff.).

 

Rz. 2

Nach der Gesetzessystematik handelt es sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer um eine Anfallsteuer, die nicht das unentgeltlich übertragene Vermögen als solches besteuert, sondern nach dem Bereicherungsprinzip die beim Erwerber eingetretene Bereicherung erfasst.[3] Der Erwerber einer Zweckzuwendung verwirklicht in eigener Person einen steuerpflichtigen Erwerb von Todes wegen[4] bzw. eine steuerpflichtige Schenkung unter Lebenden.[5] Kommt der Erwerber einer Zweckzuwendung der mit dem Vermögensübergang verbundenen Auflage oder Bedingung nach, ist dementsprechend seine Bereicherung gemindert[6], womit ein steuerlicher Zugriff insoweit ausscheidet. Da allerdings der durch die Zweckzuwendung begünstigte Personenkreis nicht bestimmbar ist, bliebe das zur Zweckerreichung übertragene Vermögen an sich unbesteuert. Um keine Besteuerungslücke entstehen zu lassen, erklären § 1 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 8 ErbStG die Zweckzuwendung zu einem eigenständigen steuerpflichtigen Vorgang, wobei gem. § 10 Abs. 1 S. 5 ErbStG als steuerpflichtiger Erwerb die Verpflichtung des Beschwerten an die Stelle des Vermögensanfalls tritt (§ 10 ErbStG Rz. 53) und Steuerschuldner nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG der mit der Auflage oder Bedingung belastete Erwerber als "der mit der Ausführung der Zuwendung Beschwerte" ist (§ 20 ErbStG Rz. 14a).

[3] Einf. Rz. 4, 7; H.-U. Viskorf, in V/S/W, ErbStG, 2023, Einf. Rz. 2.
[6] Z. B. in Form einer Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG.

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