Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer als Fortbildung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Frage, ob es sich um erstmalige Berufsausbildungs- oder Fortbildungskosten handelt, ist nicht maßgeblich, ob der bisherige Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsganges erlernt und die frühere Ausbildung durch eine Prüfung abgeschlossen wurde (gegen BMF-Schreiben vom 4.11.2005, BStBl I 2005, 955).

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7, § 12 Nr. 5

 

Tatbestand

Im Streit ist, ob erstmalige Berufsausbildungskosten oder Fortbildungskosten vorliegen.

Der Kläger war seit Juni 2001 bei der J GmbH, einer Tochtergesellschaft von Boeing und einem Anbieter von weltweiten navigatorischen Informationen zur Flugvorbereitung und Flugdurchführung, als Assistent Aviation Information Analyst beschäftigt und bezog aus diesem Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 des Einkommensteuergesetz -EStG-. Gegenstand seiner dortigen Tätigkeit war die Erneuerung und Anpassung von Navigationsdaten für Flugzeuge, wobei es sich hierbei um keinen klassischen Ausbildungsberuf handelte. Der Jahresbruttoarbeitslohn aufgrund dieser Tätigkeit hatte in den Jahren 2002 bis 2004 32.497 €, 41.644 € und 30.669 € betragen. Seit 2003 hatte sich der Kläger, der bereits über eine Privatfluglizenz verfügte, unter Gewährung von unbezahltem Sonderurlaub zum Verkehrsflugzeugführer ausbilden lassen. Die Ausbildung schloss den Erwerb einer Musterberechtigung für einen Flugzeugtyp mit ein. Die im Jahre 2003 angefallenen Ausbildungskosten in Höhe von 13.562 € waren im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung 2003 vom Beklagten als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt worden (Bl. 85, 116 ff. der ESt-A). In der Zeit vom 09. April bis zum 12. Dezember 2004 setzte der Kläger diese Ausbildung an den Flugschulen Stockholm und Göteborg fort. Im Einzelnen handelte es sich um die folgenden Unterrichtsblöcke:

- Theoriephase vom 09. April 2004 - 24. April 2004

- Theorie- und Prüfungsphase vom 30. Mai 2004 - 20. Juni 2004

- praktischer Teil vom 21. Juni 2004 - 13. August 2004

- theoretisches Examen einschließlich Vorbereitungsphase Oktober 2004

- praktischer Teil und Abschlussprüfung vom 14. November 2004 -12. Dezember 2004

Hierbei fielen im Streitjahr Gesamtkosten in Höhe von insgesamt 38.941 € an. Seit dem 23. Februar 2006 ist der Kläger bei der C Airlines Luftfahrtgesellschaft mbH als Pilot tätig.

In seiner Einkommensteuererklärung 2004 machte der Kläger u.a. die Kosten für die Ausbildung zum Piloten in Höhe von 38.941 € als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte versagte im Einkommensteuerbescheid 2004 vom 10. Februar 2006 die Berücksichtigung dieser Aufwendungen als Werbungskosten, da es sich nach seiner Auffassung bei der Pilotenausbildung um die Erstausbildung des Klägers gehandelt habe. Stattdessen berücksichtigte der Beklagte die Kosten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG mit dem Höchstbetrag von 4.000,- € als Sonderausgaben.

Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg. Der Beklagte führte in der Einspruchsentscheidung vom 02. Januar 2007 im Wesentlichen aus, dass die einkommensteuerliche Behandlung von Berufsausbildungskosten mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 neu geordnet worden sei. Aufwendungen für die erstmalige Berufsausbildung oder ein Erststudium stellten nunmehr gemäß § 12 Nr. 5 EStG keine Betriebsausgaben oder Werbungskosten dar, es sei denn, die Bildungsmaßnahme finde im Rahmen eines Dienstverhältnisses statt (Ausbildungsdienstverhältnis).

Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung, die nicht Betriebsausgaben oder Werbungskosten darstellten, könnten nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG bis zu 4.000,- € im Kalenderjahr als Sonderausgaben abgezogen werden. Unter dem Begriff „Berufsausbildung" i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG sei eine berufliche Ausbildung unter Ausschluss eines Studiums zu verstehen. Sie liege vor, wenn der Steuerpflichtige durch eine berufliche Ausbildungsmaßnahme die notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse erwerbe, die zur Aufnahme eines Berufs befähigten. Voraussetzung sei, dass der Beruf durch eine Ausbildung im Rahmen eines öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgangs erlernt werde und der Ausbildungsgang durch eine Prüfung abgeschlossen werde. Andere Bildungsmaßnahmen würden einer Berufsausbildung i.S.d. § 12 Nr. 5 EStG gleichgestellt, wenn sie dem Nachweis einer Sachkunde dienten, die Voraussetzung zur Aufnahme einer fest umrissenen beruflichen Betätigung sei. Die Ausbildung müsse im Rahmen eines geordneten Ausbildungsgangs erfolgen und durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung abgeschlossen werden. Der erfolgreiche Abschluss der Prüfung müsse Voraussetzung für die Aufnahme der beruflichen Betätigung sein. Die Ausbildung und der Abschluss müssten vom Umfang und Qualität der Ausbildungsmaßnahmen und Prüfungen her grundsätzlich mit den Anforderungen, d...

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