Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablaufhemmung bei Nichtanzeige durch den Notar
Leitsatz (redaktionell)
1) Beim Erwerb aller Anteile einer grundstücksbesitzenden Personengesellschaft durch eine einzige Person gehen die Anteile mit der Übertragung unter, weshalb eine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ausscheidet.
2) Ist der Steuerpflichtige selbst nicht zur Anzeige eines grunderwerbsteuerlich relevanten Sachverhalts verpflichtet, kann die Nichtanzeige durch den Notar keine Ablaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO zu Lasten des Steuerpflichtigen bewirken.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1, § 18 Abs. 1-2, § 19; AO § 170 Abs. 2 Nr. 1; GrEStG § 1 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob der vom Beklagten (Finanzamt – FA –) am 09.09.2005 erlassene Grunderwerbsteuerbescheid deshalb rechtswidrig ist, weil er erst nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ergangen ist.
Die Klägerin (Klin.) ist die T. & L. Grundstücks GmbH (im folgenden GmbH), die mit notariell beurkundetem Vertrag vom 26.02.2000 (UR-Nr. 99/2000 des Notars J., A. gegründet worden ist. Gesellschafter der GmbH sind T. und seine Schwester L., geb. T.
T. war nach dem Inhalt des Gründungsvertrages der GmbH mit 15.150 EUR (= 50,5 %) und L. mit 14.850 EUR (= 49,5 %) am Stammkapital der GmbH in Höhe von 30.000 EUR beteiligt. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung des im Grundbuch von A. Blatt xxx eingetragenen Grundbesitzes F.-Straße 46. Die beiden Gesellschafter T. und L. und K. hatten zuvor diesen im Grundbuch von A. Blatt xxx eingetragenen Grundbesitz als L. und T. GbR im Rahmen einer steuerlichen Mitunternehmerschaft als Besitz-GbR (mitunternehmerische Betriebsaufspaltung) vermietet. An dieser Besitz-GbR waren diese beiden Gesellschafter ebenfalls mit denselben Beteiligungsverhältnissen von 50,5 % und 49,5 % beteiligt. Die Besitz-GbR wurde vom FA unter der StNr. xxx/5870/0190 geführt.
Mit Schreiben vom 09.08.2000 bat das FA die Prozessvertreterin des hier vorliegenden Klageverfahrens, für die Besitz-GbR (StNr. xxx/5870/0190) eine vorläufige Einkunftsermittlung für das Jahr 1999 einzureichen. Die Prozessvertreterin antwortete mit Schreiben vom 01.09.2000 wie folgt:
„Bezugnehmend auf die Anforderungen des FA A. vom 09.08.2000 übersenden wir als Anlage die Bilanz zum 30.06.1999 der L. und T. GbR, F.-Straße 46.
Außerdem übersenden wir in Kopie die Urkundenrollen-Nr. UR 101/2000 des Notars J., A., vom 26.02.2000 zur Kenntnisnahme und Verbleib. Gegenstand der Urkunde ist die Sacheinbringung der Mitunternehmerschaft in die T. & L. Grundstücks-GmbH, A..
Nach unserer Auffassung ergeben sich folgende steuerliche Auswirkungen:
- Steuerlich sind den Gesellschaftern T. und L. aus ihrer Beteiligung 1999 jeweils 24.088 DM als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen.
- Aufgrund der Sacheinlage am 26.02.2000 zum 30.06.1999 hat die T. & L. Grundstücks-GmbH (StNr. xxx/5795/0862) im Jahre 1999 Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 8 Abs. 2 KStG; § 2 Abs. 1 UmwStG).
Da in dem Zeitraum 30.06. bis 31.12.1999 erhebliche Erhaltungsaufwendungen vorgenommen wurden, ist mit einem steuerlichen Verlust zu rechnen.”
In der notariellen Urkunde vom 26.02.2000 (UR-Nr. 101/2000 des Notars J.) vereinbarten T. und L. als Gesellschafter der GmbH die Erhöhung des Stammkapitals von 30.000 EUR auf 40.000 EUR, wovon T. 5.050 EUR und K. 4.950 EUR übernahmen.
Es wurde unter I. des Vertrages außerdem u. a. folgendes vereinbart:
„…
3. Die neuen Stammeinlagen sind nicht in bar, sondern dadurch zu leisten, dass die Erschienenen zu 1. und 2. die steuerliche Mitunternehmerschaft der Besitzgesellschaft an dem Grundbesitz (L. und T. GbR), der im Grundbuch von A. Blatt xxx eingetragen ist, in die Gesellschaft einbringen. An dieser steuerlichen Mitunternehmerschaft sind Herr T. 50,5 % und Frau L. mit 49,5 % beteiligt. Neben dem vorbezeichneten Grundbesitz werden alle Aktiva und Passiva der L./T. GbR, die zu dieser steuerlichen Mitunternehmerschaft gehören, in die Gesellschaft eingebracht gemäß der anliegenden, einen Bestandteil dieser Urkunde bildenden Bilanz der steuerlichen Mitunternehmerschaft zum 30.06.1999, 12.00 Uhr. Soweit sich in der Zeit vom 30.06.1999, 12.00 Uhr bis zum heutigen Tage Veränderungen bei den Aktiva und Passiva ergeben haben sollten, werden die Aktiva und Passiva der steuerlichen Mitunternehmerschaft nach ihrem heutigen Bestand in die Gesellschaft eingebracht.
4. Die Einbringung der Aktiva und Passiva der steuerlichen Mitunternehmerschaft erfolgt zu Buchwerten mit steuerlicher und wirtschaftlicher Wirkung vom 30.06.1999, 12.00 Uhr gemäß § 20 Umwandlungssteuergesetz.
5. Die Erschienenen zu 1. und 2. übertragen hiermit mit steuerlicher und wirtschaftlicher Wirkung zum 30.06.1999, 12.00 Uhr, sämtliche Aktiva und Passiva der steuerlichen Mitunternehmerschaft bzgl. des Grundbesitzes A. Blatt xxx auf die GmbH. Die GmbH nimmt die vorstehende Übertragung an. Sie wird hierbei von den Erschienen zu 1. und 2. vertreten. Die Erschienenen zu 1. und 2. sind gemeinschaftlich vertretungsberechtigte Geschäftsführer der Gm...