rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Progressionsvorbehalt für Bezüge der Beamten des Europäischen Patentamts; keine Anrechnung der internen Steuer nach § 34c EStG

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bezüge der Beamten des Europäischen Patentamts (EPA) unterliegen mit dem Bruttobetrag, d.h. einschließlich der internen Steuer, dem Progressionsvorbehalt nach 32b Abs. 1 Nr. 3 EStG.

2. Die interne Steuer der Beamten des EPA ist nicht nach § 34c Abs. 1 oder 2 EStG anzurechnen oder abzuziehen, weil die vom EPA gezahlten Bezüge nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegen und die Anwendung des Progressionsvorbehalts keine mittelbare Besteuerung dieser Bezüge bedeutet.

 

Normenkette

EStG § 32b Abs. 1 Nr. 3, § 34c Abs. 1-2

 

Tatbestand

Der Kläger erzielt als Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin ist Beamtin beim Europäischen Patentamt. Für 1995 erhielt sie folgende Jahresgehaltsmitteilung:

EPA Grundgehalt

65.404,00 DM

Haushaltszulage

1.671,30 DM

Mietzulage

2.686,40 DM

Zwischensumme

69.761,70 DM

Versorgungsbeiträge

5.232,32 DM

Krankenversicherung

1.535,02 DM

Invaliditätsversicherung

125,88 DM

Abzüge insgesamt

6.893,22 DM

Nettogesamtbetrag

62.868,48 DM

Ausgezahlter Betrag

62.868,48 DM

Interne Steuer

15.522,00 DM

Versorgungsordnung (EPA-Beitrag)

10.464,64 DM

Krankenversicherung (EPA-Beitrag)

3.139,42 DM

Invaliditätsversicherung (EPA-Beitrag)

251,82 DM

In ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung wiesen die Kläger die Einkünfte der Klägerin als nur dem Progressionsvorbehalt unterliegende Bezüge i.H.v. 69.761 DM aus. Das beklagte Finanzamt berechnete diese Bezüge bei der (antragsgemäßen) Zusammenveranlagung dagegen wie folgt:

Nettogesamtbetrag

62.868,48 DM

+ interne Steuer

15.522,00 DM

78.390,48 DM

- Arbeitnehmer-Pauschbetrag

2.000,00 DM

76.390,48 DM

Der Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg (Änderungsbescheid vom 22. April 1997; Einspruchsentscheidung vom 28. April 1997).

Zur Begründung der Klage wird im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 1. Oktober 1960 Rs. 6/60 (EuGHE 1960, 1163) seien alle von der deutschen Einkommensteuer befreiten Bezüge der Bediensteten der Europäischen Union mangels einer entsprechenden Klausel im EG-Privilegien-Protokoll auch nicht dem Progressionsvorbehalt unterworfen.

Im übrigen habe das Finanzamt den in Art. 16 des Protokolls über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Patentorganisation vom 5. Oktober 1973 – Immunitätenprotokoll – (BGBl II 1976, 649) vorgesehenen Progressionsvorbehalt falsch berechnet. Das Europäische Patentamt habe in seiner Jahresgehaltsmitteilung die interne Steuer weder vom Grundgehalt abgezogen, noch wie bei einer Nettolohnvereinbarung hinzugerechnet. Die interne Steuer werde nicht im Haushalt vereinnahmt. Der bloße Hinweis in der Jahresgehaltsmitteilung sei keine Steuererhebung; die monatlichen Gehaltsmitteilungen enthielten nicht einmal diesen Hinweis. Die Auffassung des Finanzamts lasse sich weder mit der Annahme einer durch Rechtsfortbildung zu schließenden Lücke, noch mit dem Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit rechtfertigen. Außerdem sei die Steuerberechnung des Finanzamts in sich widersprüchlich. Wenn nämlich die interne Steuer als ausländische Lohnsteuer behandelt und deshalb dem Gehalt zugerechnet werde, müsse sie folgerichtig als ausländische Einkommensteuer gemäß § 34c Abs. 1 EinkommensteuergesetzEStG – (der auf § 32b EStG verweise) angerechnet oder nach § 34c Abs. 2 EStG abgezogen werden.

Die Kläger beantragen,

unter Änderung des angefochtenen Bescheids vom 22. April 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. April 1997 die Einkommensteuer für 1995 ohne Berücksichtigung eines Progressionsvorbehalts festzusetzen, hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Das Finanzamt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Berichterstatter des erkennenden Senats hat beim Europäischen Patentamt angefragt, welchen Status die Bediensteten des Europäischen Patentamts haben, woraus sich Höhe und Zusammensetzung der Gehälter und Bezüge ergeben, ob diese ungekürzt um die interne Steuer ausgezahlt werden, zu welchem Zweck die interne Steuer in der Jahresgehaltsmitteilung ausgewiesen wird und was mit diesem Betrag geschieht.

Das Europäische Patentamt hat dazu im wesentlichen ausgeführt:

Die Europäische Patentorganisation könne als Völkerrechtssubjekt die Dienstverhältnisse ihrer Bediensteten eigenständig und unabhängig vom nationalen Recht der Mitgliedstaaten regeln und habe gemäß Art. 33 Abs. 2 Buchstabe b des Europäischen Patentübereinkommens (BGBl. II 1976, 649) am 20. Oktober 1977 das seither mehrfach geänderte (auszugsweise als Anl. 1 beigefügte) Beamtenstatut erlassen.

Höhe und Zusammensetzung der Gehälter ergäben sich aus Art. 64 ff. des Beamtenstatuts. Die im Anhang zum Beamtenstatut (vgl. Art. 66) enthaltenen Gehaltstabellen wiesen die Nettogehälter nach Abzug der internen Steuer und vor Abzug der Arbeitnehmerbeträge zur Sozialversicherung aus (vgl. Artikel 64).

Die Gehälter und Bezüge würd...

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