Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung ausländischer Einkünfte bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein im Inland und in Österreich als Freiberufler Einkünfte erzielender unbeschränkt Steuerpflichtiger kann die österreichische Einkommensteuer, die aufgrund des österreichischen Besteuerungsrechts für die freiberuflichen Einkünfte entstanden ist, weder als Betriebsausgabe abziehen noch auf die deutsche Einkommensteuer anrechnen oder bei der Ermittlung der Einkünfte abziehen.

2. Eine Doppelbesteuerung liegt nicht vor, wenn die in Österreich erzielten Einkünfte wegen der nach dem DBA-Österreich geltenden Freistellungsmethode ausschließlich und abschließend nur in Österreich besteuert werden und in Deutschland lediglich zur Steuersatzberechnung herangezogen werden.

3. Führt die Zusammenrechnung der in Deutschland und Österreich anfallenden Einkommensteuer zu einer insgesamt höheren Steuer, als wenn die selbstständigen Einkünfte allein in Deutschland erzielt worden wären, folgt daraus keine EG-Rechtswidrigkeit.

 

Normenkette

EStG 1997 § 32b Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 4; DBA AUT 1992 Art. 8 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1, 3; EG Art. 43; EStG § 34c Abs. 1-2, 6, § 12 Nr. 3; AO 1977 §§ 2, 8

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe ausländische Einkünfte bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

I.

Die Kläger (Kl.) sind Eheleute, hatten ihren Wohnsitz während des gesamten Streitjahres 1999 in Deutschland und wurden in diesem Jahr zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der Kläger ist Freiberufler und erzielte im Streitjahr sowohl in Deutschland als auch in Österreich Einkünfte. Die in Deutschland erzielten freiberuflichen Einkünfte gab der Kläger mit … DM an. Für die in Österreich ausgeübte Tätigkeit erklärte er Einkünfte in Höhe von … österreichische Schilling (= … DM). Daneben erklärte der Kläger in Österreich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. … österreichische Schilling (= ./. … DM). Der Beklagte (das Finanzamt – FA –) berücksichtigte mit unter Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Bescheid vom 17. Juli 2001 die in Österreich erzielten freiberuflichen Einkünfte in der erklärten Höhe im Rahmen des Progressionsvorbehalts. Die in Österreich erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigte das FA nicht. Zur Begründung führte es aus, dass insoweit nur eine Verrechnung mit positiven Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Betracht komme. Mit Änderungsbescheid vom 03. August 2001 änderte das FA den ESt-Bescheid 1999 unter Aufrechterhaltung des Vorbehalts der Nachprüfung in einem nicht streitbefangenen Punkt und setzte die ESt auf 24.241 DM fest. Mit Schreiben vom 14. August 2001 erhoben die Kl. nach Aktenlage fristgerecht Einspruch. Sie rügten damit, dass bei Zusammenrechnung der in beiden Ländern gezahlten ESt die Steuer höher ausfalle als wenn die Gesamteinkünfte allein in Deutschland erzielt worden wären. Das FA wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 10. April 2002 als unbegründet zurück und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

Hiergegen richtet sich die nach Aktenlage fristgerecht eingereichte Klage. Mit dieser machen die Kl. geltend, dass die in Österreich entrichteten Steuern zu Unrecht nicht bei der Anwendung des Progressionsvorbehalts berücksichtigt worden seien. Dem Progressionsvorbehalt dürfe nur das Einkommen nach Steuern und nicht das Einkommen vor Steuer zugrundegelegt werden. Dies ergebe sich aus § 34c Abs. 1 und 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Andernfalls müssten die Kl. trotz Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf die in Österreich gezahlten Steuern in Deutschland nochmals Steuern bezahlen. Die Nichtberücksichtigung der im Ausland gezahlten Steuern widerspreche der Steuergerechtigkeit zwischen Selbstständigen und Arbeitnehmern und der Chancengleichheit beim beruflichen Engagement im EU-Ausland. Die Kl. begehren deshalb so gestellt zu werden, wie sie stehen würden, wenn auch der in Österreich erzielte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit in Deutschland angefallen wäre. Insoweit wird auf die Berechnung im Schreiben der Kl. vom 12. September 2002 (Bl. 19 f. FG-Akte) Bezug genommen.

Die Kl. beantragen,

den ESt-Bescheid vom 03. August 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. April 2002 und des Änderungsbescheids vom 10. August 2004 dahingehend abzuändern, dass die ESt auf … herabgesetzt wird.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt es im Wesentlichen aus, dass in den Progressionsvorbehalt die ausländischen Einkünfte einzubeziehen seien, die nach einem DBA unter dem Vorbehalt der Einbeziehung bei der Berechnung der ESt steuerfrei gestellt seien. Im vorliegenden Fall der selbstständigen Tätigkeit sei unter Einkünften der nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Gewinn zu verstehen. Die persönliche ESt sei als nach § 12 Ziff. 3 EStG nicht abzugsfähige Ausgabe bei der Berechnu...

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