rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Behandlung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen und Abrechnung im Veranlagungszeitraum der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einkommensteuer-Vorauszahlungen sind als Insolvenzforderung geltend zu machen, wenn sie bereits zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerschuldners entstanden sind.

2. Danach entstehende Vorauszahlungen zählen dagegen zu den Masseverbindlichkeiten. Maßgeblich für die Entstehung ist jeweils der Beginn des Quartals.

3. Für Abrechnungszwecke im Veranlagungszeitraum der Insolvenzeröffnung ist in einem ersten Schritt die einheitliche Einkommensteuer entsprechend den Vorgaben der Insolvenzordnung aufzuteilen. Im zweiten Schritt sind die jeweils geleisteten Vorauszahlungen zu verrechnen, wobei in Abhängigkeit von der Entstehung zu berücksichtigen ist, ob die jeweilige Vorauszahlung zu den Insolvenzforderungen oder zu den Masseverbindlichkeiten gehört.

 

Normenkette

EStG § 36 Abs. 1, § 37; InsO §§ 53, 174 Abs. 1; AO § 218 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VII R 27/14)

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VII R 28/14)

BFH (Urteil vom 24.02.2015; Aktenzeichen VII R 28/14)

 

Tenor

1. Unter Änderung des Abrechnungsbescheids zur Einkommensteuer 2007 vom 23. Februar 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2013 wird dem Kläger ein Erstattungsanspruch i.H.v. 5.943,69 EUR wegen Einkommensteuer 2007 und i.H.v. 279,94 EUR wegen Solidaritätszuschlag 2007 zugesprochen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen

2. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 56/100 und der Beklagte zu 44/100.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verrechnung von nach der Insolvenzeröffnung gezahlten Einkommensteuer(ESt)-Vorauszahlungen.

Über das Vermögen des Dr. H wurde mit Beschluss des Amtsgerichts (AG) S – Insolvenzgericht – vom 12. Februar 2007 Az. … das Insolvenzverfahren eröffnet. Auf den Beschluss wird Bezug genommen. Die ESt 2007 wurde im Bescheid vom 30. Oktober 2008 mit 41.711 EUR, der Solidaritätszuschlag (SolZ) mit 2.180,25 EUR festgesetzt. Die Einkünfte aus selbständiger Arbeit von insgesamt 132.560 EUR wurden i.H.v. 71.326 EUR (53,81 %) in Einkünfte vor Insolvenzeröffnung und i.H.v. 61.234 EUR in Einkünfte nach Insolvenzeröffnung aufgeteilt. Die auf die Zeit vor Insolvenzeröffnung entfallende Anteile der festgesetzten ESt bzw. des SolZ wurden – ausgehend von einem Anteil der Teileinkünfte vor Insolvenzverfahren von 53,81 % – in einem Schreiben vom 11. Juni 2013 zum ESt-Bescheid 2007 nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) März 1984 IV R 271/83 (BFHE 14, 2, Bundessteuerblatt – BStBl – II 1984, 602) mit 22.443,26 EUR (ESt) bzw. 1.173,12 EUR berechnet. Auf den ESt-Bescheid samt Anlage wird Bezug genommen. Die ESt-Vorauszahlungen erfolgten am 7. März 2007 i.H.v. 7.360,72 EUR (ESt) und i.H.v. 386,96 EUR (Solidaritätszuschlag – SolZ) für das erste Quartal 2007, am 22. Juni 2007 i.H.v. 14.095 EUR (ESt) und i.H.v. 741 EUR (SolZ) für das zweite Quartal 2007 sowie am 4. Dezember 2007 i.H.v. 11.115 EUR (ESt) und i.H.v. 546 EUR (SolZ) für das vierte Quartal 2007. Der gegen den Bescheid eingelegte Einspruch wurde zurückgenommen und der Erlass eines Abrechnungsbescheids beantragt.

Im Abrechnungsbescheid vom 23. Februar 2009, auf den im Einzelnen Bezug genommen wird, wurde die Festsetzung wie folgt aufgeteilt:

Einkommensteuer

SolZ

Jahreseinkommensteuer

41.711,00 EUR

2.180,25 EUR

Anrechenbare Quellensteuern:

Kapitalertragsteuer

17,00 EUR

Zinsabschlagsteuer

53,00 EUR

Anrechenbare Vorauszahlungen

32.570,72 EUR

1.673,96 EUR

Verbleibende einheitliche Steuerschuld

9.070,28 EUR

502,53 EUR

Den gegen den Abrechnungsbescheid eingelegten Einspruch vom 4. März 2009, auf den im Einzelnen samt Anlage Bezug genommen wird, begründete der Kläger damit dass die nach Insolvenzeröffnung gezahlten ESt-Vorauszahlungen i.H.v. 32.570,72 EUR (ESt) bzw. 1.673,96 EUR (SolZ) Einkünfte betreffen, die nach Insolvenzeröffnung entstanden seien. Die Steuerschuld sei im Verhältnis für die Zeit vor und nach Insolvenzeröffnung aufzuteilen. Dies müsse auch bei den ESt-Vorauszahlungen erfolgen. Diese seien daher dem Besteuerungszeitraum zuzurechen, für den sie gezahlt worden seien. Das sei der Zeitraum nach Insolvenzeröffnung. Es seien daher ESt 2007 i.H.v. 13.437,72 EUR und SolZ 2007 i.H.v. 674,14 EUR zu erstatten.

Das FA schloss sich der Auffassung des Klägers nicht an und wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 20. Juni 2013, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies es auf Tz 9.1.1 Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu § 251 Abgabenordnung (AO).

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