Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenleistung bei Kauf eines Erbbaurechts mit Gebäude

 

Leitsatz (amtlich)

Bei großer Abweichung der Gegenleistung für den Erwerb des Erbbaurechts von dessen Verkehrswert ist der Grundbesitzwert (§ 138 BewG i. V. m. § 8 Abs. 2 GrEStG) keine Ersatzbemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.

Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 BewG lässt keine Begrenzung auf den gemeinen Wert des (Erbbau-)Grundstücks zu, sondern bezieht sich auf den gemeinen Wert der wiederkehrenden Leistung.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 1, §§ 8, 9 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2; BewG (i. d. F. vor 2007) § 13; BewG (i. d. F. vor 2007) § 138; BewG (i. d. F. vor 2007) § 148 Abs. 1

 

Tatbestand

A.

Nach Kauf eines Erbbaurechts wendet sich die Klägerin gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung der Höhe nach; sie begehrt eine Begrenzung der Bemessungsgrundlage auf den tatsächlichen Grundstückswert, den der kapitalisierte Erbbauzins um ein Vielfaches übersteige.

I.

Die Grundstückseigentümer bestellten in 2005 ein Erbbaurecht für die Dauer von 50 Jahren zugunsten einer GmbH (der späteren Verkäuferin). Diese GmbH errichtete auf dem Grundstück eine Kfz-Werkstatt und vermietete diese mit Vertrag vom 14./16. März 2005 an ein Auto-Service-Unternehmen für jährlich netto 59.880 Euro auf 25 Jahre plus Verlängerungsoption (GrESt-A Bl. 20).

Die Klägerin erwarb von der GmbH mit notariellem Vertrag vom 4. Oktober 2005 und Änderungsvertrag vom 12. Dezember 2005 das bestehende Erbbaurecht für 50 Jahre mit Gebäude (Notar Dr. A UR 1/2005 und UR 2/2005; GrESt-A Bl. 3 ff., 82 ff.). In das bestehende Mietverhältnis trat die Klägerin als Vermieterin ein (GrESt-A Bl. 10). Die Vertragsparteien vereinbarten einen Kaufpreis von 360.000 Euro und die Übernahme der Erbbauzinsbelastung von anfänglich jährlich 27.750 Euro sowie einer durch Grundschuld gesicherten Darlehensverbindlichkeit i. H. v. 250.000 Euro in Anrechnung auf den Kaufpreis (GrESt-A Bl. 6, 7, 11).

II.

1. Mit Bescheid vom 6. April 2006 setzte der Beklagte (das Finanzamt -FA-) nach einer Bemessungsgrundlage von 1.092.766 Euro die Grunderwerbsteuer mit 3,5 % auf 38.246 Euro fest. Die zugrunde zu legende Gegenleistung setze sich aus dem Bar-Kaufpreis i. H. v. 360.000 Euro zuzüglich übernommener Belastung i. H. v. 250.000,00 Euro und dem zu kapitalisierenden Erbbauzins von jährlich 27.750 Euro zusammen. Gemäß § 13 Abs. 1 Bewertungsgesetz (BewG) sei der Jahreswert des Erbbauzinses mit dem Vervielfältiger aus Anlage 9 a BewG zu multiplizieren; ausgehend von 50 Jahren und einem Zinssatz von 5,5 v. H. Der kapitalisierte Erbbauzins betrage demnach (Jahreswert 27.750 Euro x Vervielfältiger 17,397 =) 482.766 Euro (GrESt-A Bl. 94 a f.).

2. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 5. Mai 2006 Einspruch ein. Da die Belastung in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen worden sei, dürfe sie nicht als Gegenleistung dem Kaufpreis zugeschlagen werden. Außerdem führe die Kapitalisierung des Erbbauzinses zu einer unrealistisch hohen Bemessungsgrundlage, die weit über dem gemeinen Wert des Grundstücks liege (GrESt-A Bl. 95).

3. Mit Schreiben vom 24. Mai 2006 kündigte das FA an, im Wege der Änderungsveranlagung die übernommene Belastung in Anrechnung auf den Kaufpreis zu berücksichtigen. Der Kapitalwert des Erbbauzinses sei jedoch nicht durch den gemeinen Wert des Grundstücks begrenzt (BFH vom 5. Dezember 1979 II R 103/76, BFHE 129, 221, BStBl II 1980, 135), sondern gemäß § 13 Abs. 1 BewG unter Berücksichtigung der Laufzeit des Erbbaurechts zu berechnen. Etwaige Einwendungen sollten innerhalb einer Frist vorgebracht werden (GrESt-A Bl. 100).

4. Mit Änderungsbescheid vom 18. August 2006 setzte das FA die Grunderwerbsteuer nach einer Bemessungsgrundlage von (360.000 Euro Kaufpreis zuzüglich 482.766,00 Euro kapitalisierten Erbbauzins =) 842.766 Euro mit einem Steuersatz von 3,5 % auf 29.496,00 Euro fest. Da Einwendungen innerhalb der gesetzten Frist von der Klägerin nicht erhoben worden sein, erklärte das FA den Einspruch vom 5. Mai 2006 für erledigt (GrESt-A Bl. 111 ff., FG-A Bl. 14).

5. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 20. September 2006 erneut "Einspruch" ein. Der Einspruch vom 5. Mai 2006 sei, entgegen der Mitteilung des FA im Änderungsbescheid, nicht erledigt, sondern werde in Bezug auf die Gegenleistung beim Erwerb des Erbbaurechts weiter verfolgt. Unter Wahrung des Grundsatzes der gleichmäßigen Besteuerung gemäß § 85 Abgabenordnung (AO) bzw. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dürfe die Grunderwerbsteuer auf ein Erbbaurecht nicht über die Steuer hinausgehen, die bei Erwerb des Eigentums am Grundstück anfallen würde.

Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Kapitalisierung des Erbbauzinses lediglich ein Instrument zur Berechnung des fiktiven Grundstückswertes. Gemäß BFH vom 5. Mai 2004 II R 45/01 (BFHE 2004, 570, BStBl II 2004, 1036) sei eine typisierende Regelung nur so lange verfassungsgemäß, wie das Übermaßverbot im Einzelfall nicht verletzt sei. Da von den Vertragsp...

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