Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff „anderer Arbeitsplatz” im Sinne der Abzugsbeschränkung für das häusliche Arbeitszimmer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Einem nichtselbstständigen EDV-Berater, der seine Tätigkeit beim Kunden vor Ort bzw. an einem Büroarbeitsplatz in der Niederlassung seines Arbeitgebers ausüben kann, ohne außerhalb seiner regulären Arbeitszeit Bereitschaftsdienst leisten zu müssen, steht ein anderer Arbeitsplatz für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, so dass er die Aufwendungen für sein auch am Wochenende und in den Abendstunden beruflich genutztes häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen kann.
  2. Unerheblich ist, ob die Nutzung des anderen Arbeitsplatzes unbequemer, mit höheren Kosten oder mit höherem Zeitaufwand verbunden und deshalb gegenüber der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers für den Arbeitnehmer selbst oder seinen Arbeitgeber unwirtschaftlich ist oder ein Aufsuchen des anderen Arbeitsplatzes üblicherweise erwartet werden kann (gegen FG Köln vom 25.07.2003 10 K 6803/98).
  3. Ein anderer Arbeitsplatz steht auch für die Fortbildung am Wochenende und in den Abendstunden zur Verfügung, wenn diese Tätigkeiten zu anderer Zeit am Büroarbeitsplatz vorgenommen werden könnten.
 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5, § 9 Abs. 5

 

Streitjahr(e)

2001

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit des von dem Kläger genutzten häuslichen Arbeitzimmers.

Der Kläger ist nichtselbstständig tätig. Die Klägerin ist nicht berufstätig. Die Kläger haben zwei Kinder. Sie bewohnen ein Einfamilienhaus in A-Stadt.

Der Kläger ist als Senior Consultant bei der Firma A-GmbH beschäftigt. Die A-GmbH entwickelt und implementiert EDV-Anwendungen. Sie erbringt insbesondere gegenüber Großunternehmen Beratungsleistungen bei der Einführung von EDV-Produkten. Die Aufgabe des Klägers besteht vor allem darin, in engem Kontakt mit dem Kunden die für diesen geeignete EDV-Lösung zu finden, einzurichten und anschließend den Kunden bei der Nutzung zu betreuen.

Der Kläger hat einen Arbeitsplatz in den Büroräumen seines Arbeitgebers in B-Stadt. Nach den Angaben in seiner Steuererklärung suchte er diesen Arbeitsplatz an 215 Tagen im Jahr 2001 auf.

Der Kläger verfügt daneben über ein häusliches Arbeitszimmer, das er im Souterrain seines Einfamilienhauses in A-Stadt eingerichtet hat. In dem Arbeitszimmer befinden sich ein Schreibtisch, ein Schreibtischstuhl, Bücherregale sowie ein PC.

Der Kläger übt seine Tätigkeit beim Kunden vor Ort, in der Niederlassung in B-Stadt sowie in seinem Arbeitszimmer aus.

Er ist überwiegend am PC tätig. Der Arbeitgeber stellte ihm für seine Tätigkeit einen mobilen PC (Laptop) zur Verfügung. Für die Erarbeitung der „kundenspezifischen EDV-Lösungen” verfügt der Kläger über vom Arbeitgeber geschaffene Arbeitsquellen (Dateien/Tools) mit zum Teil eigenen Programmen. Auf die Datenbanken des Arbeitgebers kann der Kläger nicht nur in den Büroräumen des Arbeitgebers, sondern auch beim Kunden oder im häuslichen Bereich zugreifen. Der Kläger erstattet über seine Arbeiten tägliche Berichte. Er fertigt diese am PC und verteilt diese anschließend mittels Internet oder Intranet an die zuständigen Stellen.

Der Kläger hat keine festen Arbeitszeiten in den Büroräumen der Niederlassung in B-Stadt. Er ist kundenorientiert tätig. Er betreut Kunden nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern auch im übrigen Bundesgebiet und den Niederlanden. Er ist per Mobiltelefon und Email stets erreichbar.

Die Kläger machten in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 1.721 DM als Werbungskosten geltend. Sie gaben an, das häusliche Arbeitszimmer werde für Tätigkeiten benötigt, die außerhalb der regulären Dienstzeit, insbesondere am Wochenende und in den Abendstunden erbracht würden. Der Beklagte erkannte die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten an, weil die berufliche Nutzung nicht mehr als 50 % der gesamten beruflichen Tätigkeit betrage und für die berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe.

Die Kläger legten gegen den Einkommensteuerbescheid Einspruch ein. Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück.

Die Kläger haben hierauf Klage erhoben. Sie sind der Auffassung, die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer seien nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Einkommensteuergesetz - EStG - berücksichtigungsfähig. Nach § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG seien Aufwendungen bis 1.250 € abziehbar, wenn „für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stehe”. Diese Voraussetzungen seien in ihrem Fall erfüllt.

Die Kläger meinen, der Gesetzgeber habe es bei der Formulierung „kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht” offen gelassen, ob auf tatsächliche, rechtliche und/oder wirtschaftliche Verhältnisse abzustellen sei. Daraus, dass sich der Gesetzgeber nicht auf eine bestimmte Auslegung habe festlegen wollen, könne geschlossen werden, dass er es dem Steuerpflichtigen habe ermöglichen wollen, seine ...

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