Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Durch die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Steuererklärung (hier: Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer) wird der Ablauf der Feststellungsfrist nicht nach § 171 Abs. 3 AO gehemmt.
  2. Als Antrag im Sinne dieser Vorschrift sind nur solche Willensbekundungen zu verstehen, die ein Tätigwerden der Finanzbehörde außerhalb des infolge der Amtsmaxime ohnehin gebotenen Verwaltungshandels auslösen sollen.
  3. Die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3a AO setzt voraus, dass der angefochtene Steuerbescheid zu einem noch nicht verjährten Zeitpunkt erlassen wurde.
  4. Ein pflichtwidriges Unterlassen der gesonderten Verlustfeststellung vor Ablauf der Feststellungsfrist i, S. d. § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG i.d.F. des JStG 2007 liegt nicht vor, wenn die Finanzbehörde bei einer am 30.12. eingegangenen Erklärung ungeachtet des drohenden Ablaufs der Feststellungsfrist den Verlustabzug nicht bereits am darauf folgenden Tag feststellt.
 

Normenkette

AO § 169 Abs. 2 Nr. 2, § 170 Abs. 2 Nr. 1, § 171 Abs. 3, 3a, § 181 Abs. 1, 5; EStG i.d.F. des JStG 2007 § 10d Abs. 4 S. 6; EStG i.d.F. des JStG 2007 § 52 Abs. 25 S. 5

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.05.2011; Aktenzeichen IX R 36/10)

 

Tatbestand

Dem Kläger entstanden im Streitjahr 2001 Aufwendungen für Medizinstudium. Am 30.12.2008 ging beim Finanzamt „E-Stadt” eine Einkommensteuererklärung sowie eine Erklärung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs für das Streitjahr ein. Hierin machte der Kläger vorweggenommene Werbungskosten in Höhe von 9.620,10 DM geltend. Mit Bescheid vom 7.5.2009 lehnte der Beklagte die Verlustfeststellung ab, weil die Feststellungsfrist abgelaufen sei. Der hiergegen erhobenen Einspruch vom 2.6.2009 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 2.10.2009 zurückgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Feststellungsfrist habe gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 AO i.V.m. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO am 31.12.2008 geendet. Die Abgabe der Steuererklärung habe den Ablauf der Festsetzungsfrist nicht gehemmt. § 171 Abs. 3 AO sei nicht anwendbar, da die Abgabe einer gesetzlich vorgeschriebenen Erklärung kein Antrag i.S. dieser Vorschrift darstelle. Die Feststellung könne auch nicht nach § 181 Abs. 5 AO nach Ablauf der Feststellungsfrist ergehen. Diese Vorschrift sei nach § 10d Abs. 4 Satz 6 EStG nicht anwendbar. Das Finanzamt habe die Feststellung der Verlustvorträge nicht pflichtwidrig unterlassen.

Der Kläger hat am 14.10.2009 Klage erhoben und trägt im Wesentlichen vor, der Ablauf der Feststellungsfrist sei bereits durch den am 2.6.2009 erhobenen Einspruch gem. § 171 Abs. 3a AO gehemmt. Jedenfalls sei die Verlustfeststellung auch noch nach Ablauf der Feststellungsfrist gem. § 181 Abs. 5 AO zulässig. Der Beklagte habe vor Ablauf der Feststellungsfrist die Verluste gekannt und es pflichtwidrig unterlassen, diese Verluste festzustellen. Andere Finanzämter seien durchaus in der Lage, über einen Sachverhalt auch in kürzester Zeit zu entscheiden. Das Finanzamt „E-Stadt” sei auf Grund des Umstandes, dass er in dessen Bezirk eine Wohnung unterhalten habe, auch zuständiges Wohnsitzfinanzamt gewesen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

unter Aufhebung des Bescheides vom 7.5.2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2.10.2009 den Beklagten zu verpflichten, verbleibende Verluste zum 31.12.2001 in Höhe von 9.620,10 DM festzustellen,

hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen,

und wiederholt im Wesentlichen die Gründe seiner Einspruchsentscheidung.

Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten vorgelegten Steuerakten.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Der Beklagte ist nicht verpflichtet einen verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.2001 gesondert festzustellen. Zum einen ist die Feststellungsfrist abgelaufen, zum anderen scheidet eine Feststellung nach § 181 Abs. 5 AO aus.

Die Beteiligten gehen übereinstimmend und zu Recht davon aus, dass auf Grund des Umstandes, dass der Kläger zunächst keine Steuererklärungen abgegeben hatte, die reguläre Feststellungsfrist nach §§ 169 Abs. 2 Nr.2 i.V.m. § 170 Abs. 2 Nr.1 AO am 31.12.2008 endete.

Selbst wenn zu Gunsten des Klägers davon ausgegangen wird, dass er die Feststellungserklärung noch innerhalb der Feststellungsfrist bei dem für ihn damals zuständigen Wohnsitzfinanzamt rechtzeitig abgegeben hat, war der Ablauf der Feststellungsfrist nicht gehemmt.

Eine Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO scheidet aus. Nach dieser Vorschrift läuft eine Festsetzungsfrist vor unanfechtbarer Entscheidung nicht ab, wenn vor Ablauf der Festsetzungsfrist außerhalb eines Einspruchs- oder K...

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