Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechnungsmethode bei der Nachbesserung von Kinderfreibeträgen. Einkommensteuer 1988 bis 1991

 

Leitsatz (redaktionell)

Die entsprechend dem BMF-Schreiben vom 14. März 2000 IV C 4 – S 2282a – 35/00, BStBl I 2000, 413, Tz. 7 angewandte Berechnungsmethode folgt vom Berechnungsmodus her nicht den Vorgaben des § 53 EStG. Dies schließt indessen nicht aus, dass die im Einzelfall festgesetzte Steuer nur geringfügig höher ist, als sie sich errechnen lässt, wenn man dem Berechnungsmodus des § 53 EStG folgt.

 

Normenkette

EStG § 53

 

Tenor

Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1991 wird dem Beklagten aufgegeben, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung der Berechnungen unter Tz. 2 der Entscheidungsgründe neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.

 

Tatbestand

Gegenüber den Klägern, die als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden, ergingen für die Streitjahre 1988 bis 1991 Einkommensteuerbescheide, die hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge einen Vorläufigkeitsvermerk trugen. Nachdem das Bundesverfassungsgericht in seinen Entscheidungen vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, u.a., BStBl. II 1999, 174 ff. die für Kinder eines Steuerpflichtigen nach den bis dahin geltenden gesetzlichen Regelungen anzusetzenden Kinderfreibeträge für unzureichend erklärt hatte, erließ der Beklagte am 29. September, am 9. November und am 29. Dezember 2000 gegenüber den Klägern geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre 1988, 1989 und 1991. Einen Antrag auf Änderung des Einkommensteuerbescheides 1990 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Februar 2001 ab.

Bei der Berechnung der Einkommensteuer ging der Beklagte wie folgt vor: Er zog vom Einkommen der Kläger die nach § 53 EStG anzusetzenden Abzugsbeträge (z.B. 9.144 DM für zwei Kinder im Jahre 1988) ab und gelangte so zu dem zu versteuernden Einkommen. Aus der Splittingtabelle entnahm er den entsprechenden Steuerbetrag und rechnete diesem das an die Kläger gezahlte Kindergeld (z.B. 1.440 DM im Jahre 1988) hinzu. Die Summe bildete die festzusetzende Einkommensteuer.

Gegen sämtliche Bescheide legten die Kläger Einsprüche ein, die sie damit begründeten, dass die vom Beklagten vorgenommene Nachbesserung unzureichend sei und den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts nicht entspreche. Mit Entscheidung vom 27. Juli 2001 wies der Beklagte die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück (Bl. 30).

Am 8. August 2001 erhoben die Kläger Klage (Bl. 1).

Sie beantragen,

die Einkommensteuerbescheide 1988 bis 1991 in Form der Einspruchsentscheidung vom 27. Juli 2001 insoweit zu ändern, als die Steuer für 1988 um 980 DM, für 1989 um 932 DM, für 1990 um 498 DM und für 1991 um 454 DM niedriger festzusetzen ist.

Die Kläger machen geltend, die Berechnung des Beklagten sei unzutreffend. Es gehe nicht an, die festgesetzte Steuer um das gezahlte Kindergeld zu erhöhen. Der Staat zahle Kindergeld und fordere dieses über die Steuer wieder zurück.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er bemängelt an der Berechnung der Kläger, dass diese – anders als vom Bundesverfassungsgericht verlangt – das Kindergeld nicht in einen fiktiven Kinderfreibetrag umgerechnet hätten. Hingegen führe die eigene Berechnung des Finanzamts zu Beträgen, die mit der Regelung des § 53 EStG rechnerisch nahezu in Einklang stünden.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Verwaltungsakten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber weitgehend unbegründet. Die Steuerfestsetzungen bleiben rein rechnerisch nur unwesentlich hinter den Vorgaben des § 53 EStG zurück.

1. Rechtliche Grundlagen

§ 53 EStG legt in Umsetzung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 2 BvL 42/93, u.a., BStBl. II 1999, 174 ff. fest, in welcher Höhe das Existenzminimum eines Kindes in den Jahren 1983 bis 1995 steuerfrei zu belassen ist. In den Streitjahren 1988 und 1989 sind dies gemäß § 53 Satz 1 EStG 4.572 DM bzw. 4.752 DM für jedes Kind. In den Folgejahren sind es Beträge von 5.076 DM (1990) und 5.388 DM (1991). Satz 3 der Vorschrift bestimmt, dass für die Prüfung, ob die gebotene Steuerfreistellung bereits erfolgt ist, das dem Steuerpflichtigen im jeweiligen Veranlagungszeitraum zustehende Kindergeld mit dem auf das bisherige zu versteuernde Einkommen des Steuerpflichtigen anzuwendenden Grenzsteuersatz in einen Freibetrag umzurechnen ist. Dieser fiktive Kinderfreibetrag ist gemäß § 53 Satz 6 EStG mit dem tatsächlich gewährten Kinderfreibetrag zusammenzurechnen und dem Betrag, der nach § 53 Satz 1 EStG mindestens steuerfrei zu belassen ist, gegenüberzustellen. Danach ist festzustellen, ob weiterer Entlastungsbedarf besteht. Bei mehreren Kindern ist dabei die Umrechnung nicht für jedes Kind gesondert, sondern bezogen auf die Gesamtzahl der Kinder vorzunehmen (Bundesministerium der Finanzen –BMF–, Sc...

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