Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachforderungszinsen

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.04.1999; Aktenzeichen V R 63/97)

 

Tenor

Die Klage wird als unbegründet abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der … GmbH, … (künftig: GmbH). Mit Vertrag vom 3. April 1989 veräußerte er das Unternehmen der GmbH zu einem Gesamtkaufpreis von 8.100.000 DM an die damals in der Gründung befindliche Fa. T. Insbesondere wegen dieses Verkaufs, den der Kläger nicht der Umsatzsteuer unterworfen hatte, wurden nach einer im Jahre 1993 durchgeführten Umsatzsteuersonderprüfung der Umsatzsteuerbescheid 1989 und der Zinsbescheid zur Umsatzsteuer (zuletzt am 25. November 1993) geändert. Die gegen die Zinsfestsetzung 1. H.v. 150.799 DM erhobene Klage 1 K 12/94 wurde durch Gerichtsbescheid vom 3. April 1994 als unbegründet abgewiesen. Wegen Einzelheiten wird auf die vorgenannte Entscheidung Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20. Januar 1994 beantragte der Kläger beim Beklagten den Erlaß der vorbezeichneten Zinsen. Gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 25. April 1994 legte er Beschwerde ein. Mit Entscheidung vom 23. Februar 1995 wies die OFD … die Beschwerde als unbegründet zurück.

Am 27. März 1995 erhob der Kläger Klage. Er beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, die streitigen Zinsen 1. H.v. 150.799,00 DM zu erlassen,

Zur Begründung trägt er vor, der Vorgang sei damals nicht der Umsatzsteuer unterworfen worden, weil der Erwerber zum Vorsteuerabzug berechtigt gewesen sei, so daß es sich aus der Sicht des Fiskus bei wirtschaftlicher Betrachtung lediglich um einen durchlaufenden Posten gehandelt habe (Bl. 2 d.A.): es sei zwar keine Umsatzsteuer abgeführt worden; andererseits sei aber auch in der Rechnung keine Umsatzsteuer ausgewiesen worden, so daß das erwerbende Unternehmen keine Vorsteuer habe geltend machen können. Der Gesetzgeber habe zwischenzeitlich den der Zinsforderung zugrundeliegenden Sachverhalt durch Neufassung des § 1 Abs. 1a UStG dementsprechend geregelt (Bl. 3). Der Neuregelung liege der Wille des Gesetzgebers zugrunde, derartige Vorgänge als umsatzsteuerneutral zu behandeln (Bl. 36 1. A.). Es bestehe also insofern keine Umsatzsteuerpflicht mehr. Dies müsse entsprechend auch für die Zinsen gelten.

Die sachliche Unbilligkeit der Zinsforderung folge des weiteren daraus, daß der Kläger keinerlei Zins- oder Liquiditätsvorteil erlangt habe. Er habe sogar auf einen solchen verzichtet. Denn während er vom Käufer die Umsatzsteuer sofort erhalten hätte, hätte er selbst 15 Monate Zeit gehabt, bis eine Verzinsung seiner Umsatzsteuerschuld gegenüber dem Finanzamt eingesetzt hätte. Dem Fiskus wäre bei der letztgenannten Handhabung also ein Zinsnachteil entstanden (Bl. 4f., 37 1. A.).

Der Beklagte beantragt (Bl. 31 1. A.),

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Die Neufassung des § 1 Abs. 1a UStG sei keine Regelung eines bisher nicht geregelten Sachverhaltes, sondern eine Gesetzesänderung mit Wirkung zum 1. Januar 1994. Bis dahin seien die entsprechenden Vorgänge umsatzsteuerbar (Bl. 32).

Der Kläger hätte in Erfüllung seiner gesetzlichen Anmeldpflicht die auf den Umsatz entfallende Umsatzsteuer spätestens am 10. Mai 1989 entrichten müssen (Bl. 33).

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, beigezogenen Steuerakten des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

1. Nach § 227 AO 1977 können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Die Entscheidung über einen Erlassantrag aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur dahin geprüft werden kann, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 der Finanzgerichtsordnung –FGO–; vgl. Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 109, BStBl II 1972, 603).

Das Gericht überprüft hierbei, ob das Finanzamt die bundesrechtlichen Grundsätze über Ausübung und Grenzen des Ermessens richtig angewendet hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung massgeblich (vgl. BFH-Urteil vom 26. März 1991 VII 1 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545, 1. w.N.).

Ist die Ablehnung des Billigkeitserlasses rechtswidrig, weil die Finanzbehörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, darf da...

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