rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnerzielungsabsicht bei Vorratsgesellschaften (Immobiliengeschäft)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Einer von erfahrenen Immobilienkaufleuten auf Vorrat gegründeten Projektgesellschaft, die bei einem Grundstückserwerb eine realistische Chance auf Gewinnerzielung aufweist, kann nicht deshalb die Gewinnerzielungsabsicht versagt werden, weil die Gesellschafter eine Vielzahl solcher Gesellschaften gründen.

2. Eine sog. Projektgesellschaft hat auch dann die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht, wenn sie später aus zum Zeitpunkt ihrer Gründung nicht absehbaren Umständen keine Umsätze erzielt und deshalb liquidiert wird.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2, 3 Nr. 2, Abs. 1 S. 1 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.10.2014; Aktenzeichen IV R 34/11)

 

Tenor

Der Beklagte wird verpflichtet, unter Aufhebung des Bescheids über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagender D. für 2002 bis 2006 vom … Juli 2007 und für das Jahr 2007 vom … Mai 2008 sowie der Einspruchsentscheidung vom … August 2008 die erklärten Verluste festzustellen und erklärungsgemäß auf die Feststellungsbeteiligten zu verteilen, und zwar in Höhe von … EUR für 2002, … EUR für 2003, … EUR für 2004, … EUR für 2005, … EUR für 2006 und … EUR für 2007.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen Nichtfeststellungsbescheide des Beklagten.

Die Kläger zu 2. und 3., die schon zuvor im Immobiliengeschäft tätig gewesen waren, erwarben im Jahr 2002 von einem Anbieter von Vorratsgesellschaften die Anteile an der – anschließend umfirmierten – Klägerin zu 1. sowie die Kommanditbeteiligungen an der anschließend in D. (im Folgenden als E. bezeichnet) umfirmierten Gesellschaft. Die E. wurde am … Mai 2003 in das Handelsregister beim Amtsgericht … (HRA …) eingetragen. Die Klägerin zu 1. war als Komplementärin allein zur Geschäftsführung der Klägerin berechtigt und verpflichtet. Die im Handelsregister eingetragenen Hafteinlagen der Kläger zu 2. und 3. beliefen sich auf jeweils … EUR.

Der Gegenstand des Unternehmens bestand nach § 2 des Gesellschaftsvertrages im Erwerb von Wohn- und Geschäftshäusern und sonstigen Renditegrundstücken, in der Verwaltung und Vermietung von eigenen Wohn- und Geschäftshäusern sowie von sonstigem eigenen Grundbesitz zum Zwecke der Fruchtziehung.

Die E. erklärte in den Streitjahren folgende Verluste

Jahr

Verlust

2002

… EUR

2003

… EUR

2004

… EUR

2005

… EUR

2006

… EUR

2007

… EUR

Die Aufwendungen der E. bestanden in den Streitjahren aus Rechts-, Steuerberatungs-, Abschluss- und Prüfungskosten, Kosten des Geldverkehrs sowie aus Beiträgen. Die E. entfaltete während ihres Bestehens keine wirtschaftlichen Tätigkeiten.

Mit Eintragung vom … Juni 2007 wurde die E. im Handelsregister gelöscht.

Vergleichbare Sachverhalte lagen auch bei den F. vor, die mit identischen Gesellschaftern durch Erwerb von Vorratsgesellschaften im Jahr 2002 gegründet worden waren, keine wirtschaftlichen Aktivitäten entfalteten, durchgängig Verluste erzielten und im Jahr 2007 im Handelsregister gelöscht wurden. Hinsichtlich dieser … Schwestergesellschaften der E. sind beim Beklagten entsprechende Einspruchsverfahren anhängig, die bis zum Abschluss des hier anhängigen Verfahrens ruhen.

Beginnend im Jahr 2006 gründeten die Kläger zu 2. und zu 3. ca. 75 weitere Gesellschaften mit vergleichbarem Unternehmensgegenstand, wobei sie teilweise unter Zwischenschaltung weiterer Gesellschaften und teilweise gemeinsam mit weiteren Beteiligten handelten. Aus einer Zusammenstellung in den Akten des Beklagten (Bl. … der Feststellungsakten) ergibt sich, dass im November 2007 21 der gegründeten Gesellschaften wirtschaftlich aktiv geworden waren. Weiter ergibt sich aus den dem Senat vorliegenden Unterlagen, dass die Gesellschaften Umsätze im sechs- und teilweise auch mittleren siebenstelligen Bereich erzielten.

Mit Bescheiden vom … Juli 2007 für 2002 bis einschließlich 2006 und vom … Mai 2008 für das Jahr 2007, die den Klägern nach § 183 Abs. 2 AbgabenordnungAO – bekannt gegeben wurden, lehnte der Beklagte eine gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für die E. ab. Er begründete dies damit, dass die Gewinnerzielungsabsicht zu verneinen sei.

Dagegen richteten sich die fristgerecht beim Beklagten eingegangenen Einsprüche der Kläger, die allerdings keinen Erfolg hatten und durch Einspruchsentscheidung vom … August 2008 als unbegründet zurückgewiesen wurden.

Mit ihrer am … September 2008 bei Gericht eingegangenen Klage machen die Kläger geltend, dass die E. mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden sei. Die Kläger zu 2. und 3. seien erfahrene Kaufleute der Immobilienbranche, die wirt...

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