Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für eine in Deutschland verbotene, im Ausland durchgeführte „Eizellspende” nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Aufwendungen für eine Heilbehandlung sind u.a. nur dann als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig, wenn die Heilbehandlung von einer zur Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden ist.

2. Daran fehlt es bei der sog. Eizellspende – bei der im Ausland einer fremden Frau entnommene Eizellen mit Samen des Ehemannes der Steuerpflichtigen befruchtet werden und ein so gebildeter Embryo in die Gebärmutter der Ehefrau transferiert wird – da die Vornahme der für die Steuerpflichtige insoweit durchgeführten Maßnahmen wegen ihrer Strafbarkeit nach § 1 Embryonenschutzgesetz gerade nicht den Berufsordnungen der in Deutschland zugelassenen Ärzte entspricht. Weder der Umstand, dass in Deutschland die Vornahme der Einzelspende nur für die behandelnden Personen, nicht aber für die Empfängerin der Eizellspende strafbewehrt ist, noch der Umstand, dass bei Erfolg der vorgenommenen Maßnahmen ein von der Steuerpflichtigen geborenes Kind zivilrechtlich als Kind der Steuerpflichtigen und ihres Ehemannes anerkannt worden wäre, noch der Umstand, dass die Eizellspende in anderen EU-Staaten zulässig ist, rechtfertigt einen Steuerabzug.

 

Normenkette

EStG 2011 § 33 Abs. 1, 2 S. 1; Embryonenschutzgesetz § 1 Abs. 1, 3

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.04.2017; Aktenzeichen VI R 20/15)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob bei der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2011 Aufwendungen für eine so genannte Eizellspende als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EinkommensteuergesetzEStG – zu berücksichtigen sind.

Die Klägerin wurde im Streitjahr 2011 … Jahre alt. Sie war seit 2004 verheiratet. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie Aufwendungen für medizinische Behandlungen, Arztkosten und Medikamente in Höhe von … EUR als außergewöhnliche Belastung geltend. Diese Kosten waren ihr dadurch entstanden, dass in Spanien einer fremden Frau entnommene Eizellen mit Samen des Ehemannes der Klägerin befruchtet worden und ein so gebildeter Embryo in die Gebärmutter der Klägerin transferiert worden waren. Die Klägerin und ihr seit … von ihr getrennt lebender Ehemann hätten sich damit, wie vorgetragen, einen gemeinsamen Kinderwunsch erfüllen wollen, nachdem die Klägerin aufgrund einer früheren Krebserkrankung in ihrer Fähigkeit zu eigener Eizellenbildung stark beeinträchtigt war. Die Klägerin konnte jedoch auch nach der Eizellspende die Leibesfrucht nicht austragen.

Der Beklagte versagte die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung, weil die Vornahme einer Eizellspende, wie sie bei der Klägerin erfolgt war, in Deutschland nach § 1 Abs. 1 EmbryonenschutzgesetzESchG – unter Strafe gestellt ist. Der Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen. Nach dem Grundsatz der Einheitlichkeit der Rechtsordnung dürfe der Staat durch steuermindernde Anerkennung im Rahmen des Steuerrechts nicht eine Maßnahme fördern, die er nach den von ihm selbst aufgestellten, die ethischen Wertungen der demokratischen Mehrheit widerspiegelnden Normen des ESchG als unzulässig unter Strafe stelle.

Zur Begründung ihrer Klage macht die Klägerin geltend, nach § 1 Abs. 3 ESchG machten sich in Deutschland weder eine Frau, von der eine Eizelle entnommen werde, noch die Frau, welche die Eizelle erhalte, strafbar. Danach könne ihr allenfalls angelastet werden, an einer Handlung teilgenommen zu haben, die tatbestandsmäßig und rechtswidrig im Sinne des geltenden deutschen Embryonenschutzgesetzes gewesen wäre. Einen Rechtsverstoß oder Rechtsmissbrauch habe sie selbst jedoch nicht begangen.

Sie habe massiv unter ihrer Kinderlosigkeit gelitten. Ihr unerfüllter Kinderwunsch habe letztlich sogar zum Scheitern ihrer Ehe geführt. Was sie angestrebt habe, sei nichts anderes gewesen, als unter Einsatz ihrer verbliebenen finanziellen Mittel ihre vermeintlich letzte Chance wahrzunehmen. Der Transfer fremder, befruchteter Eizellen auf eine Empfängerin bewirke mit über 50 % Wahrscheinlichkeit eine erfolgreiche Schwangerschaft – jedoch leider nicht in ihrem Fall.

Weder die Schwangerschaft selbst noch die erhoffte Geburt des nach Eizellspende gezeugten Kindes wären nach der deutschen Rechtsordnung rechtswidrige Zustände. Sie, die Klägerin, wäre im Falle der Geburt nach § 1591 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – als Mutter des Kindes anerkannt worden, ihr Ehemann nach § 1592 Nr. 1 BGB als dessen Vater. Auch der Umstand, dass auch der deutsche Gesetzgeber im Embryonenschutzgesetz die betroffenen Frauen straffrei gestellt habe, lasse erkennen, dass er nur die Durchführung der Befruchtung mit fremden Eizellen in Deutschland habe verhindern wollen. Die Rechtswidrigkeit der Durchführung in...

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