Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine gewerblichen Einkünfte bei der Vermietung von Wohnungen im Rahmen eines betreuten Wohnens. Beschwer bei der Feststellung gewerblicher Einkünfte. keine gewerbliche Prägung einer KG bei Geschäftsführungsbefugnis der Kommanditisten

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Beschwer ist hinsichtlich der Feststellung der Einkunftsart auch dann gegeben, wenn im Streitjahr negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb festgestellt werden, da sich aufgrund des Grundsatzes des Bilanzenzusammenhangs in den Folgejahren negative Auswirkungen aus der Feststellung der Gewerblichkeit der Tätigkeit ergeben können.

2. Erträge aus der Vermietung von Wohnungen im Rahmen des sog. betreuten Wohnens sind nicht als Einnahmen aus Gewerbebetrieb sondern als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren, wenn von dem Vermieter neben der Vermietungsleistung lediglich unterstützende Leistungen für die altersadäquate Wohnungsnutzung der Mieter erbracht werden.

3. Die Bezahlung der Erschließungskosten bei der Errichtung eines Vermietungsobjekts führt nicht zu Umqualifizierung von Vermietungseinkünften in gewerbliche Einkünfte.

4. Die gesellschaftsvertraglich geregelte Geschäftsführungsbefugnis von Kommanditisten reicht aus, um eine gewerbliche Prägung einer Gesellschaft gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG auszuschließen.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 3, § 21; FGO § 40 Abs. 2

 

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 29. November 2013 und der Einspruchsentscheidung wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen 2011 vom 17. April 2015 verpflichtet, den Feststellungsbescheid für 2011 vom 21. Februar 2013 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert werden.

2. Der Beklagte wird unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung wegen gesonderter und einheitlicher Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 2012 vom 17. April 2015 verpflichtet, den Feststellungsbescheid für 2012 vom 9. April 2014 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte der Klägerin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung qualifiziert werden.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Das Urteil ist wegen der der Klägerin zu erstattenden Kosten vorläufig vollstreckbar. Betragen diese nicht mehr als 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann in diesem Fall die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des mit Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Kostenerstattungsbetrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Übersteigt der Kostenerstattungsanspruch den Betrag von 1.500 EUR, ist das Urteil wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des mit dem Kostenfestsetzungsbeschluss festgesetzten Erstattungsbetrags vorläufig vollstreckbar.

5. Die Beiziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

6. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Einkünfte der Klägerin (Klin) aus der Vermietung von Wohnungen im Rahmen eines sog. Betreuten Wohnens als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren sind.

Die Klin – eine GmbH & Co. KG – wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 4. Februar 2011 gegründet und am 4. März 2011 in das Handelsregister beim Amtsgericht Y unter HRA 11… eingetragen. Persönlich haftende Gesellschafterin (Komplementärin) der Klin ist die Y-Gesellschaft mbH. Ihr Gesellschaftsbeitrag besteht in der Geschäftsführung für die Klin und in der Übernahme der persönlichen Haftung. Sie ist am Vermögen der Klin nicht beteiligt. Kommanditisten der Klin mit Kommanditeinlagen von jeweils 200.000 EUR sind

  • A.B.,
  • dessen Ehefrau C.F.-B.,
  • D.B.-E.,
  • G.B. und
  • H.B..

Gegenstand der Gesellschaft ist nach Nr. 2.1 des Gesellschaftsvertrags der Erwerb von unbebauten und bebauten Immobilien, die Entwicklung und Sanierung, die Durchführung von Bauvorhaben im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie die Verwaltung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien und Grundstückseigentum.

Nach Nr. 4.1 des Gesellschaftsvertrags ist die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung und Vertretung der Klin berechtigt und verpflichtet. Daneben sind die Kommanditisten A.B., G.B. und H.B. jeweils einzeln geschäftsführungsbefugt.

Da die Klin beabsichtigte, in Z, I-Straße 5, eine Seniorenwohnanlage in der Form eines sog. Betreuten Wohnens („Haus K..”) zu errichten, beantragte sie im Januar 2011 bei der Stadt Z die Aufstellung eines sog. „vorhabenbezogenen Bebauungsplans” für das genannte Grundstück. Dabei verpflichtete sie sich, alle anfallenden Planungs- und Erschließungskosten zu übernehmen. Der Bebauungsplan wurde am 1. Februar 2011 entsprechend dem Antrag der Klin beschlossen.

Nach dem Erwerb des entsprechenden Grundstücks errichtete die Klin das geplante Gebäude, das 18 barrierefreie Wohneinheiten mit Flächen von 65 bis 98 qm enthält.

Mit dem so b...

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