Leitsatz

Nimmt ein volljähriges Kind an einer sog. Qualifizierungs-ABM teil, welche für die Durchführung von Bauarbeiten an einem konkreten Ort beantragt und bewilligt wurde, und wird das Kind ausschließlich für diese Maßnahme eingestellt, ist diese Tätigkeitsstätte bei der Ermittlung der Einkünfte des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG als regelmäßige Arbeitsstätte i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG anzusehen.

 

Sachverhalt

Die Beteiligten streiten über die Gewährung des Kindergeldes für den in Ausbildung befindlichen volljährigen Sohn des Klägers, welcher im Rahmen einer ABM Maßnahme seine Ausbildung als Maurer abschloss. Die Familienkasse (FK) vertritt die Auffassung, dass es sich bei den Fahrten zur Qualifizierungs-ABM Nr. 70002/99 mit der Bezeichnung "Wohnumfeldgestaltung im Feriendorf P - Qualifizierung im Bereich Baufacharbeiter" um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte handelt, welche nur mit der Entfernungspauschale anzusetzen seien, mit der Folge dass die Einkünfte und Bezüge des Sohnes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten. Der Kläger vertritt die Auffassung, dass es sich bei der Einsatzstelle des Sohnes im Feriendorf P nicht um eine regelmäßige Arbeitsstätte handele, sodass die Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen anzusetzen und Kindergeld zu gewähren sei.

 

Entscheidung

Das FG vertritt die Auffassung, dass das Feriendorf P die regelmäßige Arbeitsstätte des Sohnes war. Nach gefestigter Rechtsprechung des BFH ist als regelmäßige Arbeitsstätte der Tätigkeitsmittelpunkt eines AN anzusehen. Das ist der Ort, an dem der AN seine geschuldete Leistung zu erbringen hat. Im Regelfall ist dies der Betrieb oder eine Betriebsstätte des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, also fortdauernd und immer wieder aufsucht (BFH, Urteil v. 19.1.2012, VI R 32/11 m. w. N.).

 

Hinweis

Da das FG die Revision nicht zugelassen hatte, hat der Kläger NZB eingelegt und damit Erfolg gehabt. In dem Verfahren VI R 62/12 muss der BFH nun die Frage prüfen, ob die Fahrten zur Tätigkeitsstätte nach Dienstreisegrundsätzen oder als Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte bei der Ermittlung der Einkünfte eines Kindes zu berücksichtigen sind.

Das FG Mecklenburg-Vorpommern hat mit Beschluss v. 19.6.2012, 1 V 30/12 in konsequenter Anwendung der BFH Rechtsprechung (Urteil v. 9.2.2012, VI R 44/10), wonach es in Ausbildungs-dienstverhältnissen keine regelmäßige Arbeitsstätte gibt, entschieden, dass Fahrten zum Ausbildungsbetrieb nach Reisekostengrundsätzen zu ermitteln sind.

 

Link zur Entscheidung

Sächsisches FG, Urteil vom 25.05.2012, 6 K 316/06 (Kg)

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