Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessungsgrundlage, Fremdkapitalzinsen bei Gebäudeanschaffung, Entnahme eines Gebäudes, Selbstkostenpreis, Fremdkapitalzinsen als Teil der Bemessungsgrundlage bei einer Gebäudeentnahme

 

Leitsatz (amtlich)

Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die Besteuerungsgrundlage für die Berechnung der Mehrwertsteuer auf eine Zuordnung im Sinne von Art. 5 Abs. 7 Buchst. b dieser Richtlinie eines Gebäudes, das der Steuerpflichtige hat errichten lassen, der Einkaufspreis ‐ im Zeitpunkt dieser Zuordnung ‐ von Gebäuden ist, deren Lage, Größe und sonstige wesentliche Merkmale mit denen des fraglichen Gebäudes vergleichbar sind. In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob ein Teil dieses Einkaufspreises auf der Zahlung von Fremdkapitalzinsen während der Errichtung des Gebäudes beruht.

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Property Development Company

Property Development Company NV

Belgischer Staat

 

Verfahrensgang

Hof van Beroep te Gent (Belgien) (Beschluss vom 07.01.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 102/15)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Steuerwesen ‐ Sechste Mehrwertsteuerrichtlinie ‐ Art. 11 Teil A ‐ Zuordnung eines Gegenstands, der mit einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt ist ‐ Zuordnung eines Gebäudes zu einer mehrwertsteuerbefreiten Tätigkeit ‐ Besteuerungsgrundlage für diese Zuordnung ‐ Während der Errichtung des Gebäudes gezahlte Fremdkapitalzinsen“

In der Rechtssache C-16/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Gent (Belgien) mit Entscheidung vom 7. Januar 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Januar 2014, in dem Verfahren

Property Development Company NV

gegen

Belgische Staat

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Property Development Company NV, vertreten durch M. Vanden Broeck und S. Geluyckens, advocaten,

‐ der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,

‐ der griechischen Regierung, vertreten durch K. Paraskevopoulou und M. Skorila als Bevollmächtigte,

‐ der finnischen Regierung, vertreten durch S. Hartikainen als Bevollmächtigten,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und G. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 Teil A der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‐ Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. L 145, S. 1, und Berichtigung ABl. L 149, S. 26, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Property Development Company NV (im Folgenden: Prodeco) und dem belgischen Staat über die Mehrwertsteuer, zu der die Zuordnung eines Gebäudes zu einer Vermietungstätigkeit Anlass gegeben hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Sechste Richtlinie wurde durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1) mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben und ersetzt. In Anbetracht des für den Sachverhalt maßgeblichen Zeitpunkts gilt für den Ausgangsrechtsstreit jedoch weiterhin die Sechste Richtlinie.

Rz. 4

Art. 2 der Sechsten Richtlinie sah vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

2. die Einfuhr von Gegenständen.“

Rz. 5

Art. 4 dieser Richtlinie bestimmte:

„(1) Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine der in Absatz 2 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten selbständig und unabhängig von ihrem Ort ausübt …

(2) Die in Absatz 1 genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten sind alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden … Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt auch eine Leistung, die die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen umfasst.

…“

Rz. 6

Abschnitt V („Steuerbarer Umsatz“) der Sechsten Richtlinie umfasste die Art. 5 bis 7 dieser Richtlinie, die mit „Lieferung von Gegenständen“, „Dienstleistungen“ und „Einfuhren“ überschrieben waren.

Rz. 7

In Art. 5 der Sechsten Richtlinie hieß es:

„(1) Als Lief...

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