Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausfuhrerstattungen, Zu Unrecht gewährte Erstattung, Möglichkeit, die Erstattungsunterlagen im Rückforderungsverfahren zu vervollständigen

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Ausfuhrerstattung kann nicht als im Sinne von Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen in der durch die Verordnung (EG) Nr. 604/98 der Kommission vom 17. März 1998 geänderten Fassung „zu Unrecht gewährt“ angesehen werden, wenn der Begünstigte in einem Verfahren zur Rückforderung der Erstattung die für die Rechtfertigung seines Erstattungsanspruchs erforderlichen Beweise vorlegt. Es ist Sache der zuständigen nationalen Behörden, eine angemessene Frist zu setzen, die dem Begünstigten die Vorlage dieser Beweise ermöglicht.

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 S. 1

 

Beteiligte

Laub

Firma Laub GmbH & Co. Vieh & Fleisch Import-Export

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

 

Verfahrensgang

FG Hamburg (Beschluss vom 21.11.2005; Aktenzeichen IV 175/02; ZfZ 2006, 170)

 

Tatbestand

„Ausfuhrerstattungen ‐ Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ‐ Begriff der zu Unrecht gewährten Erstattung ‐ Zahlung der Erstattung auf der Grundlage unvollständiger Unterlagen ‐ Möglichkeit, die Erstattungsunterlagen nach Ablauf der in den Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung vorgesehenen Fristen in einem später eingeleiteten Rückforderungsverfahren zu vervollständigen“

In der Rechtssache C-428/05

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Finanzgericht Hamburg (Deutschland) mit Entscheidung vom 21. November 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Dezember 2005, in dem Verfahren

Firma Laub GmbH & Co. Vieh & Fleisch Import-Export

gegen

Hauptzollamt Hamburg-Jonas

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Juhász (Berichterstatter) sowie der Richter G. Arestis und J. Malenovský,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2007,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Firma Laub GmbH & Co. Vieh & Fleisch Import-Export, vertreten durch Rechtsanwalt O. Wenzlaff,

‐ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-C. Schieferer und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1, 47 Abs. 2 und 48 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABl. L 351, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 604/98 der Kommission vom 17. März 1998 (ABl. L 80, S. 19) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 3665/87).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Firma Laub GmbH & Co. Vieh & Fleisch Import-Export (im Folgenden: Laub) und dem Hauptzollamt Hamburg-Jonas (im Folgenden: Hauptzollamt) wegen eines Bescheids, mit dem das Hauptzollamt eine Ausfuhrerstattung zurückgefordert hat, die Laub zu Unrecht gezahlt worden sei.

Rechtlicher Rahmen

3

In den Erwägungsgründen 25 und 50 der Verordnung Nr. 3665/87 heißt es:

„Werden die Ausfuhrfristen und die Fristen zur Vorlage der für die Zahlung der Erstattung erforderlichen Unterlagen überschritten, so wird keine Erstattung gewährt. …

Aus Gründen einer ordnungsgemäßen Verwaltung sind der Antrag und alle zur Zahlung der Erstattung erforderlichen Unterlagen innerhalb einer angemessenen Frist einzureichen. Dies gilt nicht im Falle höherer Gewalt, insbesondere wenn der Beteiligte den Termin wegen Verzögerungen durch die Verwaltung, die er nicht zu vertreten hat, nicht einhalten konnte.“

4

Art. 11 Abs. 3 Unterabs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 3665/87 bestimmt:

„Unbeschadet der Verpflichtung, gemäß Absatz 1 Unterabsatz 4 einen negativen Betrag zu zahlen, wenn eine Erstattung zu Unrecht gewährt wird, zahlt der Begünstigte den zu Unrecht erhaltenen Betrag ‐ einschließlich aller nach Absatz 1 Unterabsatz 1 fälligen Sanktionen ‐ zuzüglich Zinsen für die Zeit zwischen der Gewährung der Erstattung und ihrer Rückzahlung zurück. …“

5

In Art. 47 Abs. 1, 2, 4 und 5 in Titel 4 („Verfahren für die Zahlung der Erstattung“) der Verordnung Nr. 3665/87 heißt es:

„(1) Die Erstattung wird nur auf spezifischen Antrag des Ausführers von dem Mitgliedstaat gezahlt, auf dessen Hoheitsgebiet die Ausfuhranmeldung angenommen wurde.

Der Erstattungsantrag erfolgt

a) entweder schriftlich; die Mitgliedstaaten können hierfür ein besonderes Formblatt vorsehen;

(2) Die Unterlagen für die Zahlung der Erstattung oder die Freigabe der Sicherheit sind, außer bei höherer Gewalt, innerhalb von zwölf Monaten nach dem Tag der Annahme der Ausfuhranmeldu...

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