Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerbefreiung, Finanzdienstleistung, Kreditgewährung, Kreditvermittlung, Abtretung einer Position im Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer Forderung, Abtretung einer gerichtlichen Verfahrensposition

 

Normenkette

EGRL 112/2006 Art. 135 Abs. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Paulo Nascimento Consulting – Mediação Imobiliária Lda

Autoridade Tributária e Aduaneira

 

Verfahrensgang

Supremo Tribunal Administrativo (Portugal) (Beschluss vom 08.11.2017; ABl. EU 2018 Nr. C 94/8)

 

Tenor

Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass die Steuerbefreiung, die dort für Umsätze, die die Gewährung und Vermittlung von Krediten sowie die Verwaltung von Krediten betreffen, vorgesehen ist, nicht für einen Umsatz gilt, der für den Steuerpflichtigen darin besteht, dass er gegen Entgelt alle Rechte und Pflichten aus seiner Position in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer durch gerichtliche Entscheidung anerkannten Forderung, deren Zahlung durch ein Recht an einem beschlagnahmten und dem Steuerpflichtigen zugeschlagenen Grundstück gesichert ist, an einen Dritten abtritt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Supremo Tribunal Administrativo (Oberstes Verwaltungsgericht, Portugal) mit Entscheidung vom 8. November 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Dezember 2017, in dem Verfahren

Paulo Nascimento Consulting – Mediação Imobiliária Lda

gegen

Autoridade Tributária e Aduaneira

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter L. Bay Larsen und C. Vajda (Berichterstatter),

Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Februar 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Paulo Nascimento Consulting – Mediação Imobiliária Lda, vertreten durch R. Silva Lopes und A. Coelho Martins, advogados,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und R. Campos Laires als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und B. Rechena als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 2. Mai 2019,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 135 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Paulo Nascimento Consulting – Mediação Imobiliária Lda (im Folgenden: PNC) und der Autoridade Tributária e Aduaneira (Steuer- und Zollverwaltung, Portugal) über die Mehrwertsteuer, die für die entgeltliche Abtretung der Position, die PNC in einem Verfahren zur Zwangsvollstreckung einer gerichtlich anerkannten Forderung innehatte, an einen Dritten geschuldet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Nach Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/112 unterliegen der Mehrwertsteuer „Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt”, sowie „Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt”.

Rz. 4

Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Als ‚Steuerpflichtiger’ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit’ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.”

Rz. 5

Nach Art. 14 Abs. 1 dieser Richtlinie gilt „[a]ls ‚Lieferung von Gegenständen’ … die Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen”.

Rz. 6

Nach Art. 24 Abs. 1 dieser Richtlinie gilt als „Dienstleistung” „jeder Umsatz, der keine Lieferung von Gegenständen ist”.

Rz. 7

„Eine Dienstleistung kann” nach Art. 25 Buchst. a der Richtlinie 2006/112 „unter anderem in … der … Abtretung eines nicht körperlichen Gegenstands, gleichgültig, ob in einer Urkunde verbrieft oder nicht”, bestehen.

Rz. 8

Art. 135 Abs. 1 Buchst. b und d dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten befreien folgende Umsätze von der Steuer:

b) die Gewährung und Vermittlung von Krediten und die Verwaltung von Krediten durch die Kreditgeber;

d) Umsätze – einschließlich der Vermittlung – im Einlagengeschäft und Kontokorrentverkehr, im Zahlungs- und Überweisungsverkehr, im Geschäft mit Forderungen, Schecks und anderen Handelspapieren, mit Ausnahme der Einziehung von Forderungen.”

Portugiesisches Recht

Rz. 9

Der ...

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