Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung der Gesellschafter einer OHG bei Insolvenz

 

Normenkette

InsO §§ 54, 55 Abs. 1 Nr. 1, §§ 61, 93; HGB §§ 128, 171 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Neuruppin (Urteil vom 20.09.2006; Aktenzeichen 1 O 507/04)

 

Nachgehend

BGH (Teilurteil vom 24.09.2009; Aktenzeichen IX ZR 234/07)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.9.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 1. Zivilkammer des LG Neuruppin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsrechtszuges hat der Kläger zu tragen; der Streithelfer des Klägers trägt die Kosten seiner Nebenintervention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Verwalter in dem am 31.1.2000 über das Vermögen der Firma N. & Co. (demnächst: Schuldnerin) eröffneten Insolvenzverfahren. Den Eröffnungsantrag stellte der Beklagte zu 2. am 10.11.1999. Die beiden Beklagten sind Gesellschafter der in der Rechtsform einer OHG geführten Schuldnerin. Der Kläger hat die Beklagten als Gesellschafter sowohl für die vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründeten Verbindlichkeiten als auch für die nach der Eröffnung entstandenen Massekosten und Masseverbindlichkeiten in Anspruch genommen.

Nach übereinstimmender Erledigung des Rechtsstreits in Höhe eines Betrages von 69.267,77 EUR nebst anteiliger Zinsen hat der Kläger beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn 34.998,47 EUR nebst jeweils Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 25.116,10 EUR seit dem 1.2.2000 und aus weiteren 9.482,37 EUR seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Das LG hat der Klage teilweise stattgegeben und sie insoweit abgewiesen, als der Kläger nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete Verbindlichkeiten geltend gemacht hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft hafteten nicht für sog. Neuverbindlichkeiten.

Der Kläger hat gegen das ihm am 26.9.2006 zugestellte Urteil am 20.10.2006 Berufung eingelegt und diese am 27.11.2006 (Montag) begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn über das Zuerkannte (11.543,95 EUR nebst Zinsen) hinaus weitere 9.482,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II. Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger verfolgt im Berufungsrechtszug nur noch - weitere - 9.482,37 EUR, wobei es sich um Massekosten (10.500 EUR./. 5.142,97 EUR Aktivvermögen), und um Masseschulden (4.125,34 EUR) handelt, die sich nach § 54 InsO einerseits und nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO andererseits richten. Damit ist dem Senat die Frage gestellt, ob die Beklagten als Gesellschafter der Schuldnerin gem. § 93 InsO i.V.m. § 128 HGB für Neuverbindlichkeiten einzustehen haben.

1. Im Schrifttum (Kübler/Prütting, InsO, § 93 InsO, Rz. 27 ff.; Braun, InsO, 2. Aufl., § 93 InsO, Rz. 22) wird teilweise die Ansicht vertreten, der Gesellschafter hafte für Neuverbindlichkeiten.

Als Grund wird angeführt, Neuverbindlichkeiten seien unabhängig von ihrem Entstehungsgrund Gesellschaftsschulden, für die die Gesellschafter hafteten; wolle man die Haftung ausschließen, so bedürfe dies der Begründung (Kübler/Prütting, a.a.O.). Nur für insolvenzzweckwidrig begründete Neuverbindlichkeiten, für die der Insolvenzverwalter hafte (§ 60 InsO), müsse ein Haftungsausschluss der Gesellschafter bejaht werden (Braun, a.a.O.).

Die herrschende Meinung im Schrifttum (Karsten Schmidt, ZHR 152, 105 [114]; MünchKomm/InsO, § 93 InsO, Rz. 7ff; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 93 InsO, Rz. 37; Smid, InsO, 2. Aufl., § 93 InsO, Rz. 10; Graf/Schlicker, InsO, § 93 InsO, Rz. 5; Schmidt, Hamburger Kommentar zum Insolvenzrecht, § 93 InsO, Rz. 12; Großkomm. HGB, 4. Aufl., § 128 HGB, Rz. 72; Schlegelberger, HGB, 5. Aufl., § 128 HGB, Rz. 70; Röhricht/Graf von Westpfahlen, HGB, 2. Aufl., § 128 HGB, Rz. 15) ist der Auffassung, dass eine Haftung nicht gegeben ist.

Als Gründe für einen Haftungsausschluss, der im Wege der teleologischen Reduktion des § 128 HGB gefunden werden müsse (Karsten Schmidt, ZHR 152, 105 [115]), werden die Gesichtspunkte Fremdverwaltung, Einflusslosigkeit der Gesellschafter und Verwaltung im Fremdinteresse angeführt.

3. Der Senat schließt sich der herrschenden Meinung an.

a) Aus der Vorschrift des § 93 InsO selbst kann für die Streitfrage nichts hergeleitet werden. Mit ihr wird die Befugnis zur Geltendmachung der persönlichen Haftung...

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