Rn 9

In einem zum BGH gelangten Rechtsstreit hatte der Käufer einer (nach seiner Behauptung mangelhaften) Sache u.a. auf Feststellung eines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Herausgabe des Pkw zur Insolvenztabelle[15] geklagt.[16] Der BGH wies die Klage unter Berufung auf (§ 87 i.V.m.) § 45 Satz 1 und §§ 174 ff. ab: Die InsO verlange im Interesse gleichmäßiger Befriedigung der Gläubiger, dass sich die Insolvenzforderung zur Berechnung einer Quote eigne, und schreibe deshalb in § 45 Satz 1 die Umrechnung einer nicht auf Geld gerichteten Forderung in eine Geldforderung vor. Ferner kenne die InsO in dem Feststellungs- und Verteilungsverfahren nach §§ 174 ff. keine den §§ 756, 765 ZPO entsprechende Regelung. Die Begründungen sind reichlich vordergründig bzw. formalistisch.[17] Denn zum einen war die vom Kläger geltend gemachte Forderung auf Rückzahlung des Kaufpreises auf einen Geldbetrag gerichtet, bedurfte also keiner Umrechnung in einen solchen. Nicht auf einen Geldbetrag gerichtet war nur seine Verpflichtung zur Rückgewähr der Kaufsache, von der in § 45 aber nicht die Rede ist und deren – nicht erzwingbare[18] – Erfüllung der Kläger zudem angeboten hat. Zum anderen bedarf es für die Feststellung nach § 178 Abs. 3 keiner vollstreckungsrechtlichen Regelung nach Art der §§ 756, 765 ZPO, und für die Verteilung könnte insoweit § 191 entsprechend angewandt werden.[19] In der Sache dürfte dem sehr formalistisch und in einer weiteren Argumentation[20] zudem schief begründeten Urteil des BGH die – unausgesprochene – Erwägung zugrunde liegen, es dürfe dem Verwalter keine Leistung aufgedrängt werden, die er nicht in der Masse zu haben wünscht, weil sie z.B. schwer oder nur mit Verlust zu verwerten ist – eine Erwägung, die auch im unmittelbaren Anwendungsbereich des § 103 Abs. 2 Satz 1 (früher § 26 Satz 2 KO) zu der herrschenden Meinung geführt hat, der Vertragspartner des Insolvenzschuldners dürfe seine "Forderung wegen der Nichterfüllung" nur nach der strengen Differenztheorie, nicht auch nach der Austauschtheorie berechnen.[21] Das (u.U.) massefreundliche, wenn auch nicht zwingend aus der InsO ableitbare Ergebnis für den Fall des Rücktritts wegen eines Sachmangels: Lehnt der Verwalter die Erfüllung des Rückabwicklungsverhältnisses ab (§ 103 Abs. 2 Satz 1 analog), so muss der Käufer die mangelhafte Sache trotz wirksamen Rücktritts behalten und kann als "Forderung wegen der Nichterfüllung" die Quote nur auf die Differenz zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem Wert der mangelhaften Sache verlangen.[22]

[15] Die primär erhobene Leistungsklage auf Rückzahlung des Kaufpreises als Masseschuld konnte keinen Erfolg haben, weil der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Rückgewährschuldverhältnisses analog § 103 Abs. 2 Satz 1 abgelehnt hatte (zur [analogen] Anwendung des § 103 auf Rückgewährschuldverhältnisse vgl. Goetsch, unten § 103 Rn. 57 m.w.N.).
[16] BGH KTS 2004, 135 (137) = NJW-RR 2004, 1050 (1051) = ZInsO 2003, 1138 (1140) = ZIP 2003, 2379 (2381). Dort ging es noch um Wandelung nach § 467 Fall 1 BGB a.F., aber hinsichtlich des hier interessierenden Problems ergibt sich keine Änderung durch die zwischenzeitliche Einführung eines Rücktrittsrechts nach § 437 Nr. 2 Fall 1 BGB n.F. Das Ergebnis des BGH in dieser Frage hat im Schrifttum viel Beifall erhalten, so von Becker, DZWIR 2004, 202 (205); Holzer, EWiR § 45 InsO 1/04, S. 191 (192); H.-F. Müller, LMK 2004, 79; Soehring, WuB VI C. § 103 InsO 1.04.
[17] Gleiches gilt für die zur Unterstützung des BGH nachgereichte Begründung von Becker (DZWIR 2004, 202 [205]), die Insolvenztabelle weise keine Zug-um-Zug-Zusammenhänge aus.
[18] Erzwingbar durch den Insolvenzverwalter wäre die Verpflichtung nur, wenn der Verwalter Erfüllung des Rückabwicklungsschuldverhältnisses gewählt hätte (analog § 103 Abs. 1). Es geht hier nur um die Frage, ob der Vertragspartner diese Leistung freiwillig anbieten und dann seine Forderung wegen der Nichterfüllung des Abwicklungsverhältnisses nach der Austauschtheorie berechnen darf.
[19] So für vergleichbare Fälle auch Marotzke, Rn. 5.62, 5.63; vgl. auch schon v. Olshausen, MDR 1975, 969 (974 bei Fn. 74).
[20] Es geht um die Aussage, "die von der Revision geforderte rechtliche Gestaltungsmöglichkeit, auch Zug-um-Zug-Leistungen zur Insolvenztabelle anmelden zu können, gäbe dem Gläubiger entgegen § 45, § 174 Abs. 2 InsO das insolvenzfeste Recht, den Kaufvertrag gegen den Willen des Insolvenzverwalters – wenn auch hinsichtlich des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs auf die Quote beschränkt – rückabzuwickeln." Ein "insolvenzfestes" Recht, das "hinsichtlich des Kaufpreisrückzahlungsanspruchs auf die Quote beschränkt" ist, ist ein Widerspruch in sich.
[21] MünchKomm-Huber, § 103 Rn. 191 (in gewissem Widerspruch zu § 103 Rn. 139); Uhlenbruck-Berscheid, § 103 Rn. 87; Jaeger-Henckel, KO, § 17 Rn. 173 (in gewissem Widerspruch zu § 17 Rn. 90); Henckel, ZZP 99 (1986), 419 (431 f.); Feldhaus, JZ 1956, 313; weitere Nachweise bei Marotzke, Rn. 5.40 Fn....

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