Gesetzestext

 

(1) 1Hat der Schuldner nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über einen Gegenstand der Insolvenzmasse verfügt, so ist diese Verfügung unwirksam. 2Unberührt bleiben die §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an eingetragenen Schiffen und Schiffsbauwerken und §§ 16, 17 des Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen. 3Dem anderen Teil ist die Gegenleistung aus der Insolvenzmasse zurückzugewähren, soweit die Masse durch sie bereichert ist.

(2) 1Für eine Verfügung über künftige Forderungen auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis des Schuldners oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge gilt Absatz 1 auch insoweit, als die Bezüge für die Zeit nach der Beendigung des Insolvenzverfahrens betroffen sind. 2Das Recht des Schuldners zur Abtretung dieser Bezüge an einen Treuhänder mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger bleibt unberührt.

(3) 1Hat der Schuldner am Tag der Eröffnung des Verfahrens verfügt, so wird vermutet, dass er nach der Eröffnung verfügt hat. 2Eine Verfügung des Schuldners über Finanzsicherheiten im Sinne des § 1 Abs. 17 des Kreditwesengesetzes nach der Eröffnung ist, unbeschadet der §§ 129 bis 147, wirksam, wenn sie am Tag der Eröffnung erfolgt und der andere Teil nachweist, dass er die Eröffnung des Verfahrens weder kannte noch kennen musste.

Bisherige gesetzliche Regelungen: § 7 KO, § 62 VerlO – § 92 RegE, § 87 RefE

1. Allgemeines

 

Rn 1

In enger Anlehnung an § 7 KO regelt die Vorschrift die Unwirksamkeit von Verfügungen des Schuldners über die Insolvenzmasse nach Verfahrenseröffnung sowie die dabei geltenden Ausnahmen. Ebenso wie mit der konkursrechtlichen Vorschrift soll damit das Ziel verfolgt werden, den Insolvenzgläubigern die mit Verfahrenseröffnung beschlagnahmte Insolvenzmasse weitgehend unbeeinträchtigt zu erhalten. Dabei haben die Verfasser die Formulierung gegenüber § 7 KO geändert ("Verfügung unwirksam" statt "Rechtshandlungen … den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam"), hiermit aber keine Änderung in der Sache, sondern nur eine Verbesserung der Formulierung beabsichtigt. Ob die Formulierungsverbesserung gelungen ist, erscheint allerdings zweifelhaft (vgl. Rn. 4).

Wie bisher gibt es einen Gutglaubensschutz hinsichtlich der Verfügungsbefugnis nur bei Verfügungen des Insolvenzschuldners über Grundstücksrechte und diesen gleichgestellte Rechte, nicht aber bei Verfügungen über bewegliche Sachen und sonstige Rechte (vgl. aber noch § 82).

Des Weiteren enthält die Vorschrift eine Anpassung an die mit § 35 vorgenommene Ausweitung des Begriffs der Insolvenzmasse sowie an die neu eingeführten Instrumentarien des Insolvenzplans und der Restschuldbefreiung, indem Verfügungen über künftige Bezüge aus einem Dienstverhältnis auch für die Zeit nach Verfahrensbeendigung der Unwirksamkeitsfolge nach Abs. 1 unterworfen werden.

Die Vorschrift gilt über die Verweisung in § 24 Abs. 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 2 auch im Eröffnungsverfahren und wird ergänzt durch die Vorschriften der §§ 32, 33, 82, 89, 91 und 147.

2. Verfügungsverbot nach Abs. 1

 

Rn 2

Komplementär zu § 80, wonach mit Verfahrenseröffnung das Verfügungsrecht des Schuldners über das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen auf den Insolvenzverwalter übergeht, regelt Abs. 1 das rechtliche Schicksal von Verfügungen des Schuldners, die trotz des Verlusts seiner Verfügungsbefugnis über Massegegenstände vorgenommen wurden. Damit soll der in § 80 angeordnete Rechtsübergang sichergestellt und zugunsten der Verfahrensbeteiligten einer Masseschmälerung durch den Schuldner weitgehend vorgebeugt werden.

2.1 Voraussetzungen des Abs. 1 Satz 1

 

Rn 3

Die Vorschrift gilt nach ihrem Wortlaut nur für Verfügungen des Insolvenzschuldners, d.h. für Rechtsgeschäfte, die darauf gerichtet sind, auf ein bestehendes Recht unmittelbar einzuwirken, nämlich es zu übertragen, mit einem Recht zu belasten, inhaltlich zu ändern oder aufzuheben.[1] Darunter fallen sowohl sachenrechtliche als auch schuldrechtliche Verfügungsgeschäfte und die Ausübung von Gestaltungsrechten. Beispiele sind die Übereignung beweglicher und unbeweglicher Sachen, der Erlass (§ 397 BGB) oder die Abtretung (§ 398 BGB) einer Forderung, die befreiende Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB) auf Seiten des Gläubigers, die Bestellung eines Grundpfandrechts, die Verpfändung einer beweglichen Sache oder einer Forderung, die Anfechtung (§ 143 BGB), der Rücktritt (§ 349 BGB), die Aufrechnung (§ 388 BGB), die Ausübung eines Kündigungs- oder Widerrufsrechts und die Ausdehnung eines Eigentumsvorbehalts (§ 449 BGB) auf weitere Forderungen des Verkäufers.[2]

 

Rn 4

Hinsichtlich sonstiger Rechtshandlungen des Insolvenzschuldners meinten die Verfasser der InsO, deren Wirkungslosigkeit gegenüber der Masse folge schon aus § 38 und § 91, so dass es des weiten Begriffs der "Rechtshandlungen", wie er noch von § 7 Abs. 1 KO verwendet wurde, nicht bedürfe.[3] Das trifft zwar in den meisten Fällen zu, insbesondere bei vom Insolvenzschuldner nach Verfahrenseröffnung eingegangenen Verpflichtungsgeschäften. Da der Insolvenzschuldner nach § 80 nicht auch seine Geschäfts...

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