Rn 77

Trotz erheblicher Bedeutung für die frühzeitige Einflussnahme der Gläubiger auf das Insolvenzeröffnungsverfahren steht den Verfahrensbeteiligten wegen § 6 Abs. 1 Satz 1 kein Rechtsmittel gegen die gerichtlichen Entscheidungen nach dieser Vorschrift zu. Dies gilt sowohl für ein Absehen von der Einsetzung eines obligatorischen vorläufigen Ausschusses nach Abs. 1 trotz Vorliegen der Voraussetzungen, als auch für die ermessensfehlerhafte Ablehnung eines Antrages nach Abs. 2 oder Annahme eines Ausschlussgrundes nach Abs. 3. Damit soll eine möglichst zügige Gläubigermitwirkung ohne verzögernde Rechtsmittel erreicht werden.

Die Entscheidung des Gesetzgebers ist hinzunehmen und begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da Art. 19 Abs. 4 GG keinen Anspruch auf einen Instanzenzug gewährleistet.[133]

Die Einführung einer Rechtsmittelmöglichkeit ist de lege ferenda nicht erforderlich. Das Risiko rechtswidriger gerichtlicher Entscheidungen kann durch eine frühzeitige Kommunikation der Beteiligten mit dem Gericht reduziert werden. Selbst wenn einzelne Gerichte aus eigenen rechtspolitischen Erwägungen entgegen den gesetzgeberischen Intentionen die Einsetzung vorläufiger Gläubigerausschüsse rechtswidrig verweigern würden,[134] könnte eine Beschwerdemöglichkeit dagegen nur wenig ausreichten. Aufgrund des Eilcharakters des Eröffnungsverfahrens hat das Gericht zahlreiche Möglichkeiten einen "obstruktiven" Antragsteller zu maßregeln. Gerade bei den neuen verfahrensrechtlichen Möglichkeiten des ESUG führt letztlich nur eine offene und von gegenseitigem Respekt geprägte Kommunikation und Kooperation zu einem reibungslosen Verfahrensablauf (s. o. Rdn. 70).

Ansonsten bleibt den Beteiligten nur eine Gegenvorstellung, eine Neuwahl des vorläufigen Verwalters nach § 56 a Abs. 3, falls der vorläufige Ausschuss wenigstens später noch eingesetzt wird, und schließlich eine Amtshaftung des Insolvenzrichters. Bei Letzterer dürfte es sich mit Ausnahme besonders krasser Fälle allerdings um eine rein hypothetische Möglichkeit handeln, denn ein Amtshaftungsanspruch setzt einen Schaden der Verfahrensbeteiligten voraus, der sich aus einem Vergleich zum alternativen Verfahrensverlauf mit vorläufigem Gläubigerausschuss regelmäßig kaum darlegen und beweisen lässt.

[133] LG Dessau-Roßlau Beschl. v. 02.05.2012, 1 T 116/12 (mit umfangreichen Nachweisen) – verfügbar über Juris.
[134] Zur Fragwürdigkeit dieses Befunds: Beth, ZInsO 2013, 769.

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