Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen von gewillkürtem Betriebsvermögen

 

Leitsatz (NV)

Ist ein Wirtschaftsgut objektiv geeignet, einem Gewerbebetrieb zu dienen, so ist es Betriebsvermögen, wenn es der Gewerbetreibende subjektiv dazu bestimmt, dem Betrieb zu dienen. Eine solche Bestimmung kann regelmäßig angenommen werden, wenn das Wirtschaftsgut in den Bilanzen als Betriebsvermögen ausgewiesen wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, § 5

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Altenheim. 1987 erwarb sie ein in unmittelbarer Nähe des Altenheims belegenes, mit einem Fachwerkhaus bebautes Grundstück für 110000 DM. Sie beantragte eine Baugenehmigung für den Umbau dieses Hauses zu einem Einfamilienhaus mit Büro. Dabei erklärte sie u.a., die Nutzung des zweigeschossigen Wohnhausteiles bleibe unverändert, das Erdgeschoß werde als Büro, das gesamte Dachgeschoß als Wohnraum genutzt. Die Stadt genehmigte den Umbau mit der Maßgabe, daß die Wohn- und Schlafräume nicht zu gewerblichen Zwecken (Pflege- und Altenwohnung) genutzt werden dürften.

Im weiteren Verlauf des Jahres 1987 erwarb die Klägerin diverse Einrichtungsgegenstände (z.T. Antiquitäten, u.a. eine Theke, Schränke, Polstergarnituren, ein Klavier, Tisch und Stühle). Im Jahre 1989 verkaufte sie das Grundstück, nach eigenen Angaben aus finanziellen Gründen; für den Umbau seien mehr als 500000 DM aufgewendet worden.

Abgesehen von einem Büroraum, dessen Nutzung streitig ist, hat die Klägerin das Fachwerkhaus tatsächlich nicht für das Altenheim genutzt. Sie macht jedoch geltend, eine solche Nutzung sei geplant gewesen. In ihrer Gewinnermittlung setzte sie deshalb Abschreibungen für die Einrichtungsgegenstände (Ausstattung Bürohaus) mit ... DM als Betriebsausgaben an. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah demgegenüber den Nachweis für die Zugehörigkeit des Fachwerkhauses zum Betriebsvermögen als nicht erbracht an. Die geltend gemachten Absetzungen für Abnutzung (AfA) wurden dementsprechend bei der Einkommensteuerveranlagung nicht als Betriebsausgaben berücksichtigt.

Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Auch das Finanzgericht (FG) erachtete die Zugehörigkeit des Fachwerkhauses und dessen Einrichtungsgegenstände zum Betriebsvermögen der Klägerin nicht als nachgewiesen. Die diesbezüglichen Behauptungen der Klägerin widersprächen ihren den Baubehörden gegenüber gemachten Erklärungen.

Die Entscheidung des FG erging am 15. Januar 1992 ohne mündliche Verhandlung. Die Klägerin hatte hierauf in der Klagebegründung im Mai 1991 verzichtet. Am 18. November 1991 hatte das FG bei der Stadt die Bauakten angefordert, nach deren Übersendung die Klägerin am 10. Dezember 1991 Akteneinsicht nahm. Weiterer Schriftwechsel erfolgte danach nicht mehr.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin mangelnde Sachverhaltsaufklärung sowie Verletzung von § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die AfA auf die Einrichtungsgegenstände sind dann als Betriebsausgaben abzuziehen, wenn sie betrieblich veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Betrieblich veranlaßt wären sie dann, wenn die Gegenstände im Betriebsvermögen der Klägerin gehalten würden. Das FG hat dies sowohl für das Gebäude als auch die Einrichtungsgegenstände verneint. Seine den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) tatsächlichen Feststellungen tragen die Entscheidung jedoch nicht.

Ein Wirtschaftsgut kann dann zum Betriebsvermögen gehören, wenn es objektiv geeignet ist, dem Betrieb des Gewerbetreibenden zu dienen und diesen zu fördern bzw. in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb steht, und wenn es vom Eigentümer subjektiv dazu bestimmt ist, dem Betrieb zu dienen und diesen in bestimmter Weise zu fördern. Die objektive Eignung hat der Bundesfinanzhof (BFH) für ein neben dem Betrieb belegenes, angrenzendes Grundstück jedenfalls dann bejaht, wenn eine unmittelbare betriebliche Nutzung als eine von verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten konkret in Betracht kommt (Urteile vom 11. Oktober 1979 IV R 125/76, BFHE 129, 40, BStBl II 1980, 40; vom 21. Juli 1982 I R 97/78, BFHE 136, 393, BStBl II 1983, 288; vom 19. März 1981 IV R 39/78, BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731). Die subjektive Bestimmung (Widmung) ist hiernach regelmäßig anzunehmen, wenn das Grundstück in der Bilanz als Betriebsvermögen ausgewiesen wird und wenn die mit dem Grundstück verbundenen Aufwendungen als betrieblicher Aufwand behandelt werden. Dies gilt selbst dann, wenn der Grundstückseigentümer die innere Absicht hat, das Grundstück privat zu nutzen. Denn bei einem Widerspruch zwischen dem äußerlich erkennbaren Verhalten einerseits und einem wirklichen oder behaupteten Willen andererseits muß sich der Grundstückseigentümer an dem objektiven Erklärungswert eines äußerlich erkennbaren Verhaltens festhalten lassen (vgl. auch § 116 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -; BFH-Urteil in BFHE 133, 513, BStBl II 1981, 731).

Im Streitfall hat das FG festgestellt, daß das Grundstück in unmittelbarer Nähe des Altenheims lag. Es hat weiterhin festgestellt, daß der geplante Zuschnitt und die Ausstattung der Räume sowohl die behauptete betriebliche als auch eine privte Nutzung als möglich erscheinen ließen. Die objektive Eignung sowohl des Grundstücks als auch der Einrichtungsgegenstände, dem Gewerbebetrieb der Klägerin zu dienen, war sonach gegeben, ohne daß es weiterer Aufklärungsmaßnahmen durch das FG bedurft hätte. Der Rüge mangelnder Sachverhaltsaufklärung braucht nicht weiter nachgegangen zu werden.

Allerdings ist das FG davon ausgegangen, es fehle an der subjektiven Bestimmung des Grundstücks und der Einrichtungsgegenstände zu Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens. Aus der bilanziellen Behandlung von Grundstück und Einrichtung, dem Abzug der Vorsteuern aus den Umbaurechnungen und der Aufwendungen als Betriebsausgaben ließen sich keine Rückschlüsse ziehen, weil um die Richtigkeit dieser Handhabung gerade gestritten werde. Insofern lägen keine objektiven Anhaltspunkte für die betriebliche Widmung vor, sondern bloße Behauptungen der Klägerin, die unglaubwürdig seien. Dem ist nicht zu folgen. Vielmehr wird durch die steuerliche Behandlung des Grundstücks und der Einrichtungsgegenstände in eindeutiger Weise nach außen dokumentiert, daß es in der Absicht der Klägerin lag, das Gebäude zu betrieblichen Zwecken zu nutzen. Ob der Umstand, daß sie den Baubehörden gegenüber gegenteilige Äußerungen gemacht hat, daran etwas zu ändern vermag, hängt davon ab, aus welchen Gründen dies geschehen ist. Sollten sie lediglich gemacht worden sein, um baurechtlichen Voraussetzungen zu genügen, muß dies der tatsächlichen betrieblichen Nutzung nicht widersprechen (zur bloß indiziellen Wirkung von abweichenden Erklärungen gegenüber anderen als den Finanzbehörden s. auch BFH-Urteile vom 13. Dezember 1985 VI R 190/82, BFHE 145, 549, BStBl II 1986, 486; vom 12. Juni 1991 III R 106/87, BFHE 164, 396, BStBl II 1991, 806). Das FG hätte deshalb der Frage, ob diese Äußerungen - und nicht die (spätere) steuerliche Behandlung - den wahren Absichten der Klägerin entsprachen, nachgehen müssen. Es konnte sich nicht damit begnügen, auf den - sich aus den beigezogenen Bauakten ergebenden - Widerspruch abzustellen und den für die Frage der betrieblichen Veranlassung in der Regel ausschlaggebenden buchmäßigen Ausweis des Grundstücks und der Einrichtungsgegenstände als unmaßgeblich ansehen.

Das Urteil des FG war aufzuheben. Die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können. Dabei wird auch zu klären sein, in welcher Weise die fraglichen Einrichtungsgegenstände in dem Gebäude konkret verwendet worden sind, insbesondere, welchen Räumen und Zwekken sie zugeordnet wurden. Zu klären ist weiterhin, ob die Klägerin die Möbelstücke bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns im Jahre 1989 einbezogen hat. Da es sich - jedenfalls teilweise - um Antiquitäten handelte, wird im übrigen wegen der AfA auf die BFH-Urteile vom 2. Dezember 1977 III R 58/75 (BFHE 124, 172, BStBl II 1978, 164) und vom 31. Januar 1986 VI R 78/82 (BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355) hingewiesen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 64574

BFH/NV 1994, 472

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