Entscheidungsstichwort (Thema)

Zuwendung an ausländische gemeinnützige Einrichtung

 

Leitsatz (NV)

§ 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 in der bis zum StÄndG 1992 geltenden Fassung des ErbStG erfaßt in erster Linie Sachverhalte, bei denen die Zuwendung mit der Auflage versehen ist, zugunsten bestimmter Zwecke verwendet zu werden. Von der Erbschaftsteuer befreit sind nach der genannten Vorschrift aber auch Zuwendungen an eine Institution, deren Aufgabe es ist, einen der in § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG begünstigten Zwecke zu verfolgen. Die genannte Vorschrift hat auch Zuwendungen an ausländische kirchliche, gemeinnützige und mildtätige Einrichtungen begünstigt (Hinweis auf BFH-Beschluß vom 29. 11. 1995 II B 103/95, BFHE 179, 160, BStBl II 1996, 102).

 

Normenkette

ErbStG 1974 i.d.F. des StÄndG 1992 § 13 Abs. 1 Nr. 17

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Durch Verfügung von Todes wegen hatte der zuletzt in X (Inland) lebende und dort 1985 verstorbene Erblasser u. a. folgendes bestimmt: "Das Nationalmuseum in Stockholm hat das Recht in dem Umfang, in dem das Nationalmuseum dies wünscht, die (in näher bezeichneten Wohnungen) befindlichen Kunstgegenstände und Antiquitäten zu entnehmen."

Aufgrund dieses Vermächtnisses erhielt das Schwedische Nationalmuseum in Stockholm Gemälde und andere Kunstgegenstände im Wert von ... DM aus dem Nachlaß des Erblassers.

Das Schwedische Nationalmuseum in Stockholm ist ein zweckgebundenes Sondervermögen des Königreichs Schweden (Kläger und Revisionsbeklagter -- Kläger --). Es hat die Aufgabe, die Kunst und das Interesse an Kunst und Kunstgeschichte zu fördern.

Durch Steuerbescheid vom 19. Oktober 1989 setzte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) für den genannten Erwerb Erbschaftsteuer fest. Der Einspruch, mit dem der Kläger geltend machte, daß der Erwerb nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) 1974 von der Erbschaftsteuer freigestellt sei, hatte keinen Erfolg. Auf die Klage hob das Finanzgericht (FG) die Einspruchsentscheidung vom 13. November 1991 sowie den Erbschaftsteuerbescheid vom 19. Oktober 1989 auf. Die Zuwendung des Erblassers an das Schwedische Nationalmuseum in Stockholm sei nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 steuerfrei, weil sie ausschließlich gemeinnützigen Zwecken i. S. dieser Vorschrift gewidmet gewesen sei. Diese Zweckwidmung durch den Erblasser ergebe sich aus der Bestimmung des Schwedischen Nationalmuseums als Begünstigten, dessen Aufgabe es sei, die Kunst sowie das Interesse an der Kunst und an der Kunstgeschichte zu fördern und dazu u. a. die Kunstsammlungen im Nationalmuseum für Schöne Künste und für die Malereien und Skulpturen des 20. Jahrhunderts und im Museum für Moderne Kunst zu betreiben; damit verfolge das Schwedische Nationalmuseum gemeinnützige Zwecke, wie sie in § 52 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) beschrieben seien. Auch die Verwendung der dem Schwedischen Nationalmuseum aufgrund des Vermächtnisses zugefallenen Kunstgegenstände zu dem gemeinnützigen Zweck sei gesichert; dies werde auch vom FA nicht bestritten. Damit sei aber der Tatbestand des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 erfüllt. Der Auffassung des FA, daß diese Vorschrift nur für Zweckvermögen als verselbständigte Steuerobjekte (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG 1974) in Betracht komme, könne sich das FG nicht anschließen. Das Urteil des FG ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 679 veröffentlicht.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974. Der Tatbestand dieser Vorschrift sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -- BFH -- (Urteile vom 24. November 1976 II R 99/67, BFHE 120, 553, BStBl II 1977, 213, und vom 3. August 1983 II R 20/80, BFHE 139, 298, BStBl II 1984, 9) und nach ganz herrschender Literaturmeinung an eine Zweckzuwendung i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG 1974 geknüpft. Da -- anders als § 13 Abs. 1 Nr. 15 und Nr. 16 ErbStG 1974 -- nicht der Erwerber, sondern die Zuwendung für sich das von § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 betroffene Steuersubjekt sei, könne das von der Steuer befreite Schuldverhältnis nur in der Person des Beschwerten (§ 20 Abs. 1 ErbStG 1974) begründet sein, dessen Verpflichtung aus der Zweckwidmung und zur Zweckverwendung die erbschaftsteuerrechtliche Bereicherung darstelle (§ 10 Abs. 1 Satz 3 ErbStG 1974). Aus dem Zusammenhang dieser Vorschriften ergebe sich also eindeutig, daß § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 Zweckzuwendungen betreffe. Da die genannte Vorschrift die (Zweck-)Zuwendung begünstige und nicht einen bestimmten Erwerber, dürfe die mit der Zweckwidmung oder Zweckauflage beschwerte (ausländische) gemeinnützige Institution lediglich die Rechtsstellung eines verwaltenden Treuhänders (Mittelsperson) erlangen. Nur auf diese Weise würde die notwendige Abgrenzung zu § 13 Abs. 1 Nr. 15 und Nr. 16 ErbStG 1974 erreicht. Die vom FG gefundene Auslegung lasse im übrigen den aus § 13 Abs. 1 Nr. 15 und Nr. 16 ErbStG 1974 eindeutig erkennbaren Willen des Gesetzgebers nahezu unberücksichtigt, Zuwendungen an ausländische Gebietskörperschaften und für ausländische gemeinnützige Institutionen nur dann von der Steuer freizustellen, wenn der ausländische Staat die gleiche Begünstigung gewähre (Gegenseitigkeitsprinzip).

Das FA beantragt, die Entscheidung des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision das FA als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist unbegründet. Die Vorentscheidung hält der revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

1. Mit zutreffenden Gründen ist das FG zu dem Schluß gekommen, daß der Erwerb des Klägers aufgrund des dem Schwedischen Nationalmuseum in Stockholm ausgesetzten Vermächtnisses als Zuwendung, die ausschließlich gemeinnützigen Zwecken gewidmet ist, nach § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 steuerfrei ist. Insbesondere ist die Würdigung des FG nicht zu beanstanden, daß der Erblasser die Widmung zu gemeinnützigen Zwecken dadurch hinreichend zum Ausdruck gebracht hat, daß er die Kunstgegenstände ausdrücklich für das Schwedische Nationalmuseum in Stockholm bestimmt hat, weil diese Institution gemeinnützigen Zwecken diene, und daß die Verwendung der Kunstgegenstände zu diesen Zwecken gesichert sei. Denn aus der Anordnung des Erblassers, daß eine bestimmte Einrichtung, deren Ziele ihm bekannt waren, begünstigt sein solle, ergibt sich einerseits die erforderliche Zweckwidmung, andererseits kann die Verwendung zu dem begünstigten Zweck als gesichert angesehen werden, wenn, wie im Streitfall, der Empfänger bzw. die begünstigte Einrichtung Gewähr dafür bietet, daß die Zuwendung bestimmungsgemäß verwendet wird (BFH-Beschluß vom 29. November 1995 II B 103/95, BFHE 179, 160, BStBl II 1996, 102). Das FA hat insoweit weder Zweifel geäußert noch hat es gegen die tatsächlichen Grundlagen dieser Würdigung des FG zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

2. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das FG die Auffassung des FA abgelehnt, der Anwendungsbereich des § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 sei auf Zweckzuwendungen beschränkt; die Steuerbefreiung könne im Streitfall daher nicht gewährt werden, weil der Kläger bzw. das Sondervermögen Schwedisches Nationalmuseum Empfänger der Zuwendung sei und nicht lediglich die Stellung eines Verwalters oder Treuhänders habe.

Nach der genannten Vorschrift bleiben steuerfrei Zuwendungen, die ausschließlich kirchlichen, gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken gewidmet sind, sofern die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist. Nach dem schlichten Wortsinn bedeutet dies, daß die Zuwendung dem begünstigten Zweck gewidmet, ihm also zugeeignet sein muß. Diese Voraussetzung ist -- auch -- erfüllt, wenn, wie im Streitfall, die vermachten Gegenstände einer Institution zukommen sollen, deren Aufgabe es ist, einen der begünstigten Zwecke, im Streitfall gemeinnützige Zwecke, zu verfolgen (vgl. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO 1977), denn auch in diesem Fall widmet der Zuwendende die Zuwendung dem begünstigten Zweck. Auch wenn, worauf die Formulierung hinweist, durch § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 in erster Linie Sachverhalte erfaßt werden sollten, bei denen -- wie bei Zweckzuwendungen i. S. des § 8 ErbStG 1974 -- die Zuwendung mit der Auflage versehen ist, zugunsten bestimmter Zwecke verwendet zu werden, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht hierauf beschränkt. Soweit sich aus den vom FA genannten BFH-Urteilen in BFHE 120, 553, BStBl II 1977, 213 und in BFHE 139, 298, BStBl II 1984, 9 etwas anderes ergibt, folgt ihm der erkennende Senat nicht. Bereits im Beschluß in BFHE 179, 160, BStBl II 1996, 102 ist der Senat davon ausgegangen, daß § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 bis zum Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 sowohl auf Zuwendungen an ausländische kirchliche, gemeinnützige und mildtätige Einrichtungen als auch auf Zweckzuwendungen und Zuwendungen unter Auflage angewendet werden konnte. Es führt daher zum gleichen Ergebnis, wenn -- anders als in der Vorentscheidung -- nicht das Schwedische Nationalmuseum in Stockholm als Empfänger der Zuwendung angesehen, sondern davon ausgegangen wird, daß ein Erwerb des Klägers verbunden mit der Auflage vorliegt, die erworbenen Gegenstände dem Nationalmuseum zu übertragen. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist im übrigen kein Grund dafür ersichtlich, daß im Streitfall eine Steuerbefreiung, wie das FA meint, nur dann in Betracht käme, wenn der Erblasser das Nationalmuseum in Stockholm als Treuhänder oder Verwalter damit betraut hätte, mit den vermachten Kunstgegenständen gemeinnützige Zwecke zu fördern, daß die Steuerbefreiung aber nicht zu gewähren sei, weil das Nationalmuseum Stockholm bzw. der Kläger als Eigentümer mit Hilfe der vermachten Kunstgegenstände diesen Zweck verfolgt.

Für die vom FA vertretene Auffassung spricht auch nicht, daß in § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 im Gegensatz zu § 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG 1974 kein bestimmter Erwerber genannt ist. Der Grund für die unterschiedlichen Fassungen ergibt sich, wie das FG zu Recht ausgeführt hat, daraus, daß sich bei den in Nr. 16 erwähnten Empfängern die Verwendung zu den begünstigten Zwecken bereits aus der Person des Empfängers ergibt, während dies bei anderen Empfängern anhand der Umstände des Einzelfalles geprüft werden muß. Aus § 13 Abs. 1 Nr. 17 ErbStG 1974 läßt sich schließlich auch nicht entnehmen, daß ausländische Empfänger nicht oder nur bei Gegenseitigkeit begünstigt sein sollen. Den vom FA angestellten Vermutungen über einen entsprechenden gesetzgeberischen Willen braucht nicht nachgegangen zu werden, weil er sich im Gesetz in der für den Streitfall gültigen Fassung nicht niedergeschlagen hat.

 

Fundstellen

BFH/NV 1997, 231

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