Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten

 

Leitsatz (NV)

Die Beiordnung eines zur Vertretung vor dem BFH befugten Prozeßbevollmächtigten durch das Prozeßgericht setzt gemäß §78 b Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. §155 FGO voraus, daß der Verfahrensbeteiligte, der für sich die Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten beantragt, keinen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer findet und die Rechtsverfolgung nicht aussichtslos erscheint. Die erste Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der betreffende Beteiligte glaubhaft gemacht hat, daß er mehrere Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat.

 

Normenkette

FGO § 155; ZPO § 78b Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Mit Gerichtsbescheid vom 23. Januar 1997 hat das Finanzgericht (FG) ohne mündliche Verhandlung die Klage der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) -- einer GmbH -- abgewiesen. Die Revision hat es nicht zugelassen. Der Gerichtsbescheid wurde dem Geschäftsführer der Klägerin am 12. Februar 1997 zugestellt. Am 11. März 1997 hat der Geschäftsführer der Klägerin, Herr W, für die Klägerin gegen die Entscheidung Revision eingelegt, "da die getroffene Entscheidung nach Art, Inhalt, Zuständigkeit und Verfahren nach der Rechtsprechung des BFH überhaupt nicht vorgesehen" sei. Zur Begründung hat die Klägerin u. a. vorgetragen, sie habe sich nicht mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Entscheidung des FG aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Außerdem hat sie mit Schriftsatz vom 16. Juli 1997 beantragt, ihr einen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen und die Kosten gemäß ihrer Aufrechnungserklärung vom 16. April 1997 der Staatskasse beim Bundesfinanzhof (BFH) aufzubürden.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision war als unzulässig zu verwerfen (§126 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

Gemäß Art. 1 Nr. 1 Sätze 1 und 3 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1975 -- BFHEntlG -- (BGBl I 1975, 1861, BStBl I 1975, 932) i. d. F. des Gesetzes vom 26. November 1996 (BGBl I 1996, 1810, BStBl I 1996, 1522) muß sich jeder Beteiligte, der keine juristische Person des öffentlichen Rechts oder Behörde ist, vor dem BFH durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigter vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Revision (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Prozeßhandlungen eines nicht ordnungsgemäß vertretenen Beteiligten, der nicht selbst Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ist, sind unwirksam und führen zur Unzulässigkeit des durch die Prozeßhandlung eingelegten Rechtsmittels (s. BFH-Beschluß vom 9. April 1986 II B 56/86, BFH/NV 1987, 316; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl. 1997, §62 Rz. 76 f.).

Die Klägerin hat sich bei der Einlegung der Revision von Herrn W, der kein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer ist, vertreten lassen. Das Rechtsmittel erfüllt daher nicht die Voraussetzungen des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG.

Der Antrag der Klägerin, ihr einen Prozeßbevollmächtigten zu bestellen, war abzulehnen.

Die Beiordnung eines zur Vertretung vor dem BFH befugten Prozeßbevollmächtigten durch das Prozeßgericht setzt gemäß §78 b Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung i. V. m. §155 FGO voraus, daß der Verfahrensbeteiligte, der für sich die Beiordnung eines Prozeßbevollmächtigten beantragt, keinen zu seiner Vertretung bereiten Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer findet und die Rechtsverfolgung nicht aussichtslos erscheint. Die erste Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der betreffende Beteiligte glaubhaft gemacht hat, daß er mehrere Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (s. BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1994 X S 9/94, BFH/NV 1995, 422; Gräber/Koch, a. a. O., §62 Rz. 92). Daran fehlt es im Streitfall. Zudem ist die Rechtsverfolgung aussichtslos, da die Beschwerde unheilbar unzulässig ist (s. oben 2., und Senatsbeschluß vom 26. Juli 1994 I B 45/94, BFH/NV 1995, 247).

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen (§135 Abs. 2 FGO). Diese Kostenentscheidung ergibt sich zwingend aus dem Gesetz. Über Aufrechnungen gegenüber Kostenansprüchen der Staatskasse ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66733

BFH/NV 1998, 194

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