Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Abzug von Unterhalt bei Anspruch auf Kindergeld für Auslandskind

 

Leitsatz (NV)

Das Abzugsverbot für Unterhaltsleistungen bei Anspruch auf Kindergeld (§ 33a Abs. 1 Satz 1 EStG) greift auch dann ein, wenn Kindergeld nach niederländischem Recht gewährt wird. Es gilt auch dann, wenn der nichtkindergeldberechtigte Elternteil für den Unterhalt des beim anderen Elternteil in den Niederlanden lebenden Kindes aufkommt.

 

Normenkette

EStG § 33a Abs. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 25.09.1992; Aktenzeichen 1 BvR 310/89)

 

Tatbestand

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist in zweiter Ehe verheiratet und wurde mit seiner Ehefrau in den Streitjahren 1977, 1978 und 1980 zusammenveranlagt. Aus seiner ersten Ehe hat er zwei Kinder, die bei ihrer Mutter in den Niederlanden wohnen. Diesen Kindern gewährte der Kläger in den Streitjahren Unterhalt, und zwar 1977 . . . DM, 1978 . . . DM und 1980 . . . DM. Die Mutter der Kinder erhält für sie Kindergeld nach niederländischem Recht.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) versagte - auch im Einspruchsverfahren - den Abzug der Unterhaltsleistungen des Klägers an seine Kinder.

Mit der Klage hielt der Kläger an seinem Begehren fest, die Aufwendungen für den Unterhalt seiner Kinder gemäß § 33a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Hilfsweise beantragte er, den Haushaltsfreibetrag gemäß § 32 Abs. 3 EStG in der jeweiligen gesetzlichen Höhe zu gewähren; ganz hilfsweise stellte er den Antrag, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) darüber herbeizuführen, ob § 33a Abs. 1 EStG mit dem Grundgesetz (GG) vereinbar sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es führte aus: Die Steuerermäßigung des § 33a Abs. 1 EStG scheide im Streitfall aus, weil das der Ehefrau des Klägers nach niederländischem Recht gewährte Kindergeld eine andere Leistung für Kinder i. S. von § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) darstelle. Die Berücksichtigung eines Haushaltsfreibetrags gemäß § 32 Abs. 3 EStG komme nicht in Betracht, da der Kläger in den Streitjahren mit seiner zweiten Ehefrau zusammenveranlagt worden und in den Genuß des Splitting-Tarifs gekommen sei. Eine Vorlage der Streitsache an das BVerfG sei nicht geboten. Die Abgeltung der Unterhaltsleistungen an Kinder durch das Kindergeld sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (vgl. z. B. Beschluß vom 26. Juni 1987 III B 32/85, BFHE 150, 156, BStBl II 1987, 713) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Es sei verfassungsrechtlich auch unbedenklich, daß die Gewährung des Haushaltsfreibetrags für die Zeit nach der zweiten Eheschließung entfalle. Dem stehe nicht entgegen, daß dem Kläger und seiner zweiten Ehefrau für den Zeitraum vor ihrer Eheschließung je ein Haushaltsfreibetrag zugestanden habe. Die Anwendung des Splitting-Tarifs bringe dem Kläger eine steuerliche Entlastung. Im übrigen sei zu berücksichtigen, daß in den Streitjahren - im Gegensatz zu der Zeit vor der zweiten Eheschließung - nicht mehr zwei Haushalte geführt worden seien.

Das FG hat die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen.

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde, die der Kläger auf grundsätzliche Bedeutung, Divergenz der Vorentscheidung zur Rechtsprechung des BFH und des BVerfG sowie auf Verfahrensfehler stützt.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, ist nicht begründet.

1. Der Streitsache kommt grundsätzliche Bedeutung nicht zu.

a) Der erkennende Senat hat mit Beschluß vom 26. Juni 1987 III B 32/85 (BFHE 150, 156, BStBl II 1987, 713) entschieden, daß die auch vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG insoweit gegen die Art. 6 und 3 GG verstoße, als die Steuerermäßigung für zwangsläufige Aufwendungen zum Unterhalt und zu einer etwaigen Berufsausbildung von Personen ausgeschlossen ist, für die im Veranlagungszeitraum der Steuerpflichtige oder eine andere Person Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG oder auf andere Leistungen für Kinder (§ 8 Abs. 1 BKGG) hat, nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist. Bei dem dem Beschluß in BFHE 150, 156, BStBl II 1987, 713 zugrunde liegenden Sachverhalt hatten die seinerzeitigen Kläger zwar Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG. Für die Kinder des Klägers wird dagegen Kindergeld nach niederländischem Recht gewährt. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG kommt indes anderen Leistungen für Kinder gemäß § 8 Abs. 1 BKGG - im Streitfall Leistungen gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 BKGG - die gleiche Abgeltungswirkung zu wie dem nach dem BKGG gewährten Kindergeld. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann von einer Entscheidung des Streitfalls durch den BFH eine Fortentwicklung des Rechts nicht erwartet werden.

b) Darüber hinaus hat der erkennende Senat durch Beschluß vom 22. April 1988 III B 73/87 (BFHE 153, 143, BStBl II 1988, 612) entschieden, daß die Frage nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, ob das Abzugsverbot für Unterhaltsleistungen bei Anspruch auf Kindergeld auch dann nicht gegen Verfassungsrecht verstößt, wenn der nichtkindergeldberechtigte geschiedene Elternteil für den Kindesunterhalt aufkommt. Nach Auffassung des erkennenden Senats reicht es aus, daß der Elternteil, bei dem die Kinder nicht leben, mittelbar - durch die Berücksichtigung der Kindergeldzahlungen bei der Bemessung der Höhe seiner Unterhaltsleistungen - entlastet wird. Auch dieser Gesichtspunkt gilt unabhängig davon, ob der andere Elternteil Kindergeld nach dem BKGG oder andere Leistungen für Kinder (§ 8 Abs. 1 BKGG) erhält.

2. Unbeschadet der Frage, ob der Kläger eine Divergenz der Vorentscheidung zu dem Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom 3. Juni 1987 III R 49/86 (BFHE 150, 41, BStBl II 1987, 629) i. S. von § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bezeichnet hat (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344) ist jedenfalls die vom Kläger behauptete Divergenz nicht gegeben. In dem Vorlagebeschluß in BFHE 150, 41, BStBl II 1987, 629 ging es um die Frage, ob der Abzug von Unterhaltsleistungen eines Ehegatten an den von ihm nicht dauernd getrennt lebenden, nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen anderen Ehegatten gemäß § 33a Abs. 1 EStG zu versagen ist, obwohl die Minderung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Unterhaltzahlenden in keiner Weise berücksichtigt wird. Im Gegensatz hierzu gelten jedoch die üblichen Aufwendungen der Eltern für Unterhalt und Berufsausbildung ihrer Kinder durch das Kindergeld bzw. durch die anderen Leistungen für Kinder i. S. von § 8 Abs. 1 BKGG gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG als abgegolten. Die Einschränkung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit durch die Unterhaltsleistungen an kindergeldberechtigte Kinder ist also, wenn auch insoweit nicht auf steuerlichem Gebiet, jedenfalls zum Teil berücksichtigt. Dies verkennt der Kläger, wenn er einzelne Passagen des Vorlagebeschlusses in BFHE 150, 41, BStBl II 1987, 629 zur Begründung der von ihm behaupteten Divergenz wörtlich zitiert.

3. Der Kläger hat mit seinen Einwendungen gegen die Versagung eines Haushaltsfreibetrags i. S. von § 32 Abs. 3 EStG keinen Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) bezeichnet i. S. von § 115 Abs. 3 FGO. Insoweit handelt es sich bei den Ausführungen des Klägers um Einwendungen gegen materielles Recht und nicht um die Geltendmachung eines error in procedendo.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416200

BFH/NV 1990, 689

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