Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozeßvollmacht; Widerruf

 

Leitsatz (NV)

Erklären die Kläger gegenüber dem FG, sie beabsichtigten nicht, Klage zu erheben, so kann darin der Widerruf einer möglicherweise zunächst erteilten Vollmacht liegen.

 

Normenkette

FGO § 62

 

Verfahrensgang

FG Nürnberg

 

Tatbestand

Der Steuerberater A hatte im Namen der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) Klage gegen den Feststellungsbescheid 1982 einer Bauherrengemeinschaft erhoben. Zum Nachweis ihrer Vertretungsbefugnis legten sie eine von der B-AG, der Treuhänderin der Bauherrengemeinschaft, unterzeichnete Vollmacht vor. Das Finanzgericht (FG) sah diese Vollmacht als nicht ausreichend an und forderte die Steuerberater unter Fristsetzung auf, Vollmacht für die Kläger vorzulegen. Die Kläger erklärten daraufhin, sie hätten nicht beabsichtigt, gegen den Feststellungsbescheid Klage zu erheben, und hätten Steuerberater A nicht bevollmächtigt. Das FG wies die Anfechtungsklage mangels Vollmacht als unzulässig ab. Es ließ dahinstehen, ob die Vollmacht im Treuhandvertrag eine Prozeßvollmacht umfasse. Die Kläger hätten jedenfalls eindeutig erklärt, ein Klageverfahren nicht betreiben zu wollen. Dies sei dem Klägervertreter auch bekannt gewesen, weil er selbst davon ausgehe, daß ein Erfolg der Klage für die Kläger nachteilig sei. Das FG hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, der das FG nicht abgeholfen hat, trägt Steuerberater A vor, die Revision sei zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Außerdem lägen Verfahrensmängel vor. Zum Nachweis der Bevollmächtigung legt er eine auf ihn lautende Vollmacht der Treuhänderin, die mit den Klägern geschlossenen Treuhandverträge sowie die von der Treuhänderin im Namen der Kläger abgeschlossenen Steuerberatungsverträge vor.

Er beantragt, die Revision zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig, weil sie von Steuerberater A ohne Prozeßvollmacht erhoben wurde. Die von der Treuhänderin erteilte Vollmacht genügt nicht. Es fehlt die schriftliche Vollmacht der Kläger, mit der diese die Treuhänderin bevollmächtigen, in ihrem Namen Rechtsmittel einzulegen. Der Senat braucht nicht abschließend zu entscheiden, ob die Treuhänderin zunächst aufgrund des Treuhandvertrages und der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmacht berechtigt war, Steuerberater A zur Führung des vorliegenden Verfahrens zu bevollmächtigten. Die Bevollmächtigung ist jedenfalls erloschen. Denn die Kläger haben auf die Aufforderung des FG, Vollmacht vorzulegen, erklärt, sie hätten dem Steuerberater A keine Vollmacht erteilt und seien an der Durchführung des Klageverfahrens nicht interessiert. Diese Erklärungen sind als Kündigung eines möglicherweise bestehenden Vollmachtsvertrages und Widerruf der Vollmacht auszulegen. Die Kläger haben, wie das FG zutreffend entschieden hat, mit diesen Erklärungen eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß sie ein Klageverfahren nicht durchführen und sich nicht von dem als Prozeßbevollmächtigten aufgetretenen Steuerberater vertreten lassen wollen. Die Kläger konnten einen eventuell bestehenden Vollmachtsvertrag jederzeit kündigen und die Vollmacht widerrufen. Mit dem Zugang des Widerrufs beim FG ist eine möglicherweise vorher bestehende Prozeßvollmacht diesem gegenüber erloschen (§ 87 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung i. V. m. § 155 der Finanzgerichtsordnung - FGO -; vgl. Zöller, Zivilprozeßordnung, 15. Aufl., § 87 Anm. I; Gräber /Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 62 Anm. 69).

Steuerberater A ist danach auch nicht bevollmächtigt, die vorliegende Nichtzulassungsbeschwerde im Namen der Kläger einzulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten des Verfahrens waren Steuerberater A aufzuerlegen, weil er als vollmachtloser Vertreter die Erfolglosigkeit der Beschwerde veranlaßt hat (BFH-Beschlüsse vom 10. November 1966 V R 46/66, BFHE 87, 1, BStBl III 1967, 5, und vom 22. Mai 1979 VII B 10 /79, BFHE 128, 24, BStBl II 1979, 564).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416999

BFH/NV 1990, 788

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