(1) Bei Sachen, die sich im Gewahrsam (in der tatsächlichen Gewalt) des Vollstreckungsschuldners befinden, hat der Vollziehungsbeamte nicht zu prüfen, ob sie zum Vermögen des Vollstreckungsschuldners gehören.

 

(2) Bei den im Besitz eines Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen gilt zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers nur der Vollstreckungsschuldner oder die Vollstreckungsschuldnerin, unbeschadet der Rechte Dritter, für die Durchführung der Vollstreckung als Gewahrsamsinhaber und Besitzer, es sei denn, die Ehegatten leben getrennt und die Sachen befinden sich im Besitz des Ehegatten, der nicht Vollstreckungsschuldner ist. Inhaberpapiere und Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind, stehen den beweglichen Sachen gleich. Bei den ausschließlich zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmten Sachen gilt für die Durchführung der Vollstreckung, unbeschadet der Rechte Dritter, nur der Ehegatte zu Gunsten des Vollstreckungsgläubigers als Gewahrsamsinhaber und Besitzer, für dessen Gebrauch sie bestimmt sind. Die Sätze 1 bis 3 gelten für Lebenspartner im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes entsprechend.

 

(3) Gewahrsam kann der Vollstreckungsschuldner unter Umständen auch an Sachen haben, die sich in den Räumen eines Dritten befinden. Beispiel: Der Untermieter, gegen den sich die Vollstreckung richtet, verwahrt einen Teil seiner Sachen, die er in dem ihm vermieteten Zimmer nicht unterbringen kann, in anderen Räumen des Vermieters. In solchen Fällen ist der Vollziehungsbeamte auch berechtigt, die Räume des Dritten zur Durchführung der Vollstreckung zu betreten. Abschnitt 28 gilt entsprechend. Sachen, die der gesetzliche Vertreter des Vollstreckungsschuldners für diesen im Gewahrsam hat, sind so zu behandeln, als ob sie sich im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners befänden.

 

(4) Hausangestellte, Gewerbegehilfen und andere Personen in ähnlich abhängiger Stellung, zum Beispiel Kellner, erlangen als Besitzdiener keinen Gewahrsam an Sachen, die ihnen von dem Dienstherrn überlassen worden sind. Der Vollziehungsbeamte darf solche Sachen auch gegen den Willen des Besitzdieners auf Grund eines Vollstreckungsauftrags gegen den Dienstherrn pfänden. Abschnitt 28 ist zu beachten. Den Widerstand des Besitzdieners kann der Vollziehungsbeamte mit Gewalt brechen (Abschnitt 30).

 

(5) Von der Vollstreckung in Sachen, die sich im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners befinden, soll sich der Vollziehungsbeamte in der Regel nicht dadurch abhalten lassen, dass geltend gemacht wird, einem Dritten stehe an der Sache ein die Veräußerung hinderndes Recht zu oder es bestehe ein Veräußerungsverbot zu Gunsten eines Dritten. Findet jedoch der Vollziehungsbeamte im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners Sachen, die nach den besonderen Umständen des Falls, insbesondere nach den Geschäftsgebräuchen, zweifellos nicht dem Vollstreckungsschuldner gehören, zum Beispiel dem Handwerker zur Reparatur, dem Frachtführer zum Transport oder dem Pfandleiher zum Pfand übergebene Sachen; als Eigentum eines Dritten gekennzeichnetes Leergut; Filmkopien bei einem Lichtspielhausbesitzer; Klagewechsel in den Akten eines Rechtsanwalts, so hat der Vollziehungsbeamte von der Pfändung dieser Sachen abzusehen.

 

(6) Der Pfändung unterliegen auch diejenigen beweglichen Sachen des Vollstreckungsschuldners, die sich im Gewahrsam der Vollstreckungsbehörde oder eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. Eine im gemeinsamen Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners und eines Dritten befindliche Sache kann nur mit Zustimmung des Dritten gepfändet werden. Die Erklärung des Dritten, dass er zur Herausgabe bereit sei (der Pfändung zustimme), muss unbedingt sein, wenn nicht die Bedingungen von allen Beteiligten angenommen werden. Die Erklärung muss auch ergeben, dass der Dritte mit der Verwertung der Sache einverstanden ist. Nach der Pfändung kann die Erklärung nicht mehr wirksam widerrufen werden.

 

(7) Soll nicht in das Vermögen des Vollstreckungsschuldners vollstreckt werden, sondern in ein von ihm verwaltetes fremdes Vermögen, zum Beispiel in den von einem Testamentsvollstrecker verwalteten Nachlass, so reicht die Feststellung, dass sich pfändbare Sachen im Gewahrsam des Vollstreckungsschuldners befinden, als Voraussetzung für deren Pfändung nicht aus. Der Vollziehungsbeamte hat vielmehr in diesen Fällen auch zu prüfen, ob die Sachen zu dem der Vollstreckung unterworfenen Vermögen gehören, das in dem Vollstreckungsauftrag besonders bezeichnet ist.

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