Rz. 82

§ 90 Abs. 3 S. 2 AO erstreckt die Dokumentationspflicht auf die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine dem Grundsatz des Fremdvergleichs beachtende Vereinbarung von Preisen und anderen Geschäftsbedingungen mit den Nahestehenden (Angemessenheitsdokumentation). Hierbei sind allerdings nur die tatsächlich verwirklichten Geschäftsbeziehungen, nicht jedoch die Sollbeziehungen aufzuzeichnen. Ohne dass hiermit eine Änderung der bisherigen Vorgaben verbunden wäre, enthält nunmehr § 90 Abs. 3 S. 2 AO die ausdrücklich geregelte Verpflichtung zur Erstellung einer Angemessenheitsdokumentation.[1]

Die Angemessenheitsdokumentation muss das ernsthafte Bemühen des Unternehmens belegen, eine dem Fremdvergleich standhaltende Verrechnungspreisfindung unternommen zu haben. Hierzu sind Ausführungen aufzunehmen, die dem Adressaten der Dokumentation das Verständnis der Aufzeichnungen erleichtert.[2] Dieses "ernsthafte Bemühen" kann zum einen aus der Qualität der Aufzeichnungen abgelesen werden. Zum anderen kann als Indiz hierfür die Beachtung des zeitlichen Aspekts herangezogen werden, wenn die Dokumentation innerhalb einer angemessenen Frist erstellt worden ist. Verstreicht zwischen der Verwirklichung des zu dokumentierenden Geschäftsvorfalls und seiner Beschreibung eine nicht unerhebliche Frist, liegt die Vermutung nahe, dass nicht realitätsgerechte Annahmen zugrunde gelegt wurden.[3]

 

Rz. 83

Auskunft über den konkreten Umfang der zur Erfüllung der Dokumentationspflicht erforderlichen Aufzeichnungen geben §§ 1 Abs. 3 Satz 4, 4 Abs. 1 Nr. 4 GAufzV sowie Rz. 3.4.10 und 3.4.12 der Verwaltungsgrundsätze-Verfahren.[4] Danach ist zunächst eine Unternehmenscharakterisierung vorzunehmen. Das BMF-Schreiben (a. a. O. Rz. 3.4.10.2) unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen Unternehmen, die lediglich Routinefunktionen ausüben, sog. Strategieträgern (d. h. Unternehmen, die über die zur Durchführung von Geschäften wesentlichen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter verfügen, die für den Unternehmenserfolg entscheidenden Funktionen ausüben und die wesentlichen Risiken tragen) und sog. Hybrid- oder Mittelunternehmen.[5] Die Zuordnung erfolgt anhand der Umstände des Einzelfalls. Die Zuordnungsentscheidung, die durch das Unternehmen aus der Sachverhaltsdokumentation herzuleiten ist, gibt Ausschluss darüber, welche externen Vergleichsdaten (hierzu Rz. 86) und welche Standardmethode zur Ermittlung eines angemessenen Verrechnungspreises (hierzu Rz. 84) angewendet werden können. Grundlage der Einordnung sollen neben der von § 1 Abs. 3 Satz 4 GAufzV vorgesehenen quantitativen Darstellung der ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten wesentlichen Vermögenswerte nach § 2 Abs. 1 Sätze 3 und 4 GAufzV die subjektiven Einschätzungen zur Vornahme einer Gewichtung für Verrechnungspreiszwecke sein. Gegen diesen Ansatz richtet sich vereinzelt Kritik, da nicht in allen Fällen verläßliche Indikatoren für eine fundierte quantitative Beitragsanalyse zu finden sind.[6] Aus diesem Grund wird man auch andere Erkenntnisquellen, wie z. B. Interviews mit qualifizierten Unternehmensvertretern, zulassen müssen. Offen bleibt zudem, wie die Gewichtung der einzubeziehenden Belange zueinander zu erfolgen hat.[7] Regelmäßig durch die Finanzbehörden akzeptiert wird offenbar eine Gewichtung anhand der Kosten bzw. anhand von Wertansätzen der eingesetzten Vermögenswerte.[8]

 

Rz. 84

§ 4 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. f GAufzV verlangt im Rahmen der Verrechnungspreisanalyse eine Dokumentation der angewandten Verrechnungspreismethode. Nach Rz. 3.4.10.3 des BMF-Schreibens stehen für die Bildung eines steuerlichen Verrechnungspreises die sog. Standardmethoden (Preisvergleichs-, Wiederverkaufspreis- und Kostenaufschlagsmethode) zur Verfügung. Die Verwendung der jeweils auf den Geschäftsvorfall bezogenen Nettomargenmethode oder Gewinnaufteilungsmethode soll nur unter bestimmten Voraussetzungen[9] zulässig sein, während die Gewinnvergleichsmethode mangels fremdvergleichskonformer Ergebnisse generell keine Anerkennung finden darf.[10] Der Stpfl. hat anzugeben, weshalb er die angewandte Methode hinsichtlich der Art seiner Geschäfte und der sonstigen Verhältnisse für geeignet hält. Der Zeitpunkt der Feststellung der Angemessenheit der Verrechnungspreise ist ebenfalls festzuhalten.[11] Welche Auswirkungen diese Vorgabe auf die Verrechnungspreisfindung hat, ist indes zweifelhaft.[12] Der nach dem Wortlaut der GAufzV naheliegende "price-setting"-Ansatz, nach dem bereits zum Zeitpunkt der Preissetzung, also im Vorhinein über die anzuwendende Methode Klarheit herrschen müsse und daher einen erheblichen Mehraufwand beim Unternehmen bedeutete, sei zugunsten eines ex-post-bezogenen, sog. Outcome-testing-Ansatzes, abzulehnen. Bei diesem wird im Nachhinein die Einhaltung fremdüblicher Bandbreiten bei den tatsächlich realisierten Verrechnungspreisen untersucht.[13] Für diese Sichtweise spricht, dass die nationale Umsetzung in § 4 Abs. 3 S. 5 GAufzV bewusst von den Empfeh...

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