Rz. 52

§ 364b AO schreibt keine bestimmte Dauer der Frist vor. Auch von der Festlegung einer Mindestfrist hat der Gesetzgeber bewusst Abstand genommen, um es der Finanzbehörde zu ermöglichen, eine "entsprechend angemessene" Frist zu setzen.[1]

 

Rz. 53

Damit liegt auch die Bestimmung der Fristdauer im Ermessen der Finanzbehörde.[2] Die Finanzbehörde hat sich bei ihrer Entscheidung an den Umständen des konkreten Einzelfalls zu orientieren und diese sämtlich zu würdigen. Bei der Bemessung der Fristdauer ist der erforderliche Zeitaufwand zugrunde zu legen, den der Einspruchsführer haben dürfte, um die angeforderte Mitwirkungshandlung vorzunehmen. Dabei sind insbesondere der Umfang der Mitwirkungshandlung und die Schwierigkeit, sie zu erfüllen, zu berücksichtigen.[3]

In der Literatur wird eine Frist von weniger als einem Monat regelmäßig als unangemessen angesehen.[4] Die – nicht sehr zahlreiche – Rechtsprechung hat kürzere Fristen ebenfalls als zu kurz und damit als rechtswidrig angesehen.[5] Der Anwendungserlass zur Abgabenordnung[6] schreibt der Finanzverwaltung vor, dass die Frist "mindestens einen Monat" betragen "soll".

Eine kürzere Frist wird regelmäßig auch nicht erforderlich sein. Allerdings kann Seer[7] und Bartone[8] darin gefolgt werden, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch eine Frist von weniger als einem Monat angemessen sein kann, etwa wenn der Einsprüchsführer bereits wiederholt zu der gleichen Mitwirkungshandlung aufgefordert worden ist und in keiner Weise reagiert hat.

 

Rz. 54

Für die einzelnen Mitwirkungshandlungen können unterschiedliche Fristen gesetzt werden.[9]

Rz. 55–57 einstweilen frei

[1] So ausdrücklich BT-Drs. 12/7427, 37.
[3] Birkenfeld, in HHSp, AO/FGO, § 364b AO Rz. 75.
[4] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 364b Rz. 22; Birkenfeld, in HHSp, AO/FGO, § 364b AO, Rz. 77; Klein/Rätke, AO, 16. Aufl. 2022, § 364b Rz. 12; Dißars, in Zugmaier/Nöcker, AO, 1. Aufl. 2022, § 364b AO Rz. 10; ebenso wohl Szymczak, in Koch/Scholtz, AO, 5. Aufl. 1996, § 364b Rz. 7; Lieber, Präklusion im Steuerverfahren, 1997, 109; Tiedchen, BB 1996, 1033.
[5] FG Brandenburg v. 27.11.1977, 5 K 118/97 U, EFG 1998, 435: 15 Tage; FG Brandenburg v. 13.8.1997, 2 K 848/97 F, EFG 1997, 1284: 3 Wochen; wohl auch FG Köln v. 9.2.2012, 15 K 3613/11, EFG 2012, 1231.
[7] In Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364b AO Rz. 23.
[8] In Gosch, AO/FGO, § 364b AO Rz. 27.
[9] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 364b AO Rz. 10.

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