1 Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorgängerregelung fand sich in § 356 RAO.[1] Die entsprechende Bestimmung für das zivilprozessuale Vollstreckungsrecht findet sich in § 824 ZPO.[2] Die Vorschrift knüpft an § 294 AO an, der die Pfändung von ungetrennten Früchten regelt.[3] § 304 AO versetzt die Vollstreckungsbehörde in die Lage, die Versteigerung der nach § 294 AO gepfändeten Früchte zu betreiben. Gleichzeitig soll die Bestimmung die Verwertung der gepfändeten Früchte vor der Reife verhindern.[4]

[1] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 304 AO Rz. 1.
[2] Herget, in Zöller, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 824 ZPO Rz. 1ff.
[4] Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 304 Rz. 2.

2 Versteigerung von Früchten

 

Rz. 2

§ 304 S. 1 AO bestimmt, dass nach § 294 AO gepfändete Früchte, die vom Boden noch nicht getrennt sind, erst nach dem Eintritt der Reife versteigert werden dürfen. § 304 S. 2 AO führt ergänzend hierzu aus, dass eine Ernte zu erfolgen hat, wenn die Reife erreicht ist und bis zu diesem Zeitpunkt keine Versteigerung erfolgt. Nach dem Wortlaut der Bestimmung steht es damit im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, ob die Versteigerung nach dem Eintritt der Reife oder aber erst nach dem Abernten erfolgt. Die Behörde wird sich dabei danach zu richten haben, wann der bestmögliche Versteigerungserlös zu erzielen ist.

 

Rz. 3

Hinsichtlich der Frage, ob die Reife bereits eingetreten ist, ist abzustellen darauf, wann Früchte dieser Art üblicherweise geerntet werden.[1] Wirkliche Reife ist dann nicht als erforderlich anzusehen, wenn die gepfändeten Früchte üblicherweise unreif geerntet werden. Die Vollstreckungsbehörde hat sich für die Frage der Reife erforderlichenfalls an einen Gutachter zu wenden.[2] Hierbei ist zu beachten, dass ein Sachverständiger dann eingeschaltet werden sollte, wenn der Wert der gepfändeten Sache mehr als 1.000 EUR beträgt.[3]

 

Rz. 4

Die Kosten der Ernte vor der Versteigerung sind Vollstreckungskosten.[4] Diese sind daher vom Vollstreckungsschuldner zu tragen.[5] Das Pfandrecht, das an den ungetrennten Früchten durch die Pfändung entstanden ist, erlischt durch die Ernte nicht, sondern bleibt an den geernteten Früchten erhalten.[6]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 304 AO Rz. 1; a. A. Klein/Werth, AO, 15. Aufl. 2020, § 304 Rz. 2, die auf die tatsächliche Reife abstellt.
[4] Vgl. § 344 Abs. 1 Nr. 6 AO; zum Sonderfall, dass der Vollstreckungsschuldner die Ernte durchführt, s. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 304 AO Rz. 3.
[5] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 304 AO Rz. 3.
[6] Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 304 AO Rz. 11.

3 Verstoß gegen die Bestimmung

 

Rz. 5

Ein Verstoß gegen die Bestimmung, also etwa insbesondere eine zu frühe Versteigerung der Früchte, hat nicht die Nichtigkeit der Versteigerung zur Folge.[1] Der Verstoß kann aber dazu führen, dass Schadensersatzansprüche nach § 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG bestehen.[2]

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 304 AO Rz. 1; Müller-Eiselt, in HHSp, AO/FGO, § 304 AO Rz. 12.
[2] S. allgemein Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. 2020, § 839 BGB Rz. 2ff.

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