Rz. 25

Die fiktive Empfangsvollmacht des § 183 Abs. 1 AO gilt nach Abs. 2 S. 2 in den Fällen des § 183 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO als beständig, also wenn ein Feststellungsbeteiligter aus der Personenvereinigung ausgeschieden ist oder ernstliche Meinungsverschiedenheiten bestehen. Dies ergibt sich aus dem klaren und unzweideutigen Wortlaut des Gesetzes.[1] Wenn ein Feststellungsbeteiligter ausgeschieden ist oder das Vertrauensverhältnis zwischen den Feststellungsbeteiligten gestört ist, muss damit nicht auch das Vertrauensverhältnis zu dem fiktiven Empfangsbevollmächtigten gestört sein. Will ein Feststellungsbeteiligter die Bekanntgabe an den Empfangsbevollmächtigten ausschließen, muss er der Bekanntgabe an den Empfangsbevollmächtigten widersprechen.[2] Dies muss gegenüber der für die Bekanntgabe zuständigen Finanzbehörde geschehen. Der Widerspruch kann schriftlich oder mündlich, durch ausdrückliches oder konkludentes Handeln erfolgen, notwendig ist aber immer, dass gegenüber der Finanzbehörde hinreichend bestimmt und für diese erkennbar zum Ausdruck gebracht wird, dass die Empfangsvollmacht nicht mehr gelten soll.[3] Die Mitteilung, dass ein Feststellungsbeteiligter aus der Personenvereinigung ausgeschieden ist, reicht m. E. für einen Widerruf der fiktiven Bekanntgabevollmacht nicht aus, da damit nicht notwendig eine Störung des Vertrauensverhältnisses zu dem Empfangsbevollmächtigten verbunden ist.[4] Der Widerspruch muss durch den Feststellungsbeteiligten erfolgen. Die Personenvereinigung als Empfangsbevollmächtigte kann nicht widersprechen.

 

Rz. 26

Unterliegt ein Grundstück der Zwangsverwaltung und ist diese in einer gesonderten Feststellung zu erfassen, kann von der Bekanntgabeerleichterung des § 183 Abs. 1 S. 2, 3 AO kein Gebrauch gemacht werden. Der Feststellungsbescheid ist dem Stpfl. und dem Zwangsverwalter bekanntzugeben, wobei in dem Bescheid, der dem Zwangsverwalter bekanntzugeben ist, nur die auf der Zwangsverwaltung beruhenden Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen sind.[5]

 

Rz. 27

Widerspricht ein Feststellungsbeteiligter der Bekanntgabe, wird dieser Widerruf der Finanzbehörde gegenüber erst wirksam, wenn er dieser zugeht. Dies entspricht der Regelung des § 80 Abs. 1 S. 3 AO.[6] § 183 Abs. 2 S. 3 AO ist daher überflüssig.

[2] Schneider, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 80 AO Rz. 40.
[4] Im Ergebnis wie hier BFH v. 7.2.1995, IX R 3/93, BStBl II 1995, 357, BFH/NV 1995, 41 zu § 6 der VO zu § 180 Abs. 2 AO; AEAO zu § 122 AO Rz. 2.5.5. S. 4 i. V. m. S. 1 Buchst. a; von BFH v. 20.9.2022, VIII B 65/21, BFH/NV 2022, 1281, Rz. 10, 11 als mögliche Auslegung bezeichnet; a. A. Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 183 AO Rz. 26; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 183 AO Rz. 177; a.  A. wohl auch in einem obiter dictum BFH v. 14.12.1978, IV R 221/78, BStBl II 1979, 503.

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