Rz. 239

Die verstärkte Bestandskraft greift unabhängig davon ein, ob die durch sie verhinderte Änderung der Steuerfestsetzung zugunsten des Stpfl. oder zu seinen Lasten wirken würde. Abs. 2 soll also nicht nur den Stpfl. vor Steuernachforderungen nach Abschluss einer Außenprüfung schützen, sondern soll Rechtsfrieden nach allen Seiten herstellen. Der Rechtsfrieden würde auch gestört, wenn der Stpfl. eine Änderung der Steuerfestsetzung zu seinen Gunsten nach Abschluss einer Außenprüfung verlangen würde. Auch für ihn ist die Außenprüfung die umfassende und abschließende Prüfung des Steuerfalls. Er muss daher, will er eine Änderung zu seinen Gunsten erreichen, die entsprechenden Tatsachen spätestens während der Außenprüfung vorbringen bzw. Änderungsanträge spätestens im Rechtsbehelfsverfahren über die aufgrund der Außenprüfung erlassenen Bescheide bzw. nach Ergehen der Mitteilung nach § 202 Abs. 1 S. 3 AO[1] stellen.

 

Rz. 240

Die Wirkung der Änderungssperre bei Änderungen auch zugunsten des Stpfl. ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 173 Abs. 2 AO, der insoweit keine Einschränkung nur auf Änderungen zulasten des Stpfl. erlaubt. Der Ausschluss auch von Änderungen zugunsten des Stpfl. entspricht dem Zweck der Vorschrift, Rechtsfrieden herzustellen. Nach der Durchführung einer Außenprüfung gibt das Gesetz dem Grundsatz der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens einen höheren Rang als dem Grundsatz der Richtigkeit der Steuerfestsetzung.[2]

 

Rz. 241

Die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO gilt, wie sich aus der systematischen Stellung des Abs. 2 ergibt, nur für Änderungen nach § 173 AO. Berichtigungen und Änderungen nach anderen Vorschriften bleiben also auch nach einer Außenprüfung noch möglich. Die Ausdehnung der Änderungssperre auf andere Änderungsvorschriften würde eine Verweisung in diesen Vorschriften auf § 173 Abs. 2 AO voraussetzen, die nicht besteht.[3] Das gilt auch für Änderungen der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO. Wird der Vorbehalt entgegen § 164 Abs. 3 S. 3 AO nach einer Außenprüfung nicht aufgehoben, tritt keine Änderungssperre ein, obwohl der Steuerfall durch die Außenprüfung überprüft worden ist. Auch eine entsprechende Anwendung des § 173 Abs. 2 AO auf andere Änderungstatbestände ist nicht möglich. Die Außenprüfung ist typischerweise auf die Ermittlung von Tatsachen gerichtet. Wenn die Außenprüfung somit die abschließende Tatsachenermittlung darstellt, ist ein Ausschluss der Änderung wegen neuer Tatsachen gerechtfertigt. Das gilt aber nicht gleichermaßen für Änderungstatbestände, die keine neuen Tatsachen zur Voraussetzung haben.[4]

 

Rz. 242

Möglich sind daher nach einer Außenprüfung vor allem Berichtigungen und Änderungen nach folgenden Vorschriften:

  • Berichtigungen von offenbaren Unrichtigkeiten nach § 129 AO;
  • Änderung der Steuerfestsetzung nach § 164 Abs. 2 AO[5]; der Rechtssicherheit wird dadurch genügt, dass nach § 164 Abs. 3 AO der Vorbehalt nach einer Außenprüfung regelmäßig aufzuheben ist;
  • Änderung der Steuerfestsetzung nach allen Tatbeständen des § 174 AO[6];
  • Änderung der Steuerfestsetzung nach § 175 AO wegen eines Grundlagenbescheids oder wegen Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses;
  • Änderung der Steuerfestsetzung nach einer Änderungsvorschrift der Einzelsteuergesetze.[7]
 

Rz. 242a

Die Änderungssperre gilt außerdem nur für Änderungen von Steuerfestsetzungen, nicht für den Erlass einer erstmaligen Steuerfestsetzung nach einer Außenprüfung.[8] Hat die Außenprüfung daher nicht zu einer erstmaligen Steuerfestsetzung (auch nicht zu einem Freistellungsbescheid) geführt, kann später (innerhalb der Festsetzungsfrist) noch eine erstmalige Steuerfestsetzung erfolgen. Das ist gerechtfertigt, da das Fehlen einer Steuerfestsetzung nicht den gleichen Rechtsfrieden hervorzubringen geeignet ist wie eine (bestandskräftige, wenn auch u. U. unrichtige) Steuerfestsetzung.

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