Rz. 22

Über das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Straftat entscheidet die für die Verwaltung der Steuer und der Zinsen zuständige Finanzbehörde nach steuerlichen Grundsätzen und Regeln. Der strafrechtliche Grundsatz "in dubio pro reo" gilt nicht auf der Grundlage der Prüfung nach der StPO, sondern nach der AO und FGO. Damit gilt die steuerliche Feststellungslast des FA.[1]

 

Rz. 23

Eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen im Festsetzungsverfahren hat lediglich Indizwirkung für die Steuerfestsetzung. Der Steuerbescheid entfaltet keine Grundlagenwirkung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen.[2] FA und ggf. das FG müssen von der Erfüllung der höheren Anforderungen für die Hinterziehungszinsen überzeugt sein.[3] Nicht erforderlich ist allerdings ein höherer Grad von Gewissheit als für die Feststellung anderer Fakten, für die das FA die Feststellungslast trifft.[4]

 

Rz. 24

Die über die Hinterziehungszinsen entscheidende Finanzbehörde ist nicht an die Feststellungen und Auffassungen der Strafsachenstelle, der Staatsanwaltschaft und des Strafgerichtes gebunden, sondern muss eigene Ermittlungen anstellen und eine eigene Entscheidungen treffen.[5]

Eine Bindungswirkung an die Entscheidung der Strafsachenstelle kann nicht daraus hergeleitet werden, dass eine Behörde in derselben Sache nur einheitlich entscheiden könne. Zum einen sind die Strafsachenstellen regelmäßig nicht Teil derselben Dienststelle, desselben FA wie die für die Zinsfestsetzung zuständige Stelle, da in allen Bundesländern von der Möglichkeit des § 387 Abs. 2 AO zur Konzentrierung der Strafsachenstellen Gebrauch gemacht worden ist. Zum anderen gelten im Strafprozessrecht andere Beweis- und Verfahrensvorschriften als im Verfahrensrecht nach der AO, das auf die Hinterziehungszinsen anzuwenden ist. Die Abweichung von der Auffassung des Strafgerichts ist ebenfalls möglich. Weder Finanzbehörden noch FG sind an die rechtlichen und tatsächlichen Feststellungen des Strafgerichts gebunden.[6] Das bedeutet auch keine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltenteilung. Zins- und Strafverfahren stehen nebeneinander, sie können auch nebeneinander Gegenstand von Verfahren vor verschiedenen Gerichten sein, ohne dass die Entscheidung eines Gerichtes in der einen Sache Bindungswirkungen für die Verwaltung oder ein Gericht in der anderen Sache hat.[7] Die Finanzbehörde ist allerdings auch nicht gehindert, sich an die ihr zutreffend erscheinenden tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen anzulehnen.[8]

Die Feststellungslast bei Nichtaufklärbarkeit trägt auch für die Steuerhinterziehung als Tatbestandsmerkmal der steuerlichen Zinsvorschrift des § 235 AO die Finanzbehörde; das FG muss von den Grundsätzen des § 370 AO vollständig überzeugt sein.[9]

Rz. 25–29 einstweilen frei

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Kanzlei-Edition. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge