Rz. 111

§ 180 Abs. 2 ist durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 v. 19.12.1985[1] mit Wirkung v. 25.12.1985 eingefügt worden. Die Vorschrift enthält die allgemein gefasste Ermächtigung für das BMF, mit Zustimmung des Bundesrats (bei Einfuhr- und Ausfuhrabgaben und Verbrauchsteuern, außer der Biersteuer, ohne Zustimmung des Bundesrats) durch Rechtsverordnung anzuordnen, dass Besteuerungsgrundlagen gesondert festzustellen sind. Zweck der Ermächtigung ist die Sicherstellung der einheitlichen Rechtsanwendung bei gleichen Sachverhalten und die Erleichterung des Besteuerungsverfahrens. Zu anderen Zwecken kann eine Rechtsverordnung die Feststellung nicht anordnen, da insoweit die Ermächtigung nicht reicht.

Festgestellt werden können nach der Ermächtigung Besteuerungsgrundlagen, und zwar für alle Steuerarten, also nicht nur Einkünfte. Zum Begriff der Besteuerungsgrundlagen vgl. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 157 AO Rz. 8.

 

Rz. 112

In Nr. 1–6 gibt die Ermächtigung nach Abs. 2 eine Aufzählung der Fragen, die in der Rechtsverordnung geregelt werden können. Diese Aufzählung ist, wie das Wort "insbesondere" zeigt, nicht abschließend; die Verordnung kann alle Fragen regeln, die für die steuerliche Berücksichtigung der Besteuerungsgrundlagen von Bedeutung sind. Hierunter fallen insbesondere:

  • Tatbestandsvoraussetzungen für die Feststellung;
  • sachlicher, zeitlicher und persönlicher Umfang der Feststellung;
  • Bestimmung der Verfahrensbeteiligten, und zwar auch über die Regelung des § 78 AO hinaus;
  • Regelungen über das Feststellungsverfahren einschließlich der örtlichen Zuständigkeit, Feststellungsfrist, Durchbrechung der Bestandskraft und Bekanntgabe der Feststellungsbescheide;
  • Zulässigkeit von Außenprüfungen über § 193 AO hinaus.

Die gesonderten Feststellungen können für einzelne Personen oder für mehrere Steuerpflichtige einheitlich ergehen. Soweit die gesonderte Feststellung nur für eine Person erfolgt, ist zu prüfen, ob sich die Rechtsverordnung insoweit im Rahmen der Ermächtigung hält, da die Ermächtigung nur zur einheitlichen Rechtsanwendung oder zur Erleichterung des Besteuerungsverfahrens ausgenutzt werden darf. Bei nur einem beteiligten Steuerpflichtigen wird dies nur vorliegen, wenn die festgestellten Besteuerungsgrundlagen für mehrere Steuerarten zugrunde zu legen sind (§ 180 Abs. 1 Nr. 1) oder wenn eine dem § 180 Abs. 1 Nr. 2b vergleichbare Situation vorliegt.

 

Rz. 113

Schließlich enthält Abs. 2 die Ermächtigung, Besteuerungsgrundlagen, die sich erst später auswirken, bereits vorher gesondert oder einheitlich und gesondert festzustellen, wenn sich diese Besteuerungsgrundlagen zu dem früheren Zeitpunkt besser ermitteln lassen. Eine entsprechende Regelung enthält § 55 Abs. 5 EStG. Unter diese Vorschrift kann eine Vielzahl von unterschiedlichen Fallgestaltungen fallen. Ausgenutzt worden ist die Ermächtigung jedoch nur für die Fälle des Strukturwandels eines Betriebs zur Liebhaberei, vgl. Rz. 178, und für Eintritt der Steuerpflicht bei steuerschädlichem Einsatz von Versicherungen für Finanzierungszwecke (Rz. 184).

 

Rz. 114

Die Ermächtigung des Abs. 2 entspricht Art. 80 GG, da sie nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt ist. Der Begriff der Besteuerungsgrundlagen und der Inhalt der Feststellung von Besteuerungsgrundlagen einschließlich des Verfahrens sind so klar umrissen, dass jeweils festzustellen ist, ob sich die Rechtsverordnung noch im Rahmen der Ermächtigung hält.[2]

[1] BStBl I 1985, 735.

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