Rz. 13

Zulässig ist die gesonderte Feststellung nur, soweit dies in der AO oder anderen Gesetzen bestimmt ist. Steuergesetz kann dabei nach § 4 AO jede Rechtsnorm, also auch eine Rechtsverordnung, sein.[1] Zu den einzelnen gesetzlichen Vorschriften außerhalb der AO, die eine gesonderte Feststellung zulassen, Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, Vor § 179 AO Rz. 8ff.

Da die gesonderte Feststellung unmittelbare Auswirkungen auf die Bestandskraft der Steuerbescheide[2] sowie auf die Festsetzungsfrist und damit auf das Erlöschen der Steueransprüche[3] hat, bedarf die gesonderte Feststellung aus rechtsstaatlichen Gründen einer gesetzlichen Grundlage. Die gesetzliche Regelung der Zulässigkeit der gesonderten Feststellung ist daher als abschließende Sonderregelung zu dem Grundsatz des § 157 Abs. 2 AO zu verstehen, wonach Besteuerungsgrundlagen regelmäßig nicht Objekt eines gesonderten Verwaltungsakts (Feststellungsbescheid) sind. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen einer gesetzlichen Ermächtigung.[4]

 

Rz. 14

Zweckmäßigkeitserwägungen allein reichen nicht aus, eine gesetzlich nicht vorgesehene gesonderte Feststellung vorzunehmen. Eine gesonderte Feststellung außerhalb einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung ist daher nicht zulässig. So war etwa die Ermittlung des Einkommens in dem KSt-Bescheid der Organgesellschaft bis Vz 2013 kein Grundlagenbescheid für die Besteuerung des Organträgers. Für eine gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen auf der Ebene der Organgesellschaft fehlte bis Vz 2013 die Rechtsgrundlage.[5] Ab Vz 2014 enthält § 14 Abs. 5 KStG eine Rechtsgrundlage für eine gesonderte Feststellung der dem Organträger zuzurechnenden Besteuerungsgrundlagen.[6]

 

Rz. 15

Allerdings hat die Rechtsprechung in Sonderfällen eine Bindungswirkung ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung für möglich gehalten, wenn Sachverhalte zu beurteilen sind, die die Finanzbehörde mangels eigener Sachkunde nicht selbst beurteilen kann.[7] Beispiel war etwa die Feststellung des Grades der Schwerbehinderung.[8] Aus rechtlicher Sicht ist diese Auffassung sehr problematisch, da sie zu einer Durchbrechung der Bestandskraft und der Festsetzungsfrist des Steuerbescheids ohne gesetzliche Grundlage führen kann. Durch Gesetzesänderungen wird regelmäßig eine gesetzliche Grundlage für eine solche Bindungswirkung eingeführt, wenn ein Bedürfnis für die Bindung an eine vorrangige Entscheidung besteht. Im Ergebnis dürften solche Fälle kaum noch vorkommen.

 

Rz. 16

Andererseits bedeuten die Wirkungen der gesonderten Feststellung auf die Steuerfestsetzung aber auch, dass eine gesonderte Feststellung vorgenommen werden muss, wenn ihre Voraussetzungen vorliegen und keine gesetzliche Ausnahme, wie etwa § 180 Abs. 3 AO, vorliegt. Unterlässt die Finanzbehörde den Erlass eines Feststellungsbescheids, ohne dass die Voraussetzungen des § 155 Abs. 2 AO vorliegen, stellt dies einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar. Im Klageverfahren gegen den Folgebescheid muss das FG das Verfahren aussetzen und den Erlass des Feststellungsbescheids abwarten. Im Revisionsverfahren ist das Urteil des FG regelmäßig aufzuheben, weil es sich um einen wesentlichen Verfahrensverstoß handelt.[9] Ein in das Ermessen der Finanzverwaltung gestelltes Absehen von der gesonderten Feststellung würde (mittelbar) Bestandskraft und Ablauf der Festsetzungsfrist des Steuerbescheids (Folgebescheid) in das Ermessen der Behörde stellen. Dies ist aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen bedenklich. Bedenken bestehen daher insbesondere für die Feststellungen nach der VO zu § 180 Abs. 2 AO, bei der in großem Umfang Ermessensentscheidungen zu treffen sind.[10]

 

Rz. 17

Liegen die Voraussetzungen einer gesonderten Feststellung zwar nicht vor, wird dies aber vom Stpfl. behauptet oder bestehen sonst begründete Zweifel, ob diese Voraussetzungen vorliegen (z. B. ob die Mitunternehmerschaft besteht), erfordern die möglichen Auswirkungen einer Feststellung auf Bestandskraft und Festsetzungsfrist, dass diese Zweifel unzweideutig und einheitlich gegenüber allen Beteiligten beseitigt werden. Das FA, das für eine positive Feststellung zuständig wäre, ist daher verpflichtet, bei Unklarheiten, ob eine gesonderte Feststellung zu ergehen hat, hierüber in einem negativen Feststellungsbescheid zu entscheiden.[11] Mit einem solchen negativen Feststellungsbescheid steht unzweideutig und bestandskräftig fest, dass Bestandkraft und Festsetzungsfrist des Folgebescheids nicht durch einen gesonderten Feststellungsbescheid durchbrochen werden können.

 

Rz. 18

Aus der Regelung des § 179 AO folgt, dass Besteuerungsgrundlagen weder positiv noch negativ gesondert festgestellt werden dürfen, wenn dies gesetzlich weder in § 180 AO noch in anderen steuerlichen oder nicht steuerlichen Gesetzen vorgeschrieben ist.[12] Die gesetzlichen Regelungen über die Zulässigkeit der gesonderten Feststellung sind abschließend und einer erweiternden Auslegung nicht fähig. Der Gesetzgeber hat ausdrücklich bestimmt, wann eine...

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