Rz. 40

Nach § 152 Abs. 1 S. 3 AO steht das Verschulden des gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen dem eigenen Verschulden des Stpfl. gleich.[1] Der Stpfl. muss sich dessen Verschulden zurechnen lassen. Hierbei besteht im Gegensatz zu anderen Regelungen in der AO keine Exkulpationsmöglichkeit.[2] Zusammen veranlagte Ehegatten (s. auch Rz. 37) haben sich beide das Verschulden ihres steuerlichen Beraters zurechnen zu lassen.[3]

 

Rz. 41

Auch das Verschulden eines mit der Erstellung der Steuererklärung beauftragten Angehörigen der steuerberatenden Berufe ist uneingeschränkt nach § 152 Abs. 1 S. 3 AO zuzurechnen.[4] Hierbei ist es auch keine Verletzung der Art. 3 Abs. 1, 12 GG, wenn für die Beurteilung des Verschuldens die besondere fachliche Qualifikation eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe erschwerend berücksichtigt wird.[5] Arbeitsüberlastung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe ist grundsätzlich kein Entschuldigungsgrund.[6] Dies gilt insbesondere dann, wenn dem Berater bekannt ist, dass die Finanzbehörde wegen zu erwartender Abschlusszahlungen auf Einhaltung der gewährten Frist dringt.[7] Hiernach muss dem Berater zugemutet werden, in der Reihenfolge der von ihm zu erledigenden Arbeiten nach Maßgabe der ihm bekannten Dringlichkeit Prioritäten zu setzen.[8] Mehrmalige Fristversäumnis indiziert regelmäßig dann ein schuldhaftes Verhalten des Beraters, wenn die Finanzbehörde schon mehrmals gemahnt hat und auf die Fristeinhaltung drängt.[9] Ein Angehöriger der steuerberatenden Berufe, der zur fristgemäßen Erledigung der erteilten Aufträge außerstande ist, ist verpflichtet, durch Einstellung zusätzlicher Kräfte, Ablehnung neuer oder Rückgabe vorhandener Mandate Abhilfe zu schaffen.[10] Dies gilt aber nicht, wenn ein allein praktizierender Berater durch unvorhersehbare Ereignisse, z. B. Unfall oder Krankheit, zeitweilig arbeitsunfähig geworden ist. Die Fristversäumnis ist dann als entschuldbar anzusehen. Muss dagegen der Berater mit krankheitsbedingten Arbeitsausfällen rechnen, so handelt er schuldhaft, wenn er die erforderlichen Abschlussarbeiten erst kurz vor Fristablauf beginnt.[11] Ist bereits eine schuldhafte Verspätung eingetreten, so können nachträgliche Erkrankungen den Steuerberater nicht exkulpieren.[12]

[2] FG Baden-Württemberg v. 30.4.2001, 4 K 482/98, EFG 2001, 1584; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 21; Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 20.
[3] BFH v. 10.8.2000, IV B 130/99, BFH/NV 2001, 146; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 20.
[5] BVerfG v. 23.3.1983, 1 BvR 122/83, HFR 1983, 592; ausführlich Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 152 AO Rz. 19ff.
[6] RFH v. 8.1.1937, III A 133/36, RStBl 1937, 331; FG Düsseldorf v. 30.10.1963, VI 41/62 A, EFG 1964, 77; BFH v. 29.9.1989, III R 159/86, BFH/NV 1990, 615FG München v. 19.2.1999, 13 K 2491/98, n. v.; FG Berlin v. 4.3.1999, 1 K 1434/98, n. v.; FG Baden-Württemberg v. 5.5.2000, 9 K 198/99, n. v.; vgl. auch Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 152 AO Rz. 21.
[8] FG Baden-Württemberg v. 27.5.1993, 6 K 254/91, EFG 1994, 79.
[10] Niedersächsisches FG v. 24.1.1978, VI 245/77, EFG 1978, 416; FG Baden-Württemberg v. 9.11.2000, 6 K 221/97, n. v.; FG Baden-Württemberg v. 26.1.2001, 6 K 308/00, n. v., Haufe-Index HI579297; Klein/Rätke, AO, 17. Aufl. 2023, § 152 Rz. 20.
[12] FG des Saarlandes v. 25.9.2002, 1 K 364/99, n. v., Haufe-Index HI854528.

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