Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf der Zulassung zum Steuerberater

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei einem Verfahren wegen Widerrufs der Zulassung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls reicht die bloße Behauptung, es würden keine Treuhandgeschäfte getätigt, insbesondere dann nicht aus, um den Entlastungsbeweis wegen fehlender Gefährdung der Interessen der Auftraggeber bei Vermögensverfall zu führen, wenn Lohn- oder Umsatzsteuerschulden bestehen.
  2. Lohn- und Umsatzsteuerschulden eines Steuerberaters weisen darauf hin, daß er in finanzieller Bedrängnis durchaus bereit ist, ihm wirtschaftlich nicht gehörende Gelder für eigene Zwecke zu verwenden, so daß bei Widerruf der Zulassung zum Steuerberater wegen Vermögensverfalls der Entlastungsbeweis mißlingt.
 

Normenkette

StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 5

 

Streitjahr(e)

1999

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 04.07.2000; Aktenzeichen VII R 103/99)

 

Tatbestand

Der Kläger wurde am 18.5.1962 zum Steuerbevollmächtigten und am 28.11.1973 zum Steuerberater bestellt. Mit Schreiben vom 23.11.1998 teilte die AOK - Zentrale Kundendienste - in Frankfurt dem beklagten Ministerium mit, der Kläger schulde der AOK bis zum 31.10.1998 3.366,84 DM Beiträge für seine versicherungspflichtige Arbeitnehmerin. Die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen sei bei vier verschiedenen Versuchen im Laufe des Jahres 1998, zuletzt am 5.11.1998, erfolglos geblieben. Da vom Amtsgericht S Haftbefehle für andere Gläubiger ergangen seien und die Volksbank und Raiffeisenbank S in ihrer Drittschuldnererklärung vom 3.7.1998 angegeben haben, daß Vorpfändungen des Finanzamts G über 504.103,87 DM und solche der Barmer Ersatzkasse über 20.944,56 DM vorlägen, werde beantragt, dem Kläger die Zulassung als Steuerberater zu entziehen. Die Ermittlungen des beklagten Ministeriums ergaben, daß der Kläger zum 30.11.1998 dem Finanzamt G 450.998,80 DM Steuern und 95.886,24 DM Säumniszuschläge schuldete, darunter mehr als 55.000,-- DM Lohnsteuer für die Zeit von Juli 1995 bis Oktober 1998 und mehr als 150.000,-- DM Umsatzsteuer für die Zeit von Juli 1995 bis August 1998.

Nach Androhung der Entziehung der Zulassung äußerte sich der Kläger dahin, daß er seit Anfang 1997 zwei bedeutende Mandanten verloren habe und die Unkosten so schnell nicht habe anpassen können. Die Steuerschulden sollten durch den Erlös der beabsichtigten Veräußerung der Praxis gedeckt werden. Die Voraussetzungen des Widerrufs der Bestellung seien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben.

Das mit Schreiben des beklagten Ministeriums vom 3.2.1999 erbetene aktuelle Vermögensverzeichnis legte der Kläger nicht vor. Daraufhin widerrief das beklagte Ministerium mit Erlaß vom 24. Februar 1999 die Bestellung des Klägers zum Steuerberater nach § 46 Abs. 2 Nr. 5 Steuerberatungsgesetz.

Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage. Nachdem die in der Klageschrift vom 23. März 1999 angekündigte ausführliche Begründung nicht einging, setzte das Gericht dem Kläger zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühle, eine Ausschlußfrist bis zum 21. Juli 1999. Innerhalb dieser Frist teilte der Kläger dem Gericht mit, § 46 Abs. 2 Nr. 5 Steuerberatungsgesetz sei unanwendbar, weil er in der Verfügung über sein Vermögen nicht beschränkt sei. Die vom beklagten Ministerium gesetzte Frist zur Vorlage des Vermögensverzeichnisses sei zu kurz gewesen und habe deshalb nicht eingehalten werden können. Im Februar 1999 hätten noch nicht alle Zahlen für den Jahresabschluß 1998 vorgelegen.

Der Kläger beantragt,

den Widerruf der Bestellung vom 24. Februar 1999 aufzuheben.

Das beklagte Ministerium beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger befinde sich in Vermögensverfall. Der Rückstand an Lohn- und Umsatzsteuer zeige, daß hierdurch auch die Interessen der Auftraggeber gefährdet seien. Einen wirksamen Entlastungsbeweis habe der Kläger nicht angetreten.

Die Steuerberaterkammer hat keinen Antrag gestellt.

Mit Beschluß vom 24. Juni 1999 ist die Steuerberaterkammer Hessen zum Verfahren beigeladen worden. Hiergegen hat der Kläger fristgerecht Beschwerde eingelegt. Hierüber hat der Bundesfinanzhof noch nicht entschieden.

Die Ermittlungen des Gerichts zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung haben ergeben, daß am 9. September 1999 beim Amtsgericht S im Schuldnerverzeichnis eingetragen war, daß gegen den Kläger am 6.8.1997 zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung Haft angeordnet worden ist. Das Finanzamt G hat auf Anfrage mitgeteilt, der Kläger schulde dem Finanzamt zum 14.9.1999 insgesamt 351.111,10 DM Steuern und 103.374,63 DM Säumniszuschläge. Hiervon entfielen über 62.000,-- DM auf Lohnsteuer für die Zeit von September 1995 bis Juni 1999 und über 180.000,-- DM Umsatzsteuer aus der Zeit von Juli 1995 bis Mai 1999. Hinzu kommen Lohnkirchensteuer, Solidaritätszuschlag zur Lohnsteuer, Säumniszuschläge und Einkommensteuer.

Dem Gericht haben die Akten des beklagten Ministeriums vorgelegen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der...

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