Rz. 218

Die Be- und Verarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Produkten durch den Land- und Forstwirt nach Abschluss der Erzeugungsphase ist grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit. Sie kann aber auch erfolgen im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs. Be- und Verarbeitungsbetriebe sind als land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe anzusehen, wenn überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden und die dabei gewonnenen Erzeugnisse überwiegend für den Verkauf bestimmt sind. Zudem muss die Herstellung der Erzeugnisse im Rahmen der ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung, die noch dem land- und forstwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen ist, erfolgen (R 15.5 Abs. 3 S. 4 Nr. 1 EStR 2012). Werden die so gewonnenen Erzeugnisse nicht überwiegend verkauft, sondern im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verwendet, erfolgt die Weiterverarbeitung im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Ein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb liegt insoweit nicht vor. Vor diesem Hintergrund ist z. B. eine Brüterei, die die erzeugten Küken überwiegend der zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Legehennenfarm oder Hähnchenmästerei zuführt, kein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb.

 

Rz. 219

Bei Be- und Verarbeitungsbetrieben erfolgt die Be- oder Verarbeitung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse nur dann im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs, wenn in diesem überwiegend im eigenen land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb erzeugte Rohstoffe be- oder verarbeitet werden (R 15.5 Abs. 3 S. 4 EStR 2012). Anderenfalls führt die Be- oder Verarbeitung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse zu einer gewerblichen Tätigkeit.

 

Rz. 220

Die durch die Be- oder Verarbeitung gewonnenen Erzeugnisse müssen im Rahmen einer ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung hergestellt werden (R 15.5 Abs. 3 S. 4 EStR 2012). Hierbei ist Voraussetzung, dass die Be- oder Verarbeitung nicht so intensiv geschieht, dass die dabei gewonnenen Erzeugnisse nach der Verkehrsauffassung den Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Veredelungswirtschaft überschreiten und die Be- oder Verarbeitungsvorgänge deshalb als gewerblich zu werten sind. Die Erzeugnisse müssen nach der Verkehrsauffassung noch als land- und forstwirtschaftliches Erzeugnis angesehen werden können. Demgegenüber führt die Weiterverarbeitung von land- und forstwirtschaftlichen Produkten zu Produkten der zweiten Be- oder Verarbeitungsstufe zu gewerblichen Einkünften. Kennzeichnend für Produkte der zweiten Be- oder Verarbeitungsstufe ist, dass diese üblicherweise in industriellen oder handwerklichen Betrieben hergestellt werden.

 

Rz. 221

Produkte der ersten Be- oder Verarbeitungsstufe entstehen z. B. bei der Be- oder Verarbeitung von Getreide zu Mehl oder Schrot, von Holz zu Brettern, von Milch zu Käse, Joghurt oder Sauermilch, von Obst zu Obstsaft oder von Pilzen zu Pilzkonserven. Eine zur Annahme eines selbstständigen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetriebs führende Be- oder Verarbeitung liegt allerdings nicht vor, wenn z. B. das land- und forstwirtschaftliche Erzeugnis lediglich gereinigt, getrocknet, sortiert oder in handelsübliche Portionen verpackt wird. Gleiches gilt für das bloße Haltbarmachen des unbearbeiteten land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisses oder für das Schälen und Zerkleinern von land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen, sofern durch diese Tätigkeit kein Produkt mit neuer Marktgängigkeit entsteht. Dagegen handelt es sich bei der Be- oder Verarbeitung von Gemüse zu Gemüsekonserven, von Getreide zu Brot oder Backwaren, von Holz zu Zäunen, von Milch zu Magermilchpulver oder Joghurt mit Fruchtzusätzen und von Obst zu Obstkonserven um Produkte der zweiten Be- oder Verarbeitungsstufe.

 

Rz. 222

Bei der Beurteilung, ob es sich bei einem Be- und Verarbeitungsbetrieb um einen land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb oder um einen eigenständigen Gewerbebetrieb handelt, stellt der BFH nicht auf das Kriterium der Be- oder Verarbeitungsstufen ab. Zum einen ergibt sich dieses Unterscheidungskriterium nicht aus dem Gesetz. Zum anderen lassen sich die in der Land- und Forstwirtschaft vorkommenden Be- oder Verarbeitungen vielfach nicht eindeutig bestimmten Be- oder Verarbeitungsstufen zuordnen. Für die Abgrenzung zwischen einem selbstständigen Gewerbebetrieb und einem land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb ist nach Auffassung des BFH[1] in erster Linie auf den Umfang der Veränderung abzustellen, den die land- und forstwirtschaftlichen Produkte im zu beurteilenden Betrieb erfahren. Ein land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb liegt vor, wenn der Landwirt seine land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse nur geringfügig be- oder verarbeitet. Unterscheidet sich dagegen die nicht nur geringfügige Be- oder Weiterverarbeitung eigener land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht wesentlich von der üblicher ...

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