Rz. 92

Erbringt eine inl. Körperschaft Leistungen an einen inl. oder ausl. Anteilseigner, der ebenfalls eine Körperschaft ist, gehören die Bezüge nach Abs. 1 bei dem Empfänger zwar nicht zum Einkommen und sind daher steuerlich nicht belastet; es stellt sich aber die Frage, ob KapESt einzubehalten ist. Nach § 43 Abs. 1 S. 3 EStG unterliegen ausdrücklich auch die Bezüge, die nach § 8b KStG bei der Ermittlung des Einkommens außer Ansatz bleiben, der KapESt. Das Gesetz versucht dies systematisch dadurch zu rechtfertigen, dass die Bezüge nach Abs. 1 nicht als "steuerfrei" bezeichnet, sondern beim Einkommen außer Ansatz gelassen werden. Die Rspr. führt als Rechtfertigung an, dass die Kapitaleinkünfte trotz der Steuerbefreiung zu den beschränkt steuerpflichtigen Einkünften nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG gehören und daher der KapESt mit Abgeltungswirkung unterworfen werden können.[1]

 

Rz. 93

Nach § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG beträgt die KapESt 25 % (20 % bis Vz 2008). Ihr unterliegen die vollen Bezüge; das Teileinkünfteverfahren gilt für die KapESt nicht. Die Erhebung der KapESt ist nicht systemwidrig. Die KapESt ist zwar nur eine Erhebungsform der ESt bzw. KSt, sodass es bedenklich ist, Bezüge der KapESt zu unterwerfen, die von der ESt bzw. KSt befreit sind. § 8b Abs. 1 KStG bestimmt aber nicht, dass die dort genannten Bezüge körperschaftsteuerbefreit sind, sondern nur, dass diese Bezüge bei der Ermittlung des Einkommens (genauer: bei der Ermittlung der steuerpflichtigen Einkünfte) außer Ansatz bleiben. Damit hat diese Regelung nur bei solchen Besteuerungstatbeständen Auswirkungen, die an die steuerpflichtigen Einkünfte bzw. an das Einkommen anknüpfen. Die Bezüge sind zwar aus dem Einkommen und damit aus der Bemessungsgrundlage für die KSt ausgeschieden; die KapESt knüpft aber nicht an das Einkommen an, § 8b Abs. 1 KStG kann daher keine Auswirkungen auf die KapESt haben.[2]

 

Rz. 94

Soweit die KapESt von einer inl. Körperschaft als Empfängerin der Bezüge erhoben wird, die der Veranlagung im Inland unterliegt, ist die einbehaltene Steuer auf die KSt-Schuld der Körperschaft anzurechnen. Da die Bezüge bei einer Veranlagung nicht der KSt unterliegen, weil sie aus dem Einkommen als Bemessungsgrundlage ausgeschieden sind, bedeutet dies im Ergebnis eine vollständige Erstattung der KapESt.

 

Rz. 95

Soweit die die Bezüge empfangende Körperschaft nach § 5 Abs. 1 KStG steuerbefreit ist, soweit sie als ausl. Körperschaft nach § 2 Nr. 1 KStG beschränkt steuerpflichtig ist oder soweit sie nach § 2 Nr. 2 KStG als inl. Körperschaft (z. B. hoheitlicher Bereich) beschränkt steuerpflichtig ist, ist die Steuerpflicht durch die einbehaltene KapESt abgegolten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Bezüge in einem inl. gewerblichen oder land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anfallen.[3]

 

Rz. 96

Für beschränkt steuerpflichtige Anteilseigner, die ausl. Körperschaften sind, bedeutet diese Regelung, dass die Bezüge von einer inl. Körperschaft, die nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a EStG der inl. beschränkten Steuerpflicht unterliegen, trotz der Regelung des § 8b Abs. 1 KStG einer KapESt-Belastung von 25 % unterworfen werden, die infolge der Abgeltungswirkung definitiv ist.[4] Die Steuerbelastung ist so bemessen, dass sie mit der von natürlichen Personen als Anteilseignern vergleichbar ist; da bei diesen die Bezüge der Abgeltungsteuer bzw. dem Teileinkünfteverfahren unterliegen, entspricht eine Steuer von 25 % auf die gesamten Bezüge ungefähr einem Steuersatz von 40 % auf 60 % der Bemessungsgrundlage. Die Steuerbelastung der beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft liegt daher im Spitzenbereich der bei einer natürlichen Person eintretenden Belastung. Mit dieser der Belastung einer natürlichen Person vergleichbaren Belastung soll der Vorwurf der Diskriminierung ausl. Körperschaften vermieden werden. Diese KapESt kann gem. § 44a Abs. 9 EStG auf 15 %, d. h. auf den KSt-Satz, gesenkt werden.

 

Rz. 97

Diese Steuerbelastung kann nach § 50 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG nur vermieden werden, wenn die Beteiligung, die die beschränkt steuerpflichtige Körperschaft hält, zum (gewillkürten oder notwendigen) Betriebsvermögen einer inl. Betriebsstätte gehört.[5] Für diese Betriebsstätte gilt die Abgeltungswirkung des KapESt-Abzugs nach § 50 Abs. 2 S. 2 EStG nicht. Es hat vielmehr eine Veranlagung zu erfolgen, in deren Rahmen die Einkünfte aus der Beteiligung nach § 8b Abs. 1 KStG aus dem Einkommen auszuscheiden sind (sofern keine Streubesitzbeteiligung i. S. d. § 8b Abs. 4 KStG vorliegt), also nicht der KSt bei der beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft unterliegen. Die einbehaltene KapESt ist zu erstatten.

 

Rz. 98

Soweit ein DBA die Reduzierung oder gänzliche Beseitigung der KapESt vorsieht, hat diese Regelung Vorrang; insoweit ist die KapESt also nicht zu erheben bzw. zu erstatten.[6] Entsprechendes gilt nach § 43b EStG für Gewinnausschüttungen an EU-Muttergesellschaften. Das gilt auch, soweit § 32 KStG bestimmt, dass der KapESt-Abzug bei beschränkt Steuerpflichtigen...

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