Rz. 54

Abs. 4 bestimmt, dass Ausgangspunkt der Umgliederung das unbelastete verwendbare Eigenkapital i. S. d. § 30 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 KStG a. F. (also das EK 01, EK 02 und EK 03) ist, wie es sich nach der Entwicklung nach Abs. 2 darstellte. Abs. 4 griff ein, wenn die Summe dieser unbelasteten Teilbeträge negativ war. Nach der Änderung durch Gesetz v. 20.12.2001[1] mit Wirkung ab Außerkrafttreten des Anrechnungsverfahrens und Inkrafttreten des Halbeinkünfteverfahrens waren die Teilbeträge des EK 01, EK 02 und EK 03 in einem ersten Schritt untereinander zu verrechnen.

 

Rz. 55

Die Verrechnung der Teilbeträge untereinander stellte sicher, dass etwa vorhandenes positives EK 02 durch die Negativbeträge in den anderen Teilbeträgen vernichtet wurde und damit nicht zu einer KSt-Erhöhung nach § 38 KStG führen konnte.

Rz. 56 einstweilen frei

 

Rz. 57

War die Summe des EK 01 bis EK 03 negativ, wurde das belastete EK um diesen Betrag verringert. Der Negativbetrag führte dann dazu, dass Steuerminderungspotenzial verloren ging. Der Gesetzgeber ging (typisierend) davon aus, dass insoweit bei Beibehaltung des Anrechnungsverfahrens eine Ausschüttung nicht erfolgen konnte, daher das in dem belasteten EK vorhandene Steuerminderungspotenzial nicht realisiert werden konnte. Das BVerfG hat in seiner Entscheidung zu § 36 Abs. 3 KStG diese Überlegung gebilligt.[2] Es hat es als folgerichtig bezeichnet, den Erhalt des Körperschaftsteuerminderungsbetrags daran zu knüpfen, dass im Zeitpunkt des Übergangs vom Anrechnungsverfahren zum Halb-(Teil-)Einkünfteverfahren die Realisierung des Körperschaftsteuerminderungspotenzials möglich gewesen wäre. Dies hing davon ab, ob und in welchem Umfang negatives EK 02 vorlag. Negatives EK 02 bedeutete, dass das in der Steuerbilanz ausgewiesene Eigenkapital unter der Summe der Teilbeträge an belastetem verwendbarem Eigenkapital lag und wirkte daher im Ergebnis wie eine handelsrechtliche Ausschüttungssperre. Anders als im Falle des nur durch die technische Umgliederungsregelung des § 36 Abs. 3 KStG entstandenen negativen EK 02 verhinderte das durch negative Ergebnisse entstandene negative EK 02 die Ausschüttung und damit die Realisierung des Anrechnungsguthabens. Diesen Teil des Anrechnungsguthabens sah das BVerfG als nicht geschützt an. Daraus hat die Rechtsprechung geschlossen, dass der durch § 36 Abs. 4 KStG verursachte Verlust an Anrechnungsguthaben und die darin liegende Benachteiligung der Körperschaft verfassungsrechtlich ausreichend gerechtfertigt sind.[3] Der Gesetzgeber sei auch nicht verpflichtet gewesen, zuzulassen, dass negatives EK 02 mit positivem EK 04 verrechnet wird. Zwar sei EK 04 ausschüttungsfähig, der Gesetzgeber gehe aber von einem Konzept der "modifizierten Vollausschüttung" (also ohne Berücksichtigung des EK 04) aus. Er müsse Besonderheiten der Kapitalstruktur einzelner Unternehmen in einer allgemein geltenden Übergangsregelung nicht berücksichtigen. EK 04 führe auch anders als EK 02, nicht zu einer Körperschaftsteuererhöhung; daher könnten beide Teilbeträge getrennt behandelt werden.[4]

 

Rz. 58

Die Verrechnung mit dem belasteten Eigenkapital erfolgte in der umgekehrten Ausschüttungsreihenfolge des § 28 Abs. 3 KStG a. F., d. h. zuerst mit EK 30, dann mit EK 40, dann mit EK 45. Da das EK 30 im Rahmen der Übergangsregelung keine Bedeutung hatte, führte nur die Minderung des EK 40 und des EK 45 zu einem Verlust an Steuerminderungsguthaben. Diese Reihenfolge war für den Stpfl. günstig, da dadurch in höchstmöglichem Umfang Anrechnungsguthaben erhalten blieb.

[1] BStBl I 2002, 35.
[3] BFH v. 20.4.2011, I R 65/05, BStBl II 2011, 983, BFH/NV 2012, 130; BFH v. 25.2.2015, I R 86/12, BStBl II 2016, 243, BFH/NV 2015, 1209; a. A. Holst/Nitzschke, DStR 2011, 1450.
[4] BFH v. 25.2.2015, I R 86/12, BStBl II 2016, 243, BFH/NV 2015, 1209, Rz. 19, Rz. 20f..

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