Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung – Haftung –

 

Tenor

Die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 24.9.1997 wird ab dem 27.10.1997 ohne Sicherheitsleistung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den gegen den Haftungsbescheid eingelegten Rechtsbehelf ausgesetzt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

 

Gründe

Zu entscheiden ist, ob die Vollziehung eines Haftungsbescheides auszusetzen ist.

Die Antragstellerin ist die Nichte von Herrn … (B.R.) aus … Bei diesem hatte der Antragsgegner in den vergangenen Jahren vergeblich wegen erheblicher Steuerschulden zu vollstrecken versucht.

Nach Durchführung von Außenprüfungen (Ap) des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung (STRAFAFA) … bei B.R. und der Firma … GmbH (im folgenden GmbH) kam der Antragsgegner zu dem Ergebnis, daß B.R. alleiniger Gesellschafter der GmbH sei. Ihm und nicht den nach außen als Gesellschaftern der GmbH aufgetretenen Personen, nämlich der Antragstellerin und … (Sch.), seien sowohl die offenen Gewinnausschüttungen der GmbH als auch ein im März 1996 durchgeführter Auslandstransfer eines Betrages in Höhe von 1,7 Mio DM, der vom Konto der GmbH auf das Konto der Antragstellerin zunächst nach Belgien und dann in die Schweiz erfolgt sei, als Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzurechnen. Wegen der Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Darstellungen in den folgenden den Beteiligten bekannten gerichtlichen Entscheidungen verwiesen:

  • Landgericht …, Urteil vom 9.10.1997 …
  • FG Münster, Beschluß vom 5.11.1997 10 V 4588/97 Kap
  • FG Münster, Beschluß vom 19.12.1997 9 V 6767/97 K
  • FG Münster, Beschluß vom 19.1.1998 8 V 6764/97 E.

Bezug genommen wird außerdem auf folgende Unterlagen:

  • die in den o.a. gerichtlichen Entscheidungen in Bezug genommenen notariellen Verträge und Vollmachtserteilungen in den Urkunden des Notars … in … vom 13.9.1993 Uk-Nr. … (… und …)
  • Protokoll vom 12.9.1996 über die Vernehmung der Antragstellerin
  • Ap-Bericht der STRAFAFA … (auszugsweise) vom 31.7.1997 betreffend die GmbH
  • Ap-Bericht der STRAFAFA … vom 31.7.1997 betreffend B.R.

Der Antragsgegner nahm die Antragstellerin mit Haftungsbescheid vom 24.9.1997 wegen rückständiger Steuerschulden und Säumniszuschläge des B.R. in Höhe von 2.168.534,79 DM als Haftungsschuldnerin gemäß §§, 191, 71 AO in Anspruch.

Zur Begründung führte der Antragsgegner aus: Wer eine Steuerhinterziehung begehe, oder an ihr teilnehme, hafte für die verkürzter Steuern oder für den zu Unrecht gewährten Steuervorteil, § 71 AO. Die Antragstellerin habe es, gemeinschaftlich handelnd mit ihrem Onkel B.R., diesem ermöglicht, durch Täuschungshandlungen dem Zugriff des Antragsgegners Vermögenswerte zu entziehen, um dadurch die Beitreibung seiner rückständigen Steuern zu vereiteln. Entscheidend für die Annahme einer Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren sei, daß ihr nicht nur eine Mitwirkung an der Nichtzahlung von Steuern vorzuwerfen sei, sondern durch sie konkrete Täuschungshandlungen zur Verschleierung der Vermögenslage ihres Onkels B.R. vorgenommen worden seien. Sie habe es B.R. durch ihr Auftreten als Treuhänderin bzw. als Strohfrau im Rahmen einer von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden Darstellung der Beteiligungsverhältnisse an der GmbH, seit dem 13.9.1993 ermöglicht, seine tatsächlichen Einkunfts- und Vermögensverhältnisse zu verschleiern und dadurch eine Vollstreckung in die GmbH-Anteile zu verhindern (Hinweis auf Tz 12 des Steufa-Berichtes für die GmbH vom 31.7.1997). Die Existenz eines Treuhandvertrages sei von ihr noch in der Vernehmung durch Beamte des STRAFAFA … am 12.9.1996 verneint worden.

Außerdem habe sie, handelnd auf Anweisung ihres Onkels B.R., im März 1996 1,7 Mio DM vom Konto der GmbH zunächst auf ein auf ihren eigenen Namen lautendes Konto bei der … Bank in … (Belgien) per Scheck eingezahlt, um das Geld dem Zugriff des Finanzamtes zu entziehen. Der Betrag sei Anfang Juni 1996 auf ihr Konto bei der Berner … bank transferiert worden. Sie sei insoweit abermals als Strohfrau für B.R. auf getreten. Laut Aussage in ihrer Vernehmung vom 12.9.1996 sei ihr von Anfang an bekanntgewesen, daß ihr Onkel B.R. erhebliche Steuerschulden gehabt habe, die nach ihren damaligen Angaben insgesamt eine Höhe von ca. 1 Mio DM gehabt hätten. Dies ergebe sich auch aus ihren Bescheinigungen, die im Zusammenhang mit dem Erlaßantrag vom 10.1.1995 vorgelegt worden seien. Trotzdem habe sie sich an der Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse als Strohfrau bzw. Treuhänderin aktiv beteiligt. Der Zweck des 1,7 Mio DM-Transfers in das Ausland im März bzw. Juni 1996 sei nach ihrer eigenen Aussage die Sicherung vor dem Zugriff des Finanzamts gewesen. Sie habe damit wissentlich und willentlich an den vollstreckungsvereitelnden Täuschungshandlungen mitgewirkt. Der Tatbestand der mittäterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung sei insoweit erfüllt.

Über den hiergegen am 22.10.1997 eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschied...

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