Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis eines von der 3-Tagesfrist abweichenden Bekanntgabezeitpunkts. Einkunftsart bei Wohnmobilvermietung. Anforderungen an den Nachweis eine von der 3-Tagesfrist abweichenden Bekanntgabezeitpunktes. Einkommensteuer 2000

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Fiktion der Bekanntgabe einer per einfachen Brief übersandten Einspruchsentscheidung am dritten Tag nach Aufgabe zur Post, wird, wenn dieser Tag auf einen Samstag fällt, weder durch den Eingangsstempel des Bevollmächtigten mit dem Datum des folgenden Montags widerlegt, noch durch pauschales Bestreiten der allgemeinen Postlaufzeiten, noch durch den Hinweis, dass die Samstags- und die Montagspost in der Kanzlei des Bevollmächtigten grundsätzlich getrennt bearbeitet wird und jeweils einen anderen Posteingangsstempel bekommt.

2. Die Vermietung eines einzigen Wohnmobils an nur 10 Mieter im Jahr erfolgt auch dann nicht gewerblich, sondern im Rahmen von § 22 Nr. 3 EStG, wenn es mit Geschirr und Küchengewürzen ausgestattet ist und die Eigentümer die Endreinigung und die Versorgung mit Gas und Wasser übernehmen und Vermietungsanzeigen aufgeben, alle weiteren Leistungen aber durch eine gewerbliche Vermietungsagentur erledigen lassen.

 

Normenkette

AO 1977 § 122 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 47 Abs. 1; EStG § 22 Nr. 3, § 15 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen IX R 60/03)

BFH (Urteil vom 06.10.2004; Aktenzeichen IX R 60/03)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Kläger (Kl) sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. In ihrer Einkommensteuererklärung 2000 (Streitjahr) machten sie u. a. einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 9.373 DM aus einer Wohnmobilvermietung geltend, die die Klägerin (Klin) seit 1995 betreibt.

Das im Streitjahr vermietete Wohnmobil hatte die Klin am 27.2.1998 erworben (Anschaffungskosten: 87.474,39 DM). Das abgelöste Fahrzeug hatte sie noch weiterhin in Besitz, bevor es im März 1999 verkauft werden konnte. Die Vermietung erfolgte über die Fa. … GmbH (im Folgenden G-GmbH), die die Mieter vermittelte und dafür 20 % des erzielten Umsatzes erhielt. Im Jahr 2000 wurde das Fahrzeug an insgesamt 89 Tagen an 10 verschiedene Mieter vermietet. Die Mieteinnahmen betrugen (netto) 13.675,29 DM.

Bei Durchführung der Einkommensteuerveranlagung (Einkommensteuerbescheid 2000 vom 20.9.2001) rechnete der Beklagte (Finanzamt –FA–) die Vermietungstätigkeit den sonstigen Einkünften zu und setzte den geltend gemachten Verlust im Hinblick auf § 22 Nr. 3 Satz 3 EStG (Ausgleichsverbot der Verluste aus Leistungen) mit 0 DM an. Demgegenüber waren die Kl der Ansicht, dass es sich um eine gewerbliche Tätigkeit handele und der Verlust demnach mit den anderen Einkünften zu verrechnen sei.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung –EE– vom 29.5.2002). Die EE wurde der ehemaligen steuerlichen Vertreterin der Kl, die Fa. C. GmbH Steuerberatungsgesellschaft, bekanntgegeben.

Auf der EE ist das Datum vom 29.5.2002 per Stempel aufgedruckt. Außerdem enthält die EE einen weiteren Datumsstempel (ebenfalls vom 29. Mai 2002), um das Datum der Aufgabe zur Post anzuzeigen. Beide Stempel sind mit je einem Namenskürzel des damaligen Bediensteten in der Postausgangsstelle des FA (Herr HAG S.) versehen.

Mit der Klage wird weiterhin vorgetragen, dass die Vermietungstätigkeit eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Der mit der Vermietung verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand (z. B. hinsichtlich der Tätigkeit zur Anwerbung der Mieter über die G-GmbH) und die hinter der Vermietung stehende Organisation gingen über den üblichen Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinaus. Die Vermietungstätigkeit sei nach den gleichen Strukturen abgelaufen wie bei einem großen gewerblichen Autovermieter. Für eine gewerbliche Tätigkeit spreche auch, dass es seit dem Jahre 1999 keine Eigennutzung der Kl mehr gegeben habe.

Die Klageschrift ging per Fax am 3.7.2002 bei Gericht ein. Mit Schriftsatz vom 25.7.2002 vertrat das FA die Auffassung, dass die Klage verspätet bei Gericht eingegangen sei. Daraufhin legten die Prozessbevollmächtigten eine Abschrift der EE vom 29.5.2002 vor, die folgenden Stempelaufdruck enthält: „EINGEGANGEN 03. Juni 2002 …”. Zugleich teilten sie mit, dass sich aus diesem Eingangsstempel ergebe, dass die EE tatsächlich erst am 3.6.2002 (Montag) bekanntgegeben worden sei, so dass von einer Überschreitung der Klagefrist keine Rede sein könne.

Im Schriftsatz vom 16.9.2002 bestritten die Kl, dass die EE tatsächlich bereits am 29.5.2002 zur Post gegeben worden sei. Gleichzeitig zweifelten sie an, dass nach den beim FA geltenden Postversendungsverfahren der behauptete Absendetag hinreichend sicher vorausgesagt werden kann.

Mit Anordnung des Gerichts vom 20.9.2002 wurden die Kl gebeten, bis 10.10.2002 weitere Nachweise darüber vorzulegen, dass die EE tatsächlich erst am 3.6.2002 und nicht bereits am 1.6.2002 (Samstag) zugegangen sei. Hierbei wurde auf den Beschluss des BFH vom 27...

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