rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte Feststellung privater Veräußerungsverluste nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird erst nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids, der auf der Grundlage erging, der Steuerpflichtige habe im Streitjahr einen positiven, aber unter der Freigrenze liegenden Gesamtgewinn erzielt, nachträglich geltend gemacht, es sei tatsächlich ein Verlust erzielt worden, kann ein Feststellungsbescheid, der diesen Verlust als verbleibenden Verlustabzug aus privaten Veräußerungsgeschäften des Streitjahres ausweist, nur dann ergehen, wenn der Einkommensteuerbescheid noch entsprechend geändert werden kann.

 

Normenkette

EStG 2000 § 23 Abs. 3 Sätze 8-9, § 10d Abs. 4 Sätze 4-5

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 22.09.2005; Aktenzeichen IX R 21/04)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die gesonderte Feststellung von Veräußerungsverlusten nach § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) trotz Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids zu erfolgen hat.

Der nicht verheiratete Kläger bezog im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ferner erlitt er Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften im Sinne des § 23 Abs. 1 EStG. In seiner Einkommensteuerklärung (Mantelbogen Seite 2) gab er an, der Gesamtgewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften sei positiv und betrage weniger als 1.000 DM. Eine Anlage SO wurde ausweislich der Akten nicht abgegeben. Die Einkommensteuerveranlagung erfolgte entsprechend den Angaben in der Erklärung. Nach Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids (2000) legte der Kläger eine Verlustaufstellung für das Streitjahr vor, in der die Veräußerungsverluste aufgelistet waren, und beantragte, einen Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 5.036 DM festzustellen. Dieser Antrag wurde vom beklagten Finanzamt (Finanzamt) unter Hinweis auf die bereits bestehende Bestandskraft des Einkommensteuerbescheides abgelehnt. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg. Weil eine Änderung des Einkommensteuerbescheids 2000 nicht mehr möglich sei, könne die nunmehr beantragte Feststellung eines privaten Veräußerungsverlustes nicht erfolgen. Im Übrigen seien nur Veräußerungsverluste in Höhe von 4.587 DM angefallen, da neben den Verlusten in Höhe von 5.036 DM Veräußerungsgewinne in Höhe von 449 DM erzielt worden seien.

Zur Begründung seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:

Da die Festsetzungsfrist für das Verlustentstehungsjahr 2000 noch nicht abgelaufen sei, sei eine Feststellung der Verluste trotz der Bestandskraft des Einkommensteuerbescheids möglich. Es sei auch zu bedenken, dass der geltend gemachte Verlust keine Bedeutung für das zu versteuernde Einkommen des jeweiligen Jahres habe.

Der Kläger beantragt, die Ablehnung der gesonderten Feststellung der privaten Veräußerungsverluste 2000 in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Verluste in Höhe von 4.587 DM (2.346 EUR) gesondert festzustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er verweist auf seine Einspruchsentscheidung.

Zur Ergänzung des Sachverhalts und der Vorbringen der Beteiligten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2000, die eingereichten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20. April 2004 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Klage ist unbegründet. Das Finanzamt hat zu Recht die gesonderte Feststellung der privaten Veräußerungsverluste für das Streitjahr wegen der Bestandskraft des zugrundeliegenden Einkommensteuerbescheids abgelehnt.

Nach § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG 2000 dürfen Verluste aus privaten Veräußerungsgeschäften nur bis zur Höhe des Gewinns, den ein Steuerpflichtiger im gleichen Kalenderjahr aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat, ausgeglichen werden; sie dürfen nicht nach § 10 d EStG abgezogen werden. Die Verluste mindern jedoch – nach Maßgabe des § 10 d EStG – die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in dem unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum oder in den folgenden Veranlagungszeiträumen aus privaten Veräußerungsgeschäften erzielt hat oder erzielt.

1.1. Der Verweis auf § 10 d EStG bezieht sich nach Auffassung des Senats auch auf die verfahrensrechtliche Regelung des § 10 d Abs. 4 EStG und damit auch auf die verfahrensrechtliche Feststellung von Verlustvorträgen. Denn die Formulierung „nach Maßgabe des § 10 d EStG” ist so weitgehend, dass sie vom Wortlaut her einen Verweis auf eine verfahrensrechtliche Regelung der Vortragsfähigkeit mit umfasst (ebenso Heinicke in Schmidt, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 19. Aufl., § 23 EStG, Rdnr. 60 und Jansen in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, § 23 EStG, Rdnr. 321).

Die Anwendbarkeit der verfahrensrechtlichen Regelung des § 10 d Abs. 4 EStG im Rahmen des § 23 Abs. 3 EStG entspricht aber auch der gesetzgeberischen Intention. Für die Verluste aus privaten Veräußerungsges...

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