Entscheidungsstichwort (Thema)

Grobes Verschulden bei fehlender Überprüfung einer Steuererklärung vor Abgabe an das FA

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein bestandskräftiger Bescheid über die gesonderte Feststellung des steuerlichen Einlagenkontos nach § 27 Abs. 2 Satz 1 KStG kann nicht wegen neuer Tatsachen nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden, wenn der steuerliche Vertreter in der betreffenden Zeile der Feststellungserklärung in dem Jahr geleistete Zuzahlungen in das Eigenkapital nicht eingetragen und er die Erklärung vor Abgabe an das FA offensichtlich nicht auf ihre Richtigkeit überprüft hat (grobe Fahrlässigkeit).

 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 129; KStG § 27 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Klägerin, eine GmbH, reichte am 1. Juni 2005 die Steuererklärungen für 2004 beim beklagten Finanzamt (dem Finanzamt) ein. Der Jahresabschluss zum 31.12.2004 mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung lag den Steuererklärungen nicht bei. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung u.a. des steuerlichen Einlagekontos gemäß § 27 Abs. 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) wurde – wie im Vorjahr – ein steuerliches Einlagekonto in Höhe von 19.000 EUR erklärt. Am 12. September 2005 führte der Sachbearbeiter des Finanzamts die Veranlagung durch und veranlagte erklärungsgemäß. Die Steuerbescheide einschließlich des Bescheids zum 31.12.2004 über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG datieren vom 22. September 2005 und wurden bestandskräftig. Der Jahresabschluss zum 31.12.2004 mit Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung ging am 28. September 2005 (Frühleerung), nach Aktenlage ohne einem Begleitschreiben der Klägerin, beim Finanzamt ein. Aus diesem ergibt sich u.a., dass im Jahr 2004 eine Erhöhung des gezeichneten Kapitals in Höhe von 62.100 EUR vorgenommen wurde und der Kapitalrücklage 3.070. 009 EUR zugeführt wurden.

Mit Schreiben vom 19. Februar 2008 reichte die Klägerin eine berichtigte Erklärung zur gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG ein, in dem die im Wirtschaftsjahr geleisteten Einzahlungen der Gesellschafter in Höhe von 3.070.010 EUR und ein steuerliches Einlagekonto in Höhe von 3.089.010 EUR erklärt wurde. Gleichzeitig beantragte sie, den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG vom 22. September 2005 nach § 129 Abgabenordnung (AO) zu berichtigen, hilfsweise ihn nach § 173 AO zu ändern.

Das Finanzamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. Februar 2008 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2009).

Dagegen richtet sich die Klage. Nach Hinweis des Gerichts, dass der Jahresabschluss zum 31.12.2004 nicht zusammen mit den Steuererklärungen, sondern erst am 27. September 2005 beim Finanzamt eingereicht worden sei, trägt die Klägerin nunmehr vor, dass die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Bescheids wegen nachträglichen Bekanntwerdens einer neuen Tatsache gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorliegen würden. Entgegen der Auffassung des Finanzamts ergebe sich aus dem Bilanzbericht 2003 nicht, dass im Jahr 2004 die entsprechenden Einlagen, die zu einer Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos führten, geleistet worden seien. Im Übrigen treffe die Klägerin kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden der neuen Tatsachen. Soweit das Finanzamt der Auffassung sei, der Steuerberater habe grob fahrlässig gehandelt, weil er den Fehler nicht innerhalb der Einspruchsfrist geltend gemacht habe, so stelle es überzogene Anforderungen an die Verpflichtung zur Überprüfung des Steuerbescheids. Würde man vom Steuerberater verlangen, den Bescheid nicht nur mit dem Inhalt der Steuererklärung abzugleichen, sondern sämtliche in den von ihm gefertigten Steuererklärungen verarbeiteten Tatsachen erneut auf ihre Richtigkeit zu überprüfen, so würde dies dazu führen, dass dieser seine Arbeit zweimal machen müsse.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 19. Februar 2008 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 15. Juni 2009 das Finanzamt zu verpflichten, den Bescheid über die gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG gemäß der mit dem Antrag vom 19. Februar 2008 vorgelegten berichtigten Erklärung über die gesonderten Feststellung der Besteuerungsgrundlagen nach § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1 S. 3, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 KStG zu ändern.

Das Finanzamt beantragt

Klageabweisung. Es ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Bescheids nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht vorliegen. Zum einen liege bereits keine neue Tatsache vor, da sich aus dem im Zeitpunkt der Veranlagung in den Akten befindenden Ja...

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