Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung eines Schreibens des Steuerberaters als Einspruch

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Schreiben des neuen steuerlichen Beraters des Steuerpflichtigen, in dessen Mittelpunkt die Bitte an das Finanzamt steht, dem in einem Verfahren gegen den früheren Steuerberater beauftragten Rechtsanwalt uneingeschränkt Auskunft und Akteneinsicht zu gewähren, kann nicht als Einspruch gegen eine auf Grund geschätzter Besteuerungsgrundlagen ergangene Steuerfestsetzung ausgelegt werden, wenn zwar Aussetzung der Vollziehung des Bescheides beantragt wird, jedoch keinerlei Einwendungen gegen die materielle Richtigkeit des Schätzungsbescheides erhoben werden.

 

Normenkette

BGB § 133; AO 1977 § 355 Abs. 1, § 357 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen V R 17/06)

BFH (Urteil vom 19.03.2009; Aktenzeichen V R 17/06)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt 13.089,00 Euro.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 1998.

Der Kläger betrieb vor seiner Übersiedlung nach G einen Imbiss in H.

Seit dem Veranlagungszeitraum 1991 wurde er vom Finanzamt H zur Umsatzsteuer veranlagt.

Bis zum Streitjahr wurde die Umsatzsteuer im Wesentlichen erklärungsgemäß wie folgt festgesetzt:

1991

Umsatzsteuer

16.663,78 DM

Vorsteuer

8.981,49 DM

Umsatzsteuer

7.682,29 DM

1992

Umsatzsteuer

15.464,47 DM

Vorsteuer

7.955,06 DM

Umsatzsteuer ./.

7.509,41 DM

1993

Umsatzsteuer

18.636,45 DM

Vorsteuer

12.271,07 DM

Umsatzsteuer

6.365,38 DM

1994

Umsatzsteuer

34.381,38 DM

Vorsteuer

19.684,43 DM

Umsatzsteuer

14.696,95 DM

1995

Umsatzsteuer

50.189,77 DM

Vorsteuer

34.747,91 DM

Umsatzsteuer

15.441,86 DM

1996

Umsatzsteuer

45.569,86 DM

Vorsteuer

23.942,92 DM

Umsatzsteuer

21.626,94 DM

1997

Umsatzsteuer

24.577,68 DM

Vorsteuer

11.550,60 DM

Umsatzsteuer

13.027,08 DM

Im Streitjahr 1998 gab der Kläger quartalsweise folgende Umsatzsteuervoranmeldungen ab:

I/98 (berichtigte Erkl. v.

4. September 1998)

Umsatzsteuer

4.830,22 DM

Vorsteuer

13.410,36 DM

Umsatzsteuer ./.

8.580,14 DM

II/98 (berichtigte Erkl. v.

4. September 1998)

Umsatzsteuer

4.325,00 DM

Vorsteuer

38.769,27 DM

III/98 (Erstanmeldung

13. November 1998)

Umsatzsteuer

4.242,82 DM

Vorsteuer

34.659,05 DM

Umsatzsteuer ./.

30.416,23 DM

IV/98 (Erstanmeldung

15. Januar 1999)

Umsatzsteuer

4.660,21 DM

Vorsteuer

41.359,93 DM

Umsatzsteuer ./.

43.369,50 DM

(Rechenfehler: ./.

36.699,72 DM)

Die in Abzug gebrachten Vorsteuern betrafen im Wesentlichen Baumaßnahmen in Räumen eines Gebäudes in der …straße in G.

Mit Verfügung vom 9. März 1999 ordnete das Finanzamt H eine Umsatzsteuersonderprüfung, beschränkt auf die Vorsteuer, für den Prüfungszeitraum I.-IV. Quartal 1998 an. Die Prüfung fand vom 10. März 1999 bis zum 30. März 2000 statt.

Dabei kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass ein Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Firma P (Baumaßnahmen in G) nicht möglich sei, weil der Kläger dessen Unternehmereigenschaft nicht nachgewiesen habe.

Die Vorsteuern nach BP betrugen 18.690,29 DM (I.-III. Quartal 1998). Der Bericht über die Umsatzsteuersonderprüfung datiert vom 7. August 2000. Ob und wann dieser Bericht der Veranlagungsdienststelle zugeleitet wurde, ist den Akten nicht zu entnehmen. In einem Aktenvermerk vom 7. April 1999 (Bl. 17 BP-Akte) hatte die Prüferin Vorsteuern nach BP in Höhe von 17.696,51 DM festgestellt. Dieser Vermerk dürfte ausweislich der Aktenverfügung vom 17. April 1999 (Bl. 16 BP-Akte) dem Veranlagungsbezirk zugeleitet worden sein.

Bis zum Abschluss der Umsatzsteuersonderprüfung hatte der Kläger eine Umsatzsteuerjahreserklärung nicht abgegeben.

Am 19. April 2000 erließ das Finanzamt H einen Bescheid für 1998 über Umsatzsteuer, in dem die Umsatzsteuer auf 25.600,00 DM festgesetzt wurde. Die Festsetzung erfolgte endgültig (ohne Vorbehalt der Nachprüfung). Der Steuerfestsetzung wurden Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege wie folgt zugrundegelegt:

Umsätze

7%

140.000,00 DM

USt

9.800,00 DM

Umsätze

15%

90.000,00 DM

USt

13.500,00 DM

Entnahme

15%

10.000,00 DM

USt

1.500,00 DM

Entnahme

15%

6.000,00 DM

USt

900,00 DM

Vorsteuer

./.

100,00 DM

USt

25.600,00 DM

Der Bescheid wurde dem Kläger persönlich bekannt gegeben.

Auf der ersten Seite, der Aktenausfertigung des Bescheides vorgeheftet (Bl. 1 USt-Akte), befindet sich ein Ausdruck der im Bescheid verarbeiteten Umsatzzahlen. Die Vorsteuerbeträge sind hierin mit 10.000,00 DM angegeben. Auf dem Ausdruck ist der handschriftliche Zusatz „Zahlen wie 1997 angesetzt” angebracht.

Am 12. April 2000 ging bei dem Beklagten ein Schreiben der B-Unternehmensberatung ein, das überschrieben ist mit der Steuernummer des Beklagten und dem Text:

„Abgabe der

Umsatzsteuererklärung

1998/1999

Gewerbesteuererklärung

1998/1999”

In dem Schreiben heißt es weiter:

„…mit diesem Schreiben zeigen wir Ihnen an, daß wir das Mandat übernommen haben. Da derzeit das Herausgabeverfahren zur Herausgabe der Steuerunterlagen bei dem Steuerberater G B in H vorliegt und dieser offenbar ...

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