Entscheidungsstichwort (Thema)

Steuerberaterprüfung: Grundsätze und Modalitäten der schriftlichen Prüfung

 

Leitsatz (amtlich)

Verpflichtung zur Anonymisierung der schriftlichen Prüfung? 2. Verpflichtung zur Erteilung von Fotokopien als Ausfluss des Rechts auf Akteneinsicht

 

Normenkette

GG Art. 3, 12; StBerG § 164a; DVStB § 18; VwVfG § 29

 

Tatbestand

Der Kläger hat die Steuerberaterprüfung 2001 im ersten Versuch nicht bestanden. Er wurde nach Ablegen der schriftlichen Prüfung mit der Gesamtnote von 5,0 nicht zum Mündlichen zugelassen. Im einzelnen hat er in den drei Klausuren folgende Noten aufgrund der angegebenen Bepunktung erzielt:

Prüfer 1

Prüfer 2

Note

Punkte

Punkte

Verfahrensrecht und andere Steuerrechtgebiete

5,5

28,5

29

Steuern vom Einkommen und Ertrag

4,5

49,5 (50)

47,5

Buchführung und Bilanzwesen

5,0

35

35

Die Prüfer legten der Notengebung den bundeseinheitlichen Bewertungsvorschlag zugrunde, bei dem sich der Punkterahmen

der Note 5,5

von 20 bis 29 Punkte,

der Note 5,0

von 30 bis 39 Punkte

der Note 4,5

von 40 bis 49 Punkte

der Note 4,0

von 50 bis 58 Punkte

sowie der Note 3,

von 59 bis 66 Punkt

erstreckt. Ihrer Benotung haben die Erstprüfer neben der Bepunktung jeweils auch eine Gesamtbewertung beigefügt. Bei der zweiten Klausur hat aufgrund einer die Benotungsgrenzen nach dieser Skala überschreitenden Bepunktung (50 bzw. 47,5 Punkte) auch der Zweitprüfer eine Gesamtbewertung hinzugefügt. Die Prüfer der zweiten Klausur haben sich schließlich auf die Note 4,5 geeinigt; die Erstprüferin nahm dabei ihre Bepunktung von 50 auf 49,5 zurück.

Aufgrund dieser Einzelnoten ergab sich gemäß § 25 DVStB eine Gesamtnote von 5,0. Da diese Gesamtnote die für die Zulassung zur mündlichen Prüfung erforderliche Höchstzahl von 4,5 überschritt, eröffnete die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 18.12.2001, dass er die Prüfung nicht bestanden habe. Da dem Kläger nach der üblichen Praxis der Beklagten Ablichtungen der Prüfungsunterlagen (Klausuren, Aufgabentexte, Lösungshinweise, Bewertungsunterlagen) nicht zur Verfügung gestellt wurden, nahm er an vier Tagen jeweils mehrstündig Einsicht in die Unterlagen bei der Beklagten1.

Am 18.01.2002 hat der Kläger Klage erhoben.

Er hält die Prüfungsentscheidung für rechtswidrig, weil die Prüfer seine Klausuren nicht mit der erforderlichen Sorgfalt korrigiert, insbesondere Komplexe übersehen, Passagen falsch gelesen, zutreffende Ausführungen nicht bewertet, die Folgefehlerproblematik nicht beachtet, ungerechtfertigte Punktabzüge vorgenommen und gegebene Punkte mangels Übertragung in die Auflistung nicht bei der Notenvergabe berücksichtigt hätten. Die Beanstandungen stellte der Kläger für jede Klausur jeweils in einer Anlage zur Klageschrift zusammen (Anlagen 1-3), auf die Bezug genommen wird2. Unter Berücksichtigung dieser Beanstandungen hält er eine Benotung der Klausuren mit 4,5 - 3,0 - 4,0 und als Gesamtnote somit 3,83 für zutreffend.

Gleichzeitig mit der Klageerhebung hat er bei der Beklagten unter Hinweis auf die Zusammenstellungen der Beanstandungen beantragt, die Bewertung seiner Prüfungsleistungen gemäß § 29 DVStB zu überdenken. Im Überdenkensverfahren haben die Prüfer der 1. Klausur die Benotung auf 5,0 (29.5/29,5 Punkte) angehoben. Da die Gesamtnote sich dadurch lediglich auf 4,83 verbesserte, änderte die Beklagte den angefochtenen Prüfungsbescheid nicht. Wegen der Einzelheiten wird auf den auf den 28.01.2002 datierten, am 12.03.2002 eingegangenen Schriftsatz der Beklagten auf Bl. 45 ff verwiesen.

Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, dass seine schriftlichen Arbeiten nicht zutreffend bewertet seien. Im einzelnen reklamiert er folgende zusätzlichen Wertungspunkte:

(Die Ziffern geben die in 100 Wertungspunkte unterteilten Abschnitte der jeweiligen Klausur an)

Klausur 1

Klausur 2

Klausur 3

mind. 1 Pkt.

1/2 Punkt

Mind. 1 Pkt.

1/2 Punkt

mind. 1 Pkt.

1/2 Punkt

11

16

15/16

3

10 - 14

10

12

19

28

20

23

20

28

21

29

26

32

27

49

24

36

27

36

28

50 - 53

27

39 - 40

30

40 - 41

62/63

57

32/33

47

32

48

64 - 65

72

48

53/54

33

61

66

76

58

63/64

34

84

73

70 - 72

35

86

77

37

87

88

38

46

49

61

68/69

80/81

Wegen der Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze und deren Anlagen Bezug genommen.

Die Wertungspunkte beziehen sich auf die in den bundeseinheitlichen Musterlösungen enthaltenen, regelmäßig auf insgesamt 100 Punkte bepunkteten Lösungsschritte. Außerdem reklamiert der Kläger in den Klausuren 1 und 3 Zusatzpunkte für Ausführungen, für die im Lösungsvorschlag keine Wertungspunkte vorgesehen sind.

Über die Problematik der Bewertung seiner schriftlichen Leistungen hinaus macht der Kläger geltend:

1. Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Satz 4 DVStB, nach der die Prüfungsbehörde bestimmen kann, ob der schriftliche Teil der Prüfung in anonymisierter Form abzunehmen ist oder nicht, sei verfassungsrechtlich bedenklich. Die Entscheidung der Beklagten als der zuständigen Prüfungsbehörde in Hamburg, die Klausuren nicht anonymisiert schreiben zu lassen, sei wegen der besonderen Verhältnisse eines Stadtstaates, bei d...

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