Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Vereinbarkeit der Abzugssteuer gem. § 50 a EStG mit dem Gemeinschaftsrecht

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Beurteilung der Gemeinschaftskonformität des Abzugsverfahrens gem. 50 a Abs. 4 EStG kommt es auf den Zeitpunkt der Steuerentstehung an.

Im Wege der normerhaltenden Reduktion des § 50 a Abs. 4 EStG sind mit der Leistung unmittelbar zusammenhängende und dem Vergütungsschuldner mitgeteilte Betriebsausgaben vollen Umfangs zu berücksichtigen. Eine Schätzung von Betriebsausgaben kommt im Abzugsverfahren nicht in Betracht.

Bei Inanspruchnahme der sog. Nullregelung gem. § 51 Abs. 2 UStDV gehört die Umsatzsteuer nicht zur Bemessungsgrundlage für die Abzugssteuer.

 

Normenkette

EStG § 50a; EG Art. 50, 49

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen I R 105/08)

BFH (Urteil vom 05.05.2010; Aktenzeichen I R 105/08)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Steueranmeldung der Klägerin als Vergütungsschuldnerin über den Steuerabzug gem. § 50 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG).

Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung im Inland, betreibt eine Konzertagentur. In dem ersten Quartal 2001 schloss die Klägerin Verträge mit Künstlern/Künstlergruppen bzw. deren Agenturen, die in England, Schweden bzw. den USA ansässig waren und die Staatsangehörigkeit der entsprechenden Staaten besaßen bzw. nach den Vorschriften der betreffenden Staaten gegründet waren, über die Durchführung von Tourneen in der Bundesrepublik (eingereichte Verträge Anlagen 1-4 zum Schriftsatz vom 10.06.2008 und Anlagen 5 und 1-5 zum Schriftsatz vom 14.08.2008).

Mit am 17.04.2001 eingegangener Erklärung (Rechtsbehelfsakte - RbA - Bl. 14) meldete die Klägerin die Steuerabzugsbeträge gem. § 50 a Abs. 4 EStG für das erste Quartal 2001 an. In der Anlage zu der Anmeldung listete sie die Gruppen bzw. Vertragspartner, die auf die einzelnen Vertragspartner entfallende Bemessungsgrundlage, den Steuersatz (26,75%) sowie den Steuerbetrag (insgesamt: 213.356,56 DM, ohne Angabe der Steuerart) auf.

Mit am 11.05.2001 eingegangenen Schreiben legte die Klägerin hiergegen Einspruch ein (RbA Bl. 2). Aus der Steueranmeldung sei erkennbar, dass in die Ermittlung der Besteuerungsgrundlage die Umsatzsteuer, die aufgrund der Nullregelung nicht erhoben wurde, in den Steuerabzug mit einberechnet habe. Entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei dies rechtswidrig.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2001 als unbegründet zurück.

Hierauf hat die Klägerin am 22.08.2001 Klage erhoben.

Die Klägerin trägt vor:

Nach der Entscheidung des EuGH C- 290/04 sei festgestellt worden, dass den gebietsfremden Künstlern ein Anspruch auf Nettobesteuerung an der Quelle zustehe. Zudem seien die jeweiligen Diskriminierungsartikel der entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen einschlägig. Dabei sei im Streitfall von Bedeutung, dass die Klägerin sogenannte Gesamtproduktionen gekauft habe, die Künstler mithin alle mit der Produktion im Zusammenhang stehenden Kosten (z. B. Bühne, Ton, Licht, Crew, Transport, Proben) selbst getragen hätten. Lediglich in Verträgen mit kleineren und finanziell nicht so gut ausgestatteten Partnern habe die Klägerin Teile der Produktion (z. B. Ton, Licht) zu tragen. Sei in den Verträgen keine Vereinbarung getroffen, so hätten die ausländischen Vertragspartner die tourneespezifischen Kosten zu tragen; es handele sich insoweit um mitzubringende "Arbeitsmittel". Mit der teilweisen Verlagerung der Kosten auf den Vergütungsschuldner sei nicht beabsichtigt worden, die Künstlergruppen in eine Ertragssituation zu bringen. Die von diesen noch zu tragenden Kosten seien überproportional. Schon der Manager und der Agent erhielten zusammen regelmäßig 25% der Einnahmen als Vergütung. Dies ergebe sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (BTDrs 13/3323) im Zusammenhang mit dem Künstlersozialversicherungsgesetz. Bei einem unterstellten Gewinnanteil der Produktionsgesellschaft von 5% bedeute dies im Umkehrschluss, dass im Durchschnitt mindestens 70 % Kosten anfielen. Da die Betriebsausgaben zwar erkennbar entstanden, aber nicht mitgeteilt worden seien, seien sie gem. § 162 Abgabenordnung (AO) zu schätzen. Die Verneinung der Anwendung des § 162 AO auf die gebietsfremden Künstler verstieße gegen die Dienstleistungsfreiheit gem. Art. 49, 50 EG. Nach Ansicht der Klägerin sei eine Schätzung von Betriebsausgaben in Höhe von pauschal 50 % der Einnahmen sachgerecht. Der Gesetzgeber habe die Höhe des Steuersatzes damit begründet, dass 50% pauschal als Betriebsausgaben angesehen werde. Dieser Satz könne in typisierender Weise auch auf den Streitfall übertragen werden. Er liege eher am unteren Rahmen der Realität. Entgegen dem Schreiben des BMF vom 04.05.2007 seien nicht nur Ausgaben zu berücksichtigen, die über 50 % der Einnahmen lägen. Dies ergebe sich aus der EuGH-Entscheidung vom 15.02.2007 C - 345/04. Ebenso wenig sei der genannte Steuersatz von 40 % maßgeblich. Die Rechtsans...

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